Wie sieht die zentrale Rentenreform der Ampel aus?
Die Bundesregierung will das Rentenniveau dauerhaft stabilisieren. Das Rentenniveau von 48 Prozent soll auch in Zukunft garantiert werden und für die Jahre bis einschließlich 2039 gesetzlich verankert werden. Da die Rente immer zum 1. Juli eines Jahres erhöht wird, kann diese gesetzliche Haltelinie faktisch bis Mitte des Jahres 2040 wirken.
Was bedeutet das? Und: Was ist das Rentenniveau überhaupt?
Das Rentenniveau ist – anders als oft angenommen – nicht der Prozentsatz, den jemand von seinem letzten Lohn als Rente bekommt. Es ist ein statistischer Wert, der das Verhältnis der Rente eines Durchschnittsverdieners nach 45 Beitragsjahren zum mittleren Lohn beschreibt. Bleibt das Rentenniveau stabil, dann sind Rentnerinnen und Rentner gleichbleibend an dem gesellschaftlichen Wohlstand beteiligt, der Arbeitnehmern durch Lohnerhöhungen entsteht.
Das klingt fair. Wo liegt das Problem?
Die dauerhafte Stabilisierung des Rentenniveaus wird sehr teuer. Dazu müssen in einigen Jahren die Beiträge zur Rentenversicherung deutlich ansteigen. Auch aus dem Bundeshaushalt wird mehr Geld kommen müssen, um das Rentenniveau halten zu können. Dabei belaufen sich die Steuerzuschüsse schon jetzt auf etwa 110 Milliarden Euro jährlich. Der Grund für die Schwierigkeiten ist der demografische Wandel. Auch wenn es gelingt, möglichst viele Menschen in Arbeit zu bringen und auch qualifizierte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt zu organisieren, gilt: Vergleichsweise wenige junge Menschen müssen im laufenden System die Renten von vielen älteren Menschen stemmen.
Gibt es keine anderen Möglichkeiten, das Rentenniveau zu stabilisieren?
Doch. Eine Stellschraube wäre zum Beispiel, zumindest einen Teil der höheren Kosten durch ein späteres Rentenalter aufzufangen. Es gibt dazu auch Experten-Vorschläge, die vorsehen, das Rentenalter an die Lebenserwartung zu koppeln. Die Idee: Wenn die Menschen im Schnitt ein Jahr älter werden, soll diese Zeit zwischen Erwerbsleben und Rente aufgeteilt werden: acht Monate für die Arbeit, vier Monate für die Rente. Kanzler Olaf Scholz lehnt eine Anhebung des Rentenalters aber kategorisch ab. Damit erfüllt der Sozialdemokrat ein zentrales Wahlversprechen aus dem Wahlkampf 2021 – ebenso wie mit der Festschreibung des Rentenniveaus auf 48 Prozent. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bringt es so auf den Punkt: „Es wird keine Rentenkürzung geben und auch keine Erhöhung des Renteneintrittsalters.“
Tut die Ampel gar nichts, um künftige Beitragssteigerungen abzumildern?
Die Haltelinie beim Rentenniveau bis zum Jahr 2039 wird von der Ampel im Rentenpaket II mit einem anderen Vorhaben gekoppelt: der Einführung des Generationenkapitals. Der Bund will also Milliarden am Kapitalmarkt anlegen und aus den Erträgen ab Mitte der 2030er-Jahre jährlich Zuschüsse an die Rentenversicherung zahlen. So sollen künftige Beitragssteigerungen abgemildert werden. Eine richtige Aktienrente, wie die FDP sie eigentlich wollte, ist das aber nicht: In diesem Fall wäre ein Teil der Beitragsgelder in Aktien angelegt worden. Das geschieht nun nicht.
Woher kommt das Geld für das Generationenkapital?
Geplant ist, dass der Bund mithilfe von Darlehen bis Mitte der 30er-Jahre einen Kapitalstock von 200 Milliarden Euro aufbaut. Die Darlehen können trotz Schuldenbremse aufgenommen werden, da sie das Finanzvermögen des Bundes nicht verändern. Der Staat leiht also Geld, um aus dem, was er damit am Kapitalmarkt verdienen kann, die Rente zu stützen. Bei einer Privatperson wäre das ein komplett bizarres Vorgehen. Dennoch spricht einiges dafür, dass für die Rentenkasse etwas dabei rumkommt. Nur: Ausreichen wird das natürlich nicht, um die Probleme infolge des demografischen Wandels zu lösen.
Da hier vom Rentenpaket II die Rede ist: Worum ging es denn im ersten Rentenpaket der Ampel?
Dabei ging es um zwei Punkte: auf einen ist die SPD besonders stolz, auf den anderen die FDP. Die Sozialdemokraten haben durchgesetzt, dass es Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente gibt. Die FDP wiederum hat darauf bestanden, den Nachholfaktor wieder einzuführen, der sich in bestimmten Situationen dämpfend auf Rentenerhöhungen auswirkt. Denn in Deutschland gibt es eine Rentengarantie. Sie verhindert, dass es zu Rentenkürzungen kommt – auch wenn eine solche in einer Wirtschaftskrise rechnerisch fällig wäre. Der Nachholfaktor sieht vor, dass im Gegenzug die Rentenerhöhung im folgenden Jahr etwas geringer ausfällt. Die große Koalition hatte den Nachholfaktor ausgesetzt, die Ampel hat ihn wieder eingesetzt.
Was hat die Ampel in der Rente noch vor?
Im Koalitionsvertrag steht noch der Plan für alle neuen Selbstständigen, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem unterliegen, eine Pflicht zur Altersvorsorge einzuführen. Auch die Frage, ob noch etwas bei der Reform der privaten Altersvorsorge geschieht, steht im Raum. Die Vorstellungen in der Koalition gehen hier aber weit auseinander. Unabhängig davon lässt sich bereits jetzt feststellen: Welche Regierung auch immer nach der Wahl 2025 regiert, es wird noch jede Menge Baustellen in der Rentenpolitik geben. Insbesondere, wenn es darum geht, die Rente dauerhaft zukunftsfest zu machen.