Kein Scham, keine Reue: Das Dschungelcamp ist beste Fernsehunterhaltung. Deswegen gibt es auch keinen Grund sich zu verstecken, im Gegenteil. Ein Plädoyer für mehr Dschungel-Akzeptanz.

Stuttgart - Es ist doch erstaunlich, wie viele entgeisterte Blicke man erntet, wenn man sich als Dschungelcamp-Anhänger entblößt. Entblößen ist an dieser Stelle genau das richtige Wort, denn genau so fühlt es sich an, wenn ich aus ganzem Herzen sage: Seht her, liebe Kollegen, Familienmitglieder und Freunde, ich sitze zwei Wochen lang jedem Abend gebannt vor dem Fernseher, vernachlässige meine sozialen Pflichten und schaue völlig schamlos dabei zu, wie die Teilnehmer meist nicht nur ihr Höschen, sondern auch ihre Würde verlieren. Ja, ich mache das freiwillig. Ich finde das Dschungelcamp toll. Genauer gesagt, ist es mein kleines privates TV-Highlight im Januar. Falls Sie jetzt Mitleid mit mir haben sollten: brauchen Sie nicht. Mir geht es super damit!

 

Als bekennender Dschungelcamp-Freund rutscht man dann ganz schnell in die Opferrolle, von der alle erwarten, dass sich dieses arme Opfer des Privatfernsehens gefälligst verteidigt für seinen verschrobenen Geschmack. Aber warum, fragen die entrüsteten Menschen, guckst du das? Sie versuchen zu verstehen, warum ein Mensch, der sonst wenig von dem „Bachelor“ oder „Schwiegertochter gesucht“ hält, so fasziniert ist von diesem Unterschichten-Fernsehen.

Lesen Sie hier, warum das Dschungelcamp eine TV-Grusel-Show ist.

Ich beginne, nach Gründen zu suchen: dass ich die Sprüche der beiden Moderatoren Sonja Zietlow und Daniel Hartwich grandios finde – sie stammen unter anderem aus der Feder von Micky Beisenherz, der für mich in Sachen Zweideutigkeit und Wortspitzen ein Meister seines Faches ist. Oder dass die Dschungelcamp-Bewohner das alles freiwillig machen. Jedem Teilnehmer sollte das Format bekannt sein, und niemand sollte sich wundern, dass von ihm früher oder später erwartet wird, Krokodilsperma zu trinken oder Schafshirn zu essen. Oder dass ich es wirklich spannend finde zu beobachten, was Zucker-, Nikotin-, Alkohol- und Schlafentzug mit einer Gruppe machen – im Prinzip also eine großangelegte, öffentliche Sozialstudie, die mitten in Australien stattfindet und RTL eine Traumquote einbringt.

Ich bin nicht die einzige, die das schaut. Und wenn ich es nicht tue, sitzen trotzdem sieben Millionen Zuschauer vor dem Fernseher. „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ bringt dem Privatsender über mehrere Tage eine Einschaltquote, die heutzutage nur noch wenig andere Programmformate schaffen. Die Sendung wird weiter zu sehen sein, die Medien werden weiter drüber berichten. Gut so!

Hier haben wir die aktuellen Kandidaten in einer Bildergalerie versammelt.

Spätestens an dieser Stelle haken die Verteidiger der Hochkultur und der Moral wieder ein. Aber nur weil alle es gucken, musst du es ja nicht auch tun, lautet das Totschlagargument. Die Kritiker heben eine Augenbraue, schütteln den Kopf und blicken mich ein letztes Mal mit großem Mitgefühl an. Der Armen ist nicht mehr zu helfen, denken sie wohl. Doch, denke ich dann und mache einen Vorschlag: Hört endlich auf, uns Dschungelcamp-Anhänger wie Sozial-Aussätzige zu behandeln! Lasst uns unseren Spaß. Wir müssen und wollen Euch ja auch nicht bekehren. Wir sind es leid, Euch fünf Gründe zu nennen, warum wir das Dschungelcamp gucken und warum ihr einschalten solltet. Im Gegenzug ersparen wir euch die Details der letzten Dschungelprüfung. Nur so viel: es ging um Schweinehoden und Hirschblut.