Der scheidende Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster wird am Donnerstag vom Gemeinderat verabschiedet. Am 5. Januar soll die Auszeichnung zum Ehrenbürger erfolgen.

Stuttgart - Stuttgarts OB Wolfgang Schuster wird am Donnerstag zum letzten Mal den Gemeinderat als Vorsitzender leiten. Am Ende der Sitzung wird das Stadtoberhaupt offiziell verabschiedet. Die Fraktionsvorsitzenden haben je fünf Minuten die Gelegenheit, ihn zu würdigen, danach gibt es eine Bescherung. Es heißt, die Bürgermeisterkollegen verschenkten ein Kunstwerk und die Stadträte hätten für einen Gutschein gesammelt. Am Samstag, dem 5. Januar, wird Wolfgang Schuster (CDU) im Beethovensaal der Liederhalle offiziell aus seinem Amt verabschiedet.

 

Prominente Gäste und Wegbegleiter wie Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung, Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Kadir Topbas, OB von Istanbul, sowie der EU-Kommissar Günther Oettinger stehen auf der Rednerliste. Der Kabarettist Christoph Sonntag moderiert die Veranstaltung.

Schuster wird als viertes Stadtoberhaupt seit 1872 Ehrenbürger

In diesem Rahmen wird dem scheidenden OB als neuntem Stuttgarter seit 1945 und als viertem Stadtoberhaupt seit 1872 das Ehrenbürgerrecht verliehen; zuletzt war 1996 Manfred Rommel geehrt worden. Der Verwaltungsausschuss hat am Mittwoch die Ehrung beschlossen. Der Gemeinderat wird dies am Donnerstag wohl bestätigen. Mit der Verleihung der Ehrenbürgerrechte würden Schusters Verdienste „um die Weiterentwicklung Stuttgarts zu einer wirtschaftlich führenden, weltoffenen und besonders lebenswerten Stadt gewürdigt“. Das Thema war nach Aussage von Teilnehmern der Ältestenratssitzung von der OB-Referentin Andrea Klett-Eininger angesprochen worden. Widerspruch habe es nicht gegeben.

Das Referat von Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) hat auf zwei Seiten die Verdienste von Wolfgang Schuster während seiner 16 Jahre als Stadtoberhaupt zusammengestellt; zuvor war Schuster zwischen 1980 und 1986 Persönlicher Referent von Manfred Rommel und von 1993 bis 1996 Bürgermeister für Kultur, Bildung und Sport in Stuttgart gewesen.

Wechselt Schuster zum Institut für Auslandsbeziehungen?

Stuttgart hat sich demnach unter Schuster „erfolgreich und in einem nachhaltigen Sinne weiterentwickelt“. Die Stadt zähle zu den bedeutendsten Wirtschaftsstandorten in Deutschland und Europa. Die Schuldenberge seien „dank strikter Ausgabendisziplin“ abgebaut worden. Die Stadt habe ein modernes und attraktives Image. Der OB sei „ein Motor großer Projekte“ gewesen, etwa für das Kunstmuseum, die Stadtbibliothek und das Klinikum. Erinnert wird an den Umzug der Messe auf die Filder und die neuen Einkaufszentren. Schuster habe aber auch einen Schwerpunkt auf die Förderung des ehrenamtlichen Engagements gesetzt und sich für das Miteinander der Generationen sowie für ein solidarisches und tolerantes Stuttgart starkgemacht. Er hat Stuttgart in internationalen Gremien vertreten – und wird das auch künftig tun, wie man hört, wohl von einem Büro im Institut für Auslandsbeziehungen (Ifa) aus. Und er hat die städtepartnerschaftlichen Beziehungen mit persönlichem Engagement gepflegt. Reiseteilnehmer zeigten sich oft überrascht, wie sympathisch und offen der Oberbürgermeister agierte, nachdem er die Landesgrenzen hinter sich gelassen hatte.

Kritiker: Schuster hat die Spaltung der Stadt vertieft

Kritisiert wird im Rathaus allerdings die Aussage, Schuster habe sich „um eine sachliche und unaufgeregte Argumentation für das Bahnprojekt bemüht“. Dies werde bei Stuttgart-21-Gegnern nicht gut ankommen, prophezeien Stadträte. Die Haltung Schusters, S 21 sei eine einmalige Chance für die Stadt, sei korrekt wiedergegeben, die Bewertung nicht, heißt es. Die Projektgegner werfen dem OB bekanntlich vor, die Spaltung der Stadtgesellschaft vertieft und nach dem „schwarzen Donnerstag“ nicht die richtigen Worte gefunden zu haben.

In Stein gemeißelt ist auch Schusters Satz: „Wir lassen uns unser Weindorf nicht vermiesen“ – an dem Tag, an dem mit dem Abbruch des Bahnhofsnordflügels begonnen worden war und S-21-Gegner vor dem abgeriegelten Schlosshof protestierten. Und vor der Volksabstimmung hatte Schuster nicht etwa versucht, Brücken zu schlagen, sondern in einem Brief an alle Bürger der Stadt noch einmal explizit für das Bahnprojekt geworben.