Die wegen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts nötige Neuberechnung der Grundsteuer führt zu Papierbergen in der Stuttgarter Stadtkämmerei. Dort lagen Ende Februar knapp 18 000 Grundsteuermessbescheide vor. Und zwar auf Papier, weil die eigentlich geplante digitale Datenübertragung zwischen der Landesfinanzverwaltung und den EDV-Dienstleistern der Kommunen nicht funktioniert. Das teilt die Stadt auf Anfrage unserer Zeitung mit. An einer Lösung werde „mit Hochdruck gearbeitet“.
Papier macht Datenabgleich unmöglich
Ohne digitale Daten können die neuen Werte nicht mit den entsprechenden Daten nach altem Recht verglichen werden. Der Vergleich ist notwendig, damit die Kommune sich einem neuen Grundsteuer-Hebesatz nähern kann. Der alte liegt seit 2010 für die Grundsteuern A und B bei 520 Punkten. 2019 war er einmalig auf Drängen der CDU im Gemeinderat auf 420 Punkte gesenkt worden. Sowohl die Stadtverwaltung als auch der Gemeinderat haben erklärt, dass durch die Neuberechnung der Grundsteuer – zentraler Faktor sind dabei die Bodenrichtwerte – in der Summe nicht mehr als bisher eingenommen werden solle. Die Grundsteuer B bringt Stuttgart jährlich 160 Millionen Euro, die Grundsteuer A 283 500 Euro.
Im Zusammenhang mit der Neuberechnung der Grundsteuer haben sich eine Vielzahl von Eigentümern an die Stadt gewandt. Neben der Erklärungspflicht ging es dabei hauptsächlich um die Höhe des künftigen Hebesatzes. Und um konkrete Grundstücke, die vermeintlich von den Regelgrundstücken der jeweiligen Bodenrichtwertzone abweichen. Man strebe „aufkommensneutrale Hebesätze an“, sagte Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) vor dem Gemeinderat. Der hatte Ende Oktober 2022 auf Antrag der CDU über das Thema debattiert. In einzelnen Fällen müsse bei der Grundsteuer durchaus mit einer Verdrei- oder Vervierfachung gegenüber der heutigen Regelung gerechnet werden. Fraktionschef Andreas Kotz drängt darauf, beim Hebesatz so schnell wie möglich Klarheit zu schaffen. Die in Summe einnahmenneutrale Umsetzung sei eine Selbstverständlichkeit, so Grünen-Fraktionschef Andreas Winter. Das von der grün-schwarzen Landesregierung gewählte Berechnungsmodell könne zu großen Verzerrungen führen, so SPD-Fraktionssprecher Stefan Conzelmann. Natürlich werde es „Verwerfungen geben“, sagte FDP-Rat Eric Neumann. An der Systematik übt auch der Haus- und Grundeigentümerverein Stuttgart scharfe Kritik. Er rät allen, die den Bescheid erhalten, vorbeugend Einspruch einzulegen, und zwar gegen den Grundsteuerwertbescheid.
Erst Mitte 2024 Klarheit?
In Stuttgart gibt es in diesem Jahr 212 491 Objekte, die nach Grundsteuer B, und 7662 Objekte, die nach Grundsteuer A veranlagt werden. Da noch nicht einmal zehn Prozent der erwarteten neuen Messbescheide vorliegen, „kann die Verwaltung noch nicht abschätzen, wie stark der heutige Hebesatz abgesenkt werden kann“, so die Stadtkämmerei auf Anfrage. Man erwarte, „bis Mitte 2024 qualifizierte und belastbare Berechnungen vorlegen zu können“.
Fuhrmann hatte in der Sitzung gesagt, dass man bestrebt sei, dies früher zu tun. Die Hebesatzneutralität könne man aber nur aus dem Vergleich der Summe der gesamten Messbeträge nach altem und neuem Recht bestimmen. Für einen automatisierten Abgleich brauche die Stadt deutlich mehr Messbeträge, und die vor allem digital. Die bisher auf Papier vorgelegten Daten sollen digital nachgeliefert werden. Über die Hebesätze bestimmt letztlich der Gemeinderat.