Kroatien hat bei der Handball-EM keine Chance mehr aufs Halbfinale. Wie präsentiert sich das Team um Kapitän Domagoj Duvnjak nun am Mittwoch im Spiel gegen Deutschland?

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Wie das blühende Leben sieht Domagoj Duvnjak auch nach den Bundesligaspielen des THW Kiel nicht aus. Doch als der Kapitän der kroatischen Handball-Nationalmannschaft nach dem 30:35 gegen Island in die Interviewzone der Kölner Lanxess-Arena kam, wirkte der 35-Jährige ganz besonders mitgenommen. Das lag an der bitteren Niederlage, mit der die Kroaten vor dem abschließenden Duell mit Deutschland (Mittwoch, 20.30 Uhr/ARD) ihre letzte EM-Halbfinal-Chance verspielt hatten – und das hatte auch mit seiner fiebrigen Krankheit zu tun, wegen der Duvnjak die vorangegangenen beiden Spiele gegen Ungarn (26:29) und Frankreich (32:34) verpasst hatte.

 

Gegen Island feierte der charismatische Anführer mit dem großen Kämpferherz und der schier endlosen Energie sein Comeback, versuchte die Abwehr zusammenzuhalten und dem Angriff Impulse zu geben, was mit vier Toren auch gelang. Dass sein Fitnesszustand aber suboptimal war, blieb keinem der 19 750 Zuschauern in der Kölner Arena verborgen. Immer wieder signalisierte er Trainer Goran Perkovac, dass er eine Pause braucht.

Traumstart schürte Erwartungen

„Wir sind alle sehr enttäuscht, dass wir nun keine Chance mehr haben, das Halbfinale zu erreichen, nachdem wir so überragend ins Turnier gestartet sind“, sagte Duvnjak mit leiser Stimme. Er spielte auf den 39:29-Auftakttriumph in Mannheim gegen Spanien an, der vor allem in der handballbegeisterten Heimat die Erwartungshaltung nach oben schnellen ließ. Jetzt aber ist das Turnier gelaufen – und die große Frage lautet: Kann sich die frustrierte Mannschaft in dem für sie sportlich eigentlich bedeutungslosen Duell mit der Auswahl des Deutschen Handball-Bundes (DHB) noch einmal aufraffen?

Werden tatsächlich auf dem Spielfeld noch einmal alle Kräfte mobilisiert oder bleibt es bei den hehren Absichtserklärungen? Es werde „sehr schwer“, sich für die Partie zu motivieren, räumte Duvnjak offen ein, doch natürlich werde man alles geben: „Wir spielen für unser Land, wir spielen vor fast 20 000 Zuschauern bei einer EM in Deutschland gegen Deutschland.“

Vorbild für junges Team

Das musste er natürlich auch sagen. Doch Duvnjak, diesem Synonym für unbändigen Willen und Handball-Leidenschaft, ist das durchaus abzunehmen. Er geht für die Nationalmannschaft durchs Feuer, so manches Mal auch über die Grenzen hinaus. Er hat gemeinsam mit Spielmacher Luka Cindric Vorbildcharakter für das junge Team. Die beiden guten Torhüter Dominik Kuzmanovic und Matej Mandic sind beide erst 21 Jahre alt. Und die Rückraum-Halbspieler Luka Klarica (22) und Zvonimir Srna (25/beide RK Zagreb) sind auch noch nicht am Ende ihrer Entwicklung.

Genauso wie der wegen einer Knieverletzung nicht zur Verfügung stehende Bundesliga-Torjäger Josip Sarac von Frisch Auf Göppingen. Sein Ausfall traf die Mannschaft. Noch stärker ins Gewicht fiel die Schulterverletzung von Rückraum-Ass Ivan Martinovic (MT Melsungen), für den die EM nach zwei Spielen beendet war. Starspieler Luka Stepancic (33) hatte Coach Perkovac gar nicht nominiert.

Gastgeber der WM 2025

„Die Mannschaft hat Perspektive, es gibt bei dieser Euro schon einige positive Erkenntnisse mit Blick in die Zukunft“, sagt der Göppinger Kreisläufer und Ex-Nationalspieler Kresimir Kozina. Was besonders wichtig ist, da Kroatien die WM 2025 gemeinsam mit Dänemark und Norwegen ausrichtet.

Doch zunächst steht am Mittwoch dieses letzte Hauptrundenspiel gegen Deutschland an. Für das komplette kroatische Team hat dieses Duell etwas von einem Charaktertest, für Domagoj Duvnjak wird es eher ein Kampf gegen seine immer leerer werdenden Akkus.