Eritrea-Konflikt in Stuttgart Zu heikel – Eritrea-Gegendemo wird wohl abgesagt

Der Protest am 16. September am Römerkastell eskalierte – und am Samstag? Foto: 7aktuell.de/Andreas Werner

Mit einem Großeinsatz will die Polizei am Samstag Zusammenstöße zwischen regimetreuen und regimekritischen Eritreern in Zuffenhausen verhindern. Nun aber zieht eine Seite zurück – was bedeutet das?

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Ist damit der große Zündstoff entschärft? Die Demonstration regimekritischer Eritreer gegen ein Eritrea-Festival am Samstag in Zuffenhausen soll offenbar doch nicht stattfinden. Die Organisatorin, die zunächst einen Protest mit 400 Teilnehmern angekündigt hatte, erklärte auf Nachfrage unserer Zeitung am Donnerstagabend, dass sie die Anmeldung der Kundgebung zurückziehen wolle. Nach einem Kooperationsgespräch mit der Stadt sei ihr das alles „zu heikel“. Die Polizei hat sich mit einem Großaufgebot gegen Krawalle gerüstet.

 

Der Eritreische Verein für Körperbehinderte, der zu einem als regimetreu geltenden Verband diverser Vereine zählt, hat am Samstag ein Benefiz-Festival in der Turn- und Versammlungshalle an der Hohensteinstraße in Zuffenhausen geplant. Veranstaltungen von Vereinen, die dem diktatorischen Regime in der Heimat wohlgesinnt sind, haben zuletzt auch in Stuttgart zu Ausschreitungen geführt. Am 16. September war es im Römerkastell in Bad Cannstatt zu Auseinandersetzungen zwischen regimekritischen Eritreern und der Polizei gekommen. Es gab 31 verletzte Einsatzkräfte und 228 Festnahmen.

Für und gegen das Eritrea-Regime – wer ist wer?

Damit am Samstag nichts anbrennt, hat die Polizei nicht nur personell aufgerüstet: Der Bereich um das Areal der Veranstaltungshalle an der Hohensteinstraße soll großräumig gesperrt werden. Und die Protestkundgebung gut 500 Meter Luftlinie entfernt auf einem Parkplatz am Kelterplatz stattfinden. Weit genug entfernt, um mögliche direkte Zusammenstöße zu verhindern. Die Stadt Stuttgart hat außerdem gegen die Störer vom 16. September Aufenthaltsverbote für den Veranstaltungsort verfügt.

Die Stuttgarter Demo-Organisatorin sieht nun allerdings ein anderes Risiko. Nämlich, dass die Teilnehmer der Kundgebung mit der Stadtbahn nicht bis zum Kelterplatz fahren, sondern schon vorher an der Haltestelle Hohensteinstraße, unmittelbar am Veranstaltungsort, aussteigen. Zudem sei oft auch nicht zu unterscheiden, wer zu der einen oder der anderen Seite gehöre – sie selbst kenne auch nicht alle „ihrer“ Leute, wenn sie von außerhalb anreisen. „Die Verantwortung ist mir echt zu groß“, sagt sie.

Für die Polizei ändert sich zunächst wenig

Schließlich waren auch die Krawalle am Römerkastell im September eine bittere Erfahrung. Dort hatten vor allem auswärtige Regimegegner, teils aus der Schweiz angereist, für eine Eskalation der Gewalt gesorgt, als ein Seminar des Verbands eritreischer Vereine gestürmt werden sollte. Freilich hatte auch da die Organisatorin eine zunächst geplante Demonstration zuvor abgesagt – und war von den Ereignissen überrumpelt worden.

Bei der Polizei lagen am Donnerstagabend noch keine Informationen über eine Absage vor. „Das würde eine Lagebewertung zunächst auch nicht ändern“, sagt Polizeisprecher Jens Lauer auf Anfrage. „Eine Absage der Demonstration heißt ja nicht, dass nicht doch Gegner am Veranstaltungsort Hohensteinstraße auftauchen“, sagt er. Deshalb werde es „ umfangreichere Vorfeldkontrollen“ geben. Die Stuttgarter Polizei hat am Samstag einen Großeinsatz mit mehreren Hundert Beamten vorgesehen. Dabei seien auch eine Propalästinensische Demonstration gegen den Gaza-Krieg und ein VfB-Heimspiel am Abend zu bewältigen.

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