Wer in der Gesellschaft Verantwortung übernimmt, soll wählen dürfen, auch wenn er unter 18 Jahren ist, argumentieren die Befürworter der Änderung. Für Europaparlamentswahlen genügt von nun an ein Mindestwahlalter von 16 Jahren.

Die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP senkt das Wahlalter auf 16 Jahre – bislang allerdings nur für EU-Parlamentswahlen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf ist am Donnerstagabend im Bundestag beschlossen worden. Die Fraktionen von AFD und CDU/CSU stimmten dagegen.

 

Bei den Europawahlen 2024 können somit schon 16- und 17-Jährige mitentscheiden, wie das EU-Parlament künftig zusammengesetzt ist. Nach bisheriger Gesetzgebung müssen Personen in Deutschland dafür mindestens 18 Jahre alt sein.

Befürworter wollen auch bei der Bundestagswahl das Wahlalter senken

Den Fraktionen der Ampel-Koalition ist die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre schon länger ein Anliegen. Das streben sie zukünftig auch für die Bundestagswahl an, darauf haben sich die drei Parteien in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt. „Wir kämpfen weiter für eine Grundgesetzänderung, damit junge Menschen ab 16 Jahren auch bei der Bundestagswahl mitwählen können“, betont Sebastian Hartmann, innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

Die Schwierigkeit für die Regierungsparteien besteht darin, dass für eine Absenkung des Wahlalters für die Bundestagswahl eine Änderung des Grundgesetzes notwendig ist. Solch eine Gesetzesänderung kommt ohne eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag nicht zustande. Die Folge: Die Ampel ist auf Stimmen aus CDU und CSU angewiesen.

Jüngere Wähler tendieren ehr zu den Grünen

In CDU/CSU-Kreisen steht man jedoch der Idee, das Wahlalter zu senken, skeptisch gegenüber. Es ist bekannt, dass viele jüngere Menschen ihre Wahlentscheidung beispielsweise mit Blick auf das Thema Klima treffen – und dies vor allem bei den Grünen gut vertreten sehen. Die Union hat es bei jungen Menschen oft schwerer. Bei der Bundestagswahl 2021 stimmten laut einer Befragung von Infratest dimap über 60 Prozent der Erstwähler für eine der Ampel-Parteien.

Die Koalitionsfraktionen begründen ihre Initiative zur Senkung des Wahlalters damit, dass das derzeitige Wahlrecht viele jüngere Menschen ausschließe, „die an zahlreichen Stellen in der Gesellschaft bereits Verantwortung übernehmen und sich in den politischen Prozess einbringen können und wollen“. So steht es im jetzt beschlossenen Gesetzentwurf zum Wahlalter von 16 Jahren für das EU-Parlament. Zusätzlich führen SPD, Grüne und FDP an, dass sich die Altersverteilung aller Wahlberechtigten in Deutschland in den vergangenen 50 Jahren deutlich zu Lasten der Jüngeren verschoben hat.

In sechs Bundesländern gilt bereits 16 Jahre als Wahlalter

Aus den Reihen von Wahlrechtsexperten heißt es zudem oft, dass die Wahlbeteiligung bei der Gruppe der 16- bis 18-Jährigen sogar höher ausfallen könnte, als bei den über 18- bis 24-Jährigen. Auch das politische Interesse und das Wissen sei in der jüngeren Altersgruppe genauso ausgeprägt wie bei den Jahrgängen darüber.

In mehreren Bundesländern ist das Wahlrecht ab 16 auf dem Vormarsch. In dieser Woche hat die rot-rote Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern mit breiter Mehrheit eine Absenkung des Wahlalters auf Landesebene beschlossen. Bei der nächsten Landtagswahl im Jahr 2026 können dort dann erstmals 16- und 17-Jährige ihre Stimme abgeben.

Damit ist Mecklenburg-Vorpommern das sechste Bundesland neben Brandenburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Hamburg, in dem man mit 16 Jahren bei Landtagswahlen seine Stimme abgeben kann. Nur in Sachsen, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz durften bisher 16- und 17-Jährige überhaupt nicht wählen, auch nicht bei Kommunalwahlen. Künftig dürfen sie es zumindest bei EU-Parlamentswahlen tun.