Der Deutsche Alpenverein betrachtet sich als parteiunabhängig. Doch in Hinblick auf extremistische Tendenzen sieht sich DAV-Präsident Roland Stierle gezwungen, vor der Europawahl Kante zu zeigen.

Baden-Württemberg: Lea Krug (lkr)

Der Deutsche Alpenverein (DAV) gehört mit seinen mehr als 1,5 Millionen Mitgliedern zu einem der größten Vereine in Deutschland. Politisch äußert sich die Organisation eher selten und ist vor allem für den Bergsport und Naturschutz bekannt. Doch in Hinblick auf die aktuelle politische Lage sieht sich der DAV vor der Kommunal- und Europawahl am 9. Juni offenbar gezwungen, sich gegen politischen Extremismus zu stellen. „Wer etwa Ideen wie ‚Remigration’ verbreitet, der verstößt gegen demokratische Grundprinzipien“, sagt Roland Stierle, Präsident des Alpenvereins, gegenüber unserer Zeitung.

 

In einem vor wenigen Tagen erschienen Mitgliedermagazin „Panorama“ erklärte das Präsidium im Rahmen eines Wahl-Aufrufs: „Uns macht Sorge, dass auch Parteien zur Wahl stehen, die unsere freiheitlich demokratische Grundordnung in Frage stellen, und damit auch zentrale demokratische Werte wie Offenheit, Vielfalt und Akzeptanz.“

„Die Zeit drängt, wir müssen uns offen gegen solche Umtriebe äußern, die gegen unsere Grundwerte sprechen“, so Präsident Stierle. Eine konkrete Partei oder Gruppe wird in der Warnung an die Mitglieder jedoch nicht genannt. Präsident Stierle sagt dazu: „Es gibt viele extremistische Tendenzen, nach rechts, nach links, aber auch religiöser Natur, dagegen stellen wir uns.“ Neben Rechtsextremen machten ihm etwa auch antisemitische Tendenzen Sorge, so der DAV-Präsident.

DAV hat historische Verantwortung

Roland Stierle sieht seine Organisation in einer historischen Verantwortung. „Der Alpenverein wurde als Instrument der Nazis benutzt“, sagt er und ergänzt: „Wehret den Anfängen – das muss klar sein.“ Der Verein habe sich vor und während des Nationalsozialismus in Deutschland schuldig gemacht. Seit einigen Jahren engagierte man sich daher verstärkt auch in der Aufarbeitung der Geschichte.

Unter anderem die Idee von Heimat sei massiv missbraucht worden. Heute müsse man deshalb deutlich machen, was man darunter in einem demokratischen Rechtsstaat verstehe. Der aus Böblingen stammende 71-Jährige bezeichnet die Berge als persönliche Heimat. „Das hat bei Bergsteigern aber typischerweise nichts mit Grenzen und Nationen zu tun“. Schließlich sei man in den Alpen oft auf Wegen zwischen Deutschland, Österreich, Frankreich und anderen Ländern unterwegs. Stierle ergänzt: „Wir bekennen uns zu offenen Grenzen und Europa, das ist unsere Freiheit.“

Auch aus der Wirtschaft kommen Warnungen

In einem ähnlichen Tonfall äußerten sich in den vergangenen Tagen auch Größen aus der Wirtschaft oder Industrie. Die Chefs von Simens und Mercedes warnten ebenfalls vor einem erstarkenden Extremismus. Besonders deutlich wurde vor wenigen Wochen der Schrauben-Patriarch Reinhold Würth, der explizit auch die AfD nannte und seine Mitarbeiter aufrief, die Partei nicht zu wählen.