Der FDP-Parteichef sagt oft gar nichts anderes als andere Politiker. Aber keiner erntet für seine Wortmeldungen so viel Kritik wie Philipp Rösler – ein Hinweis auf seinen rapiden Autoritätsverfall.

Berlin - Es gibt tatsächlich noch Fragen, die sich in den wirren Tagen der Euro- und Griechenlandrettung leicht beantworten lassen. Der griechischstämmige FDP-Mann Jorgo Chatzimarkakis hat eine solche gestellt. Ihn hat erbost, dass sein Parteivorsitzender Philipp Rösler den Griechen die Rückkehr zur Drachme in Aussicht stellte. Deren Austritt aus dem Euroraum habe „längst seinen Schrecken verloren“, so Rösler. Seitdem tobt Chatzimarkakis auf allen Kanälen. Er vermisse bei seinem Parteifreund „ein Mindestmaß an Professionalität“. Im griechischen Fernsehen (SKAI) sagte der Europaexperte, er „schäme sich“ wegen Rösler. Wenn dieser „in einer solchen Situation den Daumen schon nach unten senkt, frage ich mich: Auf welchem Planet lebt er?“, sagte Chatzimarkakis in der „Saarbrücker-Zeitung“. Antwort: Der Planet heißt FDP. Und der war für die Lebensform Parteichef schon seit jeher ein besonders unwirtlicher Trabant am Himmel der deutschen Politik.

 

Rösler kann machen, was er will, er kriegt eins auf die Mütze. Seine Autorität ist in der Partei derart infrage gestellt, dass jeder es wagen kann, ihm offen gegenüberzutreten. Selbst ein Herr Chatzimarkakis, der wegen diverser Abschreibereien seinen Doktortitel abgeben musste und vor wenigen Tagen mit der Forderung auffällig wurde, Urlaubsreisen nach Griechenland mit staatlichen Prämien zu belohnen.

Mit seinen Themen dringt Rösler als Wirtschaftsminister und Vizekanzler nicht durch. Bei der Energiewende rüffelte ihn neulich sogar Kanzlerin Angela Merkel. Will sich derzeit in der FDP einer auf Kosten anderer profilieren, dann kommt es vor, dass ihm seine Strippenzieher drei Dinge raten. Erstens: Fraktionschef Rainer Brüderle ist unantastbar. Zweitens: Der neue Wunderheiler Christian Lindner ebenso. Drittens: Rösler darf verkloppt werden, weil Schlagzeilen und heimliche Zustimmung bei Parteifreunden garantiert sind.

Über Griechenland denkt Merkel nicht anders als Rösler

Röslers Griechenlandäußerungen sind ein gutes Beispiel. Sie decken sich in der Sache weitgehend mit der Position von Kanzlerin Angela Merkel, auch wenn sie schärfer formuliert sind. Auch Merkel hat, freilich ungleich geschickter, durchblicken lassen, dass sie mit ihrer Geduld am Ende ist. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat dies offen ausgesprochen, CSU-Chef Horst Seehofer auch. Aber deswegen schämt sich im griechischen Fernsehen keiner, schon gar kein Parteifreund. Rösler dagegen steht im Feuer. Auch vom FDP-geführten Auswärtigen Amt kann er kaum Unterstützung erwarten. Rösler hatte im vergangenen Jahr Guido Westerwelle nicht nur als Parteichef, sondern auch als Außenminister loswerden wollen. Sein erfahrener Widersacher hielt sich aber im Amt und wird seitdem nicht übellaunig, wenn sich die Chance bietet, Distanz zu Rösler erkennen zu lassen. Kein Wunder, dass Westerwelles Staatsminister Michael Link von Rösler abrückte. Das Ausscheiden des Landes aus dem Währungsraum dürfe nicht herbeigeredet werden, sagte Link. Die Währungsunion sei zu wichtig: „Wenn es möglich ist, sie zusammenzuhalten, sollten wir das tun.“

Die FDP-Größen lassen Rösler erneut im Regen stehen, auch dies ein Indiz dafür, wie einsam es um Rösler geworden ist. Nur Generalsekretär Patrick Döring eilte zu Hilfe, das steht gewissermaßen in seinem Arbeitsvertrag. Döring sagte der „Passauer Neuen Presse“, „es könnte an den Märkten Vertrauen schaffen, wenn Griechenland nicht mehr Teil der Eurozone wäre“.

Trotz alledem will Philipp Rösler im Frühjahr wieder als Parteichef antreten. Entscheidend für ihn wird der Ausgang der Januarwahl in seiner Heimat Niedersachsen sein. Sollte die FDP aus dem Landtag fliegen, sei auch Röslers Schicksal besiegelt, heißt es in der Parteiführung. Gestern veröffentlichte Forsa eine Umfrage für Niedersachsen. Die FDP liegt bei vier Prozent.