Am Samstag, 2. April, öffnet das Museum an der Murgtalstraße 60 in Stuttgart-Münster wieder seine Pforten. Auf 2500 Quadratmetern gibt es rund zwei Dutzend Fahrzeuge, verschiedene andere Exponate sowie eine Modellautoausstellung zu sehen.
Wer wissen möchte, was sich hinter rätselhaften Abkürzungen wie „DL 30“, „KS 25“ oder „KW 16“ verbirgt, der sollte an der Murgtalstraße 60 in Münster vorbeischauen. Dort residiert seit 2001 das Stuttgarter Feuerwehrmuseum. Zum Saisonstart am Samstag, 2. April, gibt es freien Eintritt. Außerdem wartet auf die Besucher die Sonderausstellung „Faszination Modellbau – Stuttgarter Feuerwehrfahrzeuge im Original und Modell“.
Wenn Stefan Krafft und Martin Mitsdörffer die Tür zur ehemaligen Fabrikhalle aus dem Jahr 1906 öffnen, dann sind die beiden ganz in ihrem Element: Hinter den roten Backsteinmauern sind Seite an Seite gut zwei Dutzend Stuttgarter Feuerwehrfahrzeuge aus verschiedenen Epochen geparkt. Ebenso zu sehen sind handgezogene Löschkarren, alte Leitern, Atemschutzgeräte von anno dazumal und allerlei andere Ausrüstungsgeräte.
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Und in dieser Saison kommen auch Modellbaufreunde auf ihre Kosten: Rund 250 Fahrzeuge in verschiedenen Maßstäben dokumentieren die Geschichte der Stuttgarter Floriansjünger – und die von Martin Mitsdörffer. Alle Modelle stammen von dem 47-Jährigen. Die ausgestellten Stücke sind freilich nur ein kleiner Teil seiner Sammlung. Insgesamt, so schätzt Mitsdörffer, der bei der Werksfeuerwehr von Bosch in Renningen beschäftigt ist, verfügt er über 2500 bis 3000 Exemplare. „Meine Frau hat mir dafür ein extra Zimmer gewährt“, sagt er augenzwinkernd. Viele der Miniaturen hat er selbst „gesupert“, also bis ins kleinste Detail einem originalen Vorbild nachgebaut.
Feuer und Flamme für die Brandbekämpfung
Auch Stefan Krafft ist Feuer und Flamme, wenn es um die Brandbekämpfung und deren Geschichte geht. Der 55-Jährige ist der Vorsitzende des Stuttgarter Feuerwehrvereins, der wiederum der Träger des Museums ist. Rund 60 Vereinsmitglieder gibt es, allerdings arbeitet davon nur circa jeder Zehnte aktiv im Museum mit. „Wir suchen dringend Verstärkung“, sagt Krafft, der bei der Feuer- und Rettungswache 5 in Degerloch als Hauptbrandmeister arbeitet. Vorkenntnisse brauche man nicht, Alter und Geschlecht seien egal, Vereinsmitglied müsse man auch keines sein.
Kraffts besondere Leidenschaft gilt Helmen, von denen er 600 in seiner Privatsammlung hat, und Ärmelabzeichen – davon befinden sich rund 20 000 in seinem Besitz. Untergebracht sind all diese Utensilien in einer eigens für diese Stücke reservierten Wohnung mit 60 Quadratmetern.
Zwischengas, Zwischenkupplung und extrem hohe Lenkkräfte
Eines der Schmuckstücke im Museum ist die „DL 30“. DL steht für Drehleiter, die 30 gibt die Länge in Metern an. In unmittelbarer Nachbarschaft zu dem Magirus aus dem Jahr 1954 steht ein anderes wertvolles Exponat: Die „KS 25“ war im Zweiten Weltkrieg im Einsatz. Sie ist nicht rot, sondern „tannengrün“. Das liegt daran, dass sie während der NS-Zeit zur „Feuerlöschpolizei“ gehörte. KS steht für Kraftfahrspritze, die 25 bedeutet, dass die Pumpleistung 2500 Liter pro Minute beträgt. Beide Oldtimer sind noch fahrbereit – allerdings nur für echte Experten: Zwischengas, Zwischenkupplung und extrem hohe Lenkkräfte sind nicht Jedermanns Sache. Große Kräfte frei machen kann auch der „KW 16“. Das gut 20 Tonnen schwere Gefährt baut auf dem legendären „Uranus“-Fahrgestell von Magirus auf und ist in doppelter Hinsicht ein Vertreter der „Swinging Sixties“: Zum einen wurde er 1962 gebaut, zum andern steht KW für Kranwagen. Die Zahl 16 gibt die Hubkraft in Tonnen an.
Die erste Feuerordnung stammt aus dem Jahr 1492
Neben den technischen Ausstellungsstücken gibt es im 2500 Quadratmeter großen zweistöckigen Museum zahlreiche Dokumente, Urkunden und andere Exponate, die an die Geschichte der Brandbekämpfung in Stuttgart erinnern. Und die reicht weit zurück: Bereits in der ersten Feuerordnung von Graf Eberhard im Bart aus dem Jahr 1492 finden sich Anordnungen, wie Brände verhindert oder gelöscht werden sollen. Die Ausstellung zeigt verschiedene herzogliche und königliche Dekrete und führt die Geschichte weiter bis hin zur Gründung von freiwilligen Wehren in verschiedenen Stuttgarter Stadtteilen. 1891 wurde dann schließlich die Berufswehr ins Leben gerufen. Ergänzt wird die abwechslungsreiche Geschichte durch Uniformen, Helme, Orden, Ehrenzeichen und vieles mehr.
Der Brieffreund bei der New Yorker Feuerwehr starb am 11. September
„Das Museum und der Verein bedeuten mir sehr viel“, sagt Stefan Krafft. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern. Wie viele Stunden ehrenamtliche Arbeit er ins Museum gesteckt hat, kann er noch nicht einmal schätzen. „Meine Frau bot mir an, hier ein Bett reinzustellen“, erzählt er und lacht. Nach dem Tod von Bernd Jung übernahm Krafft Anfang 2021 den Vorstandsvorsitz des Feuerwehrvereins. Ein trauriges Erlebnis hatte auch Martin Mitsdörffer zu verkraften: Er hatte einen Brieffreund bei der Feuerwehr von New York, der beim Terroranschlag am 11. September 2001 ums Leben kam. Das hindert Mitsdörffer freilich nicht daran, die amerikanischen Kameraden regelmäßig zu besuchen, insgesamt 16 Mal war er bereits in New York.
Im Winter ist das Museum für die Öffentlichkeit geschlossen – die riesige Halle kann schlichtweg nicht beheizt werden. Die Saison startet deshalb im April und endet im November. Geöffnet ist jeden ersten Samstag und jeden dritten Sonntag im Monat jeweils von 10 bis 16 Uhr. Informationen gibt es auf der Internetseite des Museums. Dort finden sich auch Kontaktadressen für all jene, die ehrenamtlich mitarbeiten möchten.
Weitere Informationen unter: www.stuttgarter-feuerwehrmuseum.de