Die Grünen im Regionalparlament haben die Finanzierung des Stuttgart-21-Abschnitts auf den Fildern analysieren lassen. Der Wissenschaftler Sascha Behsen meint, für die öffentliche Hand gebe es keine Notwendigkeit, weitere Mehrkosten zu übernehmen.

Stuttgart - Vor den entscheidenden Gesprächen über eine Übernahme etwaiger Mehrkosten für einen besseren Flughafenbahnhof durch die öffentliche Hand haben die Grünen im Regionalparlament untersuchen lassen, inwieweit Region, Flughafen und das Land überhaupt in der Pflicht wären. Das Fazit des beauftragten Gutachters bestätigt die skeptische Grundhaltung der Grünen: Er kam zu dem Schluss, dass der Steuerzahler für den Stuttgart-21-Abschnitt auf den Fildern schon mehr als genug bezahlt.

 

Das sieht der Technikvorstand der Deutschen Bahn, Volker Kefer, bekanntlich anders. Er fordert seit Wochen eine Übernahme der Kosten für den Abschnitt am Flughafen, sofern die Partner weiter Interesse an der besseren (und offenbar 224,1 Millionen Euro teureren) Lösung als der von der Bahn geplanten hätten.

Bekanntlich sind nicht nur Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel geneigt, in die Kasse zu greifen, sondern auch die Oppositionsführer Peter Hauk (CDU) und Hans-Ulrich Rülke (FDP). Die Regionalgrünen haben den Wissenschaftler und Stuttgart-21-Experten Sascha Behnsen vor allem deshalb um eine Einschätzung gebeten, weil der Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) bereits eine Finanzierungszusage von fünf Millionen Euro erteilt hat, ohne zu wissen, um wie viel eine unter die Flughafenstraße verschobene Tiefstation teurer wäre als die Antragsvariante. Zuerst kam Behnsen zu dem Schluss, dass die öffentliche Hand ausreichend für die derzeit noch als aktuell geltende Trassenvariante auf den Fildern zu geben bereit wäre, die mit 536 Millionen Euro veranschlagt ist. Bezogen auf den von ihm ermittelten Zuschuss von etwa 618 Millionen Euro gebe es sogar eine Überzahlung von 82 Millionen Euro. Somit beteilige sich die Bahn an ihrer Antragstrasse mit null Euro.

Die Antragstrasse ist deutlich überfinanziert

Das ist für ihn wichtig hinsichtlich der Forderung der Bahn, auch Mehrkosten aus den Schlichtungsverhandlungen solle der Steuerzahler extra übernehmen. Konkret geht es um die Anbindung des Flughafenbahnhofs mit einem zweiten Gleis (30 Millionen Euro). Mit dem Verweis auf die 82 Millionen Euro sagt Behnsen, dieses zweite Gleis hätten die Projektpartner doch auch längst finanziert. Es sei sogar so viel Geld übrig, um den von Leinfelden-Echterdingen geforderten Lärmschutz zu bezahlen.

Behnsen hat auch den Fall untersucht, dass die teurere Alternativtrasse (760 Millionen Euro) gewählt würde. Die öffentliche Hand müsse die Differenz zur billigeren Lösung von 224 Millionen Euro tragen, fordert bekanntlich die Bahn. Warum, fragt der Gutachter mit Verweis auf das „Guthaben“ von 82 Millionen Euro. Der Mehrkostenanteil betrage so nur 142,6 Millionen Euro. Davon seien allerdings weitere, nicht schlüssige Kostenannahmen des Konzerns von 43,5 Millionen Euro in Abzug zu bringen, so dass man lediglich über die Verteilung von 99 Millionen Euro Mehrkosten diskutieren könne. Behnsens Fazit: würden die Partner die behaupteten Zusatzkosten für die Alternative komplett in Höhe von 224,1 Millionen Euro übernehmen, hätten sie den Abschnitt 1.3 (Filderbahnhof) nicht nur komplett selbst finanziert, sondern zudem der Bahn das Reservekonto aufgefüllt.

Der Flughafen investiert in das Bahn-Projekt 359 Millionen Euro

Welche öffentlich zugänglichen Informationen lagen der Analyse zugrunde? Dem Diplominformatiker Behnsen stand der Kostenvergleich zwischen Antrags- und Alternativtrasse zur Verfügung, die dem S-21-Lenkungskreis im Oktober 2012 präsentiert worden war. Darin wird der Anteil, den der Abschnitt 1.3 an der Neubaustrecke von Stuttgart nach Ulm ausmacht, mit 114,6 Millionen Euro angegeben.

Es wurde errechnet, welche Zuschüsse der Partner für S 21 konkret in den Filderabschnitt fließen: Dazu zählen der Anteil des Flughafens (359 Millionen Euro) und Fördermittel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) von 144,1 Millionen Euro. Unterm Strich hat der Gutachter einen Beitrag der öffentlichen Hand für einen Bahnhof und die Einbindung in die Neubaustrecke von rund 618 Millionen Euro ermittelt. Unberücksichtigt blieben die Anteile aus der 100-Millionen-Euro-Gabe des Regionalverbandes und des 930-Millionen-Euro-Pakets des Landes.

Das ist Wasser auf den Mühlen der Grünen vor ihrer internen Debatte über die Kosten. Die Regionalparlamentarierin Ingrid Grischtschenko stellt fest, Bahnvorstand Kefer sei gar nicht der „big spender“, den er vorgebe zu sein, indem er zwei Milliarden Euro Mehrkosten übernehme. Auf den Fildern wolle er gar nichts beisteuern. Die Bahn teilte am Abend mit, ohne eine gründliche Prüfung der Zahlen keine seriöse Stellungnahme abgeben zu können.