Stiche von Kriebelmücken tun weh und können gefährlich für Mensch und Tier sein. Forschende warnen nun vor einer Zunahme der Insekten.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Sie sind nur zwei bis sechs Millimeter groß und ähneln harmlosen Stubenfliegen. Doch ihre Stiche sind sehr unangenehm: Kriebelmücken.

 

Einer im Fachjournal „Science of the Total Environment“ erschienenen Studie von Forschern der Goethe-Universität und des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums in Frankfurt zufolge könnten die Insekten hierzulande bald deutlich häufiger vorkommen. Zukünftige höhere Temperaturen könnten „zu verkürzten Entwicklungszeiten, zu mehr Generationen pro Jahr und damit insgesamt zu einem häufigeren Auftreten von Kriebelmücken führen“, erklärt das Forschungsteam.

Kriebelmücken können Krankheitserreger übertragen

Die flugfähigen und überwiegend schwarzen Insekten gehören laut Forschern zu den „Poolsaugern“. Weibliche Tiere raspeln mit scharfen „Zähnchen“ die Haut des Wirts auf und nehmen anschließend den sich dort bildenden Blutstropfen zu sich.

Durch die von den Mücken in die Wunde eingeleiteten gerinnungshemmenden und betäubenden Substanzen könnten die Stiche schwerwiegende allergische Reaktionen auslösen, sagt Sven Klimpel von der Universität Frankfurt. „Kriebelmücken sind zudem vektorkompetent, also in der Lage, durch ihren Stich Infektionskrankheiten auslösende Erreger zu übertragen.“

Der bekannteste durch Kriebelmücken übertragene Erreger sei der auf dem afrikanischen Kontinent heimische Fadenwurm Onchocerca volvulus, der die sogenannte Flussblindheit auslösen könne. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf haben infolge der Krankheit weltweit bereits mehr als 1,15 Millionen Menschen einen Sehverlust erlitten.

Drei Gruppen von Kriebelmücken

Eine Kriebelmücke sitzt auf der Haut eines Menschen. Foto: Imago/Blickwinkel
  • Etwa 98 Prozent der insgesamt 2000 auf allen Kontinenten – mit Ausnahme der Antarktis – vorkommenden Kriebelmücken-Arten ernährten sich von Blut, berichtet Mitautorin Sarah Cunze von der Universität Frankfurt. In Deutschland wurden bisher 57 Kriebelmücken-Arten entdeckt.
  • Anhand von 1526 Datensätzen aus Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen haben die Forscher die zwölf häufigsten dort heimischen Arten in drei biogeografische Gruppen unterteilt: „Arten, die an Gewässeroberläufen leben, über verschiedene Landschaften weit verbreitete Arten und Tieflandarten“, so Cunze.

So verbreiten sich Kriebelmücken

Larve der Kriebelmücke. Foto: Imago/Blickwinkel

Für die drei Gruppen sagen die Forschenden in ihrer aktuellen Studie unterschiedliche Entwicklungen voraus:

  • Die Gruppe der Arten mit einem Verbreitungsschwerpunkt in den Gewässeroberläufen wird aufgrund steigender Temperaturen und zunehmender chemischer Belastung der Gewässer als potenziell gefährdet eingeschätzt.
  • Tieflandarten hingegen zeichneten sich durch eine höhere Toleranz gegenüber menschengemachten Veränderungen aus und könnten in Zukunft häufiger auftreten.
  • Zu ihnen gehören auch medizinisch bedeutende Arten. Sie zeichnen sich durch ein besonders aggressives Stechverhalten gegenüber Säugetieren und Menschen aus und treten häufig in sehr großer Zahl auf.

Zukünftig weit mehr Kriebelmücken

Ein Shetlandpony steht mit Fliegenmaske und Ekzemerdecke auf einer Blumenwiese. Dieses Pony leidet unter dem sogenannten Sommerekzem, bei dem es sich um eine allergische Hauterkrankung handelt. Diese wird vermutlich durch den Stich der Kriebelmücke ausgelöst. Foto: Imago/Frank Sorge

Zukünftige höhere Temperaturen könnten zu verkürzten Entwicklungszeiten, zu mehr Generationen pro Jahr und damit insgesamt zu einem häufigeren Auftreten von Kriebelmücken führen, sagt Cunze.

In weiteren Arbeiten möchte das Forscherteam durch Labortests klären, inwieweit Kriebelmücken-Arten in der Lage sind, bestimmte Erreger von Infektionskrankheiten unter in Europa herrschenden Bedingungen zu übertragen.

Info: Was gegen Mücken hilft

Warum jucken Mückenstiche?
Das liegt nach Aussage des Dermatologen Martin Metz vom Institut für Allergieforschung der Berliner Charité daran, dass Mücken beim Stechen Speichel abgeben, dessen Proteine in unserem Körper bestimmte Abwehrzellen aktivieren. Diese Zellen setzen unter anderem den Botenstoff Histamin frei. Der wiederum dockt an Stellen im umliegenden Gewebe an und reizt die in der Haut liegenden Enden von Nervenfasern.

Was hilft gegen Mückenstiche?

Nicht kratzen
Die spontane Reaktion auf das Gejucke: kratzen. Das sei vom Körper so gewollt, erläutert Metz. „Eigentlich soll durch das Kratzen ein möglicher Fremdkörper aus der Haut entfernt werden.“ Kratzen lindert tatsächlich vorübergehend. Metz: „Der Schmerzreiz unterdrückt den Juckreiz.“ Hört man aber auf zu kratzen, lässt der Schmerz nach – und das Jucken beginnt meist von vorne. Also kratzt man wieder, mitunter bis es blutet. Dann können Bakterien in die Wunde gelangen und diese kann sich entzünden.

Hitze lindert den Juckreiz
Gegen das Jucken hilft Hitze: Dazu einen Löffel oder ein Messer erhitzen und auf die Stichstelle drücken. In Apotheken gibt es batteriebetriebene Wärmestifte, deren Kontaktfläche auf den Stich gedrückt wird. Dieser Stichheiler erwärmt den Mückenstich für wenige Sekunden auf etwa 50 Grad Celsius. Die Hitze könne die Symptome durchaus reduzieren, sagt der Dermatologe Heiko Grimme vom Hautzentrum am Kurpark in Stuttgart. Die Nerven in der Haut reagierten sensibel auf Überwärmung, die Reizweiterleitung werde abgeschaltet und dadurch das Jucksignal nicht mehr an das Gehirn weitergeleitet.

Cremes und Salben kühlen
Laut Landesapothekerkammer Baden-Württemberg kann man Entzündungen mit kühlenden Cremes und kortisonhaltigen Salben behandeln. Sind es viele große Mückenstiche, muss eventuell kurzzeitig ein Antihistaminikum oder Kortison eingenommen werden. Bei einer schweren bakteriellen Infektion werden Antibiotika verabreicht. Das Kühlen der juckenden Haut verlangsame die Entzündungsprozesse und beeinflusse die Weiterleitung des Juckreizes über die Nervenbahnen, erklärt Grimme. „Allerdings hilft das Kühlen vor allem während der Anwendung.“

5 einfache Tipps, wie man sich vor Mücken schützt

Duschen
Mücken zieht der Körpergeruch von manchen Menschen mehr als der von anderen. „Mücken reagieren auf feine Nuancen in unserem Schweiß“, erläutert die Biologin und Mückenforscherin Biologin Doreen Werner vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg. Wer abends draußen unterwegs sein will, könnte vorher mit Seife duschen. „Dann nehmen uns die Mücken nicht so wahr.“

Frische Kleidung
Schweiß sammelt sich nicht nur an der Haut, sondern auch in der Kleidung. Also lieber die Klamotten öfter wechseln. Lange Kleidung schützt eher, als wenn Mücken direkt auf der Haut landen.

Bettwäsche wechseln
Wer keine Mücken im Schlafzimmer haben will, sollte dort möglichst wenige Sachen offen liegen lassen, die sie anlocken. Doreen Weber: „Licht aus hilft nicht. Die Mücken reagieren auf uns, nicht auf Licht.“ Da Bettwäsche riecht, sollte man sie häufiger wechseln. Oder gleich Insektengitter an die Fenster anzubringen.

Ventilator benutzen
Mücken reagieren auch auf Atemluft. Hilfreich sind Ventilatoren, da sie die Luft verwirbeln, sodass die Mücken nicht mehr genau wissen, wo die menschliche Futterstelle steckt.

Weniger Brutstellen
Um sich zu vermehren, legen Mücken ihre Eier ins Wasser. Daraus schlüpfen Larven, die sich zu Mücken entwickeln. Um ihnen das zu erschweren, kann man im Garten Regentonnen abdecken. Auch in Gießkannen oder Blumentöpfen können sich Larven entwickeln. Stattdessen können Mücken ihre Eier etwa in Pfützen und Teichen ablegen (mit Agenturmaterial).