Die Freie Gemeinde Treffpunkt Leben kann für Veranstaltungen kommunale Hallen nutzen. Auch Ditzingen sagte dies zu. Doch nun macht sich Ernüchterung breit.

Die Entscheidung des Gemeinderats war durchweg positiv. Das Gremium hatte der Freien Gemeinde in Ditzingen Unterstützung zugesichert und den Gläubigen von „Treffpunkt Leben“ fortan die Möglichkeit eröffnet, in der Stadthalle Gottesdienst feiern zu können. Pastor Micha Siebeneich freute sich, dass die Entscheidung im Februar ohne Diskussion getroffen wurde. „Ich war verwundert, wie glatt die Entscheidung für die Stadthalle durchging.“ Das Votum sprach sich schnell rum. „Wir wurden dazu beglückwünscht.“

 

Frust nach dem Gespräch mit der Stadt

Wenige Monate später ist die Freude über das Votum allerdings einer gewissen Ernüchterung gewichen. „Wir wurden um Verständnis dafür gebeten, dass es im ersten halben Jahr keine Termine mehr gebe“, gibt der Pastor ein Gespräch mit der Stadtverwaltung wieder. Ostern konnten sie also nicht feiern und im zweiten Halbjahr hätten sie nur einen Termin bekommen, sagt Siebeneich. „Das ist für uns frustrierend. Mit einem Termin ist eine kontinuierliche Gemeindearbeit kaum möglich.“ Weitere Termine in der Stadthalle seien zwar mündlich reserviert worden, aber einen Vertrag hätte die Gemeinde nur für einen Termin bekommen.

Stadt reagiert verwundert auf die Kritik

Im Rathaus kann man diese Kritik nicht nachvollziehen. Bis Mitte 2023 seien vier Termine für Treffpunkt Leben reserviert, sagt der Verwaltungssprecher Jens Schmukal. An allen anderen Terminen sei die Halle entweder belegt oder wegen Ferien geschlossen. Man habe zudem Gegenvorschläge gemacht, die aber der Gemeinde nicht gepasst hätten. Doch allein die vier Termine seien „eine beachtliche Zahl“. Man könne dies „als positiv ansehen, dass sie so oft die Stadthalle bekomme“.

Schmukal verwahrt sich gegen den von Siebeneich geäußerten Eindruck, der Ratsbeschluss sei nicht viel wert. „Das ist keine reine Symbolpolitik“, sagt Schmukal. Man habe der Gemeinde Unterstützung signalisieren und ein zusätzliches Angebot machen wollen. Falls man nicht allen Wünschen hätte entsprechen können, habe man es wenigstens versucht.

Die Freie Gemeinde war nach eigenen Angaben rund zwei Jahrzehnte im Stadtteil Ditzingen, in der Schuckertstraße, zuhause – bis ihnen wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde. Interimsweise kam die als Verein organisierte Gemeinde in einem ehemaligen Gemeindehaus unter. Doch das war von vornherein von begrenzter Dauer. Als Büro mietete die Gemeinde zudem Räume im selben Stadtteil an. Doch für den Sonntagsgottesdienst waren alle Übergangslösungen zu zu klein und eine Kooperation mit den anderen Kirchen im Ort ließ sich laut der Gemeinde nicht realisieren.

Parallelen zur türkisch-islamischen Gemeinde

Die Freie Gemeinde wandte sich deshalb an die bürgerliche Gemeinde. Während Treffpunkt Leben nach wie vor auf der Suche nach neuen Räumen ist, hatte der Gemeinderat intensiv über eine neue Bleibe für die türkisch-islamische Gemeinde diskutiert. Siebeneich ist das durchaus aufgefallen. „Die Stadt war emotional unter Druck“, sagt er. Aber man sollte nicht vergessen, dass auch andere Religionsgemeinschaften auf der Suche seien. Tatsächlich hatte die Verwaltungsspitze in der Diskussion um neue Moscheeräume immer wieder betont, dass nicht allein die türkisch-islamische Gemeinde Raumnot habe. In der Diskussion um den Standort für die Moschee eröffnete sich zuletzt eine neue Möglichkeit, die der Ansiedlung im Gewerbegebiet.

Lange Zeit Gast in Korntal-Münchingen

Treffpunkt Leben war für Gottesdienste immer in der Korntaler Stadthalle zu Gast. Derzeit werden aber dort Veranstaltungen nachgeholt, die coronabedingt in den vergangenen zwei Jahren ausgefallen waren, die Halle ist belegt. Doch die Situation ist in Ditzingen dieselbe. Die angemieteten Büros seien laut Siebeneich zu klein sind für Gottesdienste.

Der Ausschuss für Finanzen, Kultur und Soziales stimmte für den Vorschlag der Verwaltung, eine Halle zu jenen Terminen zur Verfügung zu stellen, in der sie nicht von anderen Vereinen genutzt werden. Die Verwaltung hatte argumentiert, dass somit Belegungslückengeschlossen würden. Grundsätzlich sollte es aber dabei bleiben, Religionsgemeinschaften nicht dadurch zu fördern, dass ihnen städtische Räume überlassen würden. Dies sähen nämlich die Vereinsförderrichtlinien nicht vor. Nutzbar sind ausschließlich Mehrzweckhallen, keine Sporthallen. Sporthallen sind laut der Verwaltung nur als solche genehmigt und bedürften bei anderweitiger Nutzung einer Ausnahmegenehmigung.