Jörg Mandernach zeigt ab Sonntag seine Arbeiten im Leonberger Galerieverein. Klaus Kugler stellt seine Werke in der Wendelinskapelle in Weil der Stadt aus.

Der Titel der Ausstellung kommt eher kryptisch daher: „Der Nachtschatten wuchs, bis die Fliegen tanzten“. Auch wenn die Arbeiten von Jörg Mandernach, die ab Sonntag, 17. September, im Leonberger Galerieverein zu sehen sind, viel mit Schatten zu tun haben, erschließt sich einem der Titel nicht sofort. Doch dann erzählt der Künstler, dass ihn der Nachtschatten schon immer fasziniert habe. „Was ist das?“, fragt er sich. Den Nachtschatten finde man ja auch im Märchen von Dornröschen. Und er überlegt: „Was kann ein Nachtschattengewächs sein?“ Dass sich der Künstler gut mit Märchen auskennt, wird deutlich, wenn man sich mit ihm unterhält. Aber nicht nur dort. Popmusik, Oper, Philosophie sind weitere Bereiche. Sie alle prägen seine Arbeiten, sein breites Wissen findet Eingang in seine Werke. Der Betrachter seiner Kunstwerke ist ordentlich gefordert.

 

Märchenhaft mutet auch das riesige Mobile im oberen Stock des Galerievereins an, an dem große Scherenschnitte aus Pappe hängen und das von einem Motor angetrieben wird. Die Scherenschnitte erzeugen durch das Licht Schattenspiele an zwei Wänden – sie sind mit Trickfilmprojektionen kombiniert. So ergeben sich an den Wänden nacheinander Bilder, die immer wieder anders sind. Alles verwandelt sich ständig, eine unaufhörliche Metamorphose findet statt. Darauf nimmt auch das „isn’t“ Bezug, das mehrfach zu lesen ist. Die Vorsitzende des Galerievereins Eva Ott sagt über die Installation: „Sie ist sehr sibyllinisch.“

Alles verwandelt sich ständig

Das verwundert nicht, denn im Gespräch landet Jörg Mandernach schon bald beim Unerklärlichen, Rätselhaften. „Kunst speist sich aus Außenwelt, Kulturgeschichte und Innenwelt. Kulturgeschichte und Innenwelt sind sehr wichtig. Die Binnenform wird aus der eigenen Vorstellung vervollständigt,“ sagt er und kommt sogleich bei der Frage an: „Was ist Realität?“ Das erklärt auch das Faszinierende an seinen Arbeiten. Einerseits erscheinen sie einem wie eine Spielerei, andererseits merkt man schnell, dass da viel mehr dahintersteckt und man sich Zeit nehmen muss, um das Ganze auf sich wirken zu lassen. Die Realitätsebenen mischen sich bei Mandernach wie die Techniken.

Die Schattenrisse gehen zurück auf Bleistiftzeichnungen. In einem Atelier-Werkstattbuch, das der Künstler ebenfalls in der Ausstellung zeigt, sieht der Besucher Malereien, darunter Figuren, die er mit grüner Tusche in Schraffur gezeichnet hat. „Das ist wie beim Papercut. Es ist wie eine Meditation, ich begebe mich dahinein,“ erzählt Jörg Mandernach über diese Zeichnungen. Es gebe viele von ihnen. „Sie können Vorbereitungen für einen Trickfilm oder ein Mobile sein,“ sagt der Künstler. Für die Sequenzen eines Trickfilms muss er allerdings zahlreiche Bleistiftzeichnungen anfertigen: „Zehn pro Minute“, ist von ihm zu erfahren. Das gehe über das Skizzenbuch hinaus.

Bleistiftzeichnungen als Vorbereitungen für einen Trickfilm

Es gibt auch Scherenschnitte auf Papier und auf Seiten der Werkstattbücher. Da ist beispielsweise der Scherenschnitt von einer Figur mit einem angehobenen Bein. Auf beiden Knien sitzen Köpfe. Das Bild spricht Bände: Nicht nur im Körper des aufrechten Menschen befinden sich lauter @-Zeichen, sie quellen geradewegs aus seinem Rücken heraus. Diese Arbeit Mandernachs ist wie eine Anspielung auf den Menschen, der heute vom Computer beherrscht wird.

Neben dem Schatten spielt die Schrift in Jörg Mandernachs Werken eine große Rolle. Bei der Figur, die ganz oben im Mobile hängt liest der Betrachter „Atem“ und das rückwärts geschriebene Wort „Meta“. Das eine Wort erinnert an die Luft, die der Mensch zum Atmen braucht, andersherum weckt es Assoziationen an den Begriff „Metawelt“. An den Wänden im oberen Stock des Galerievereins hängen Arbeiten, bei denen Linoldrucke Texte wiedergeben. Darunter befindet sich das Cover oder Anzeigenblatt einer Zeitschrift – so erkennt man den Schriftzug der „Vogue“. Die Glasscheibe bildet dabei die reflektierende Fläche, dahinter der Schatten. Schatten, Schrift, Hintergrund – sie sind entscheidende Faktoren in der Kunst Mandernachs.

Zweifel an der geordneten Welt Johannes Keplers

Auch das Kunstforum Weil der Stadt eröffnet am Sonntag eine neue Ausstellung: Unter dem Titel „Harmonia Mundi?“ werden in der Wendelinskapelle Arbeiten von Klaus Kugler gezeigt. Das Fragezeichen hinter dem Ausstellungstitel hat seinen Grund: Kugler bezieht sich in seiner Komposition „Harmonia Mundi, Hommage à Johannes Kepler“ auf eine Umgebung, die an der geordneten Welt Keplers zweifeln lässt. Der Künstler präsentiert in der Schau Kunstwerke auf Papier, Leinwand und Leiterplatten. Es sind für ihn typische Arbeiten.

Termine: Die Vernissage im Galerieverein Leonberg, Zwerchstraße 27, ist Sonntag, 17. September, um 11.15 Uhr. Die Ausstellung in der Wendelinskapelle in Weil der Stadt, Herrenberger Straße 17, wird am Sonntag, 17. September, um 11 Uhr eröffnet.