Die Ausstellung „Verhockt, scho wieder . . .!“ im Musberger Stadtarchiv erinnert an Zeiten, als es noch zahlreiche Gaststätten in Musberg gab. Einige stellen wir vor: Café Schmohl.

Lokales: Armin Friedl (dl)

Wie keine andere Musberger Gastronomenfamilie folgten die Schmohls dem Puls der Zeit. Am 1. Mai 1953 eröffneten sie das Café Schmohl etwas außerhalb der Ortsmitte. 1955 kam ein Lebensmittelladen dazu, 1956 ein Anbau, der damals sehr modern war. Daraus wurde Café und Weinstube zum Piz Mus, ergänzt mit der Bezeichnung Bäckerei, Conditorei, Café. Auch Markus Heinle, einer der Ausstellungsmacher von „Verhockt, scho wieder . . .!“ ist überrascht: „Ich war sehr erstaunt, wie wegweisend Paul Schmohl seine Gaststätte ausrichtete. Mehrmals änderte er in kurzer Zeit den Namen und die inhaltliche Ausrichtung. Er schuf bereits drei Jahre nach der Gründung einen modernen Neubau, der sich wohltuend von den anderen Wirtschaften abhob. Es war also kein Wunder, dass er mit seinem Tanzcafé bald weit über Musberg hinaus bekannt war.“

 

Konzert- und Tanzlokal

In diesem modernen Ambiente entwickelte Paul Schmohl ein angesagtes Konzert- und Tanzlokal, das sogar Leute aus Stuttgart nach Musberg lockte. Das Bäckergeschäft rückte in den Hintergrund, aus der Kuchentheke wurde eine Bar. Nach wie vor gab es neben der Live-Musik aber auch gutes Essen. Beschwerden der Nachbarn über zu viel Lärm gehörten aber auch dazu, bis ins Jahr 1975 störten vor allem die Gäste bei Ankunft und Abfahrt. Ein Streitpunkt blieb freilich die Livemusik.

Im Oktober 1964 wurden Bäckerei und Lebensmittelladen aufgegeben, dafür eröffnete Paul Schmohl am 1. Juli 1966 einen Jugendtanzclub. Die ursprüngliche Idee war eigentlich, dort im Untergeschoss eine Art Ratskeller einzurichten, in dem die Gäste beim Zubereiten der Fleischgerichte auf dem Holzkohlengrill zuschauen konnten, was ein Novum gewesen wäre für die Filder. Doch das wollt Paul erst in Angriff nehmen, nachdem sein Sohn Willi seine Kochlehre abgeschlossen hatte. „Wir haben für unsere Jugend einen Tanzraum eingerichtet, um der Jugend Gelegenheit zu geben, unter sich zu sein in guter Gesellschaft bei Tanzen und Unterhalten“, heißt es in einer Zeitungsanzeige der Familie Schmohl aus dieser Zeit: „Auf Ordnung wird größter Wert gelegt. Sie können mit gutem Gewissen Ihre Jungen und Mädchen zu uns lassen, sie sind hier bestens aufgehoben“. Und diesen Raum durften die Jugendlichen auch selbst gestalten, daraus wurde der „Young People Club“. Anfangs war er nur Samstags geöffnet, Anfang der 1970er wurde daraus ein täglicher Jugendtreff. 1988 hat Paul Schmohl den Betrieb an seinen Sohn Willi und dessen Frau übergeben unter dem Namen „Musberger Ratsstuben“. Die Gäste sind ihnen treu geblieben über die Jahre hinweg, viele Familienfeste fanden statt, bis 2004 Elisabeth und Willi Schmohl die Ratsstuben aus gesundheitlichen Gründen verkaufen mussten. 2006 wurde das Gebäude abgerissen.

Vom Café zu den Ratsstuben

Eine Führung durch die Ausstellung des Theater- und Kulturvereins Musberg ist am 2. Juli um 14 Uhr.