Als die Tochter mit dem Freund ein Haus kauft, lassen sich die Eltern nicht lumpen. Keine zwei Jahre später ist Schluss. Und das Geld weg? Der Bundesgerichtshof muss entscheiden.

Karlsruhe - Beim Scheitern einer Ehe ohne Trauschein können die Quasi-Schwiegereltern wohl große Geldgeschenke zurückverlangen. Ein solches Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) deutet sich nach der mündlichen Verhandlung am Dienstag in Karlsruhe an.

 

Was genau ist passiert?

Ein junges Paar in der Nähe von Potsdam war seit elf Jahren liiert, wollte aber nicht heiraten. 2011 kauften sie allerdings zusammen ein Haus. Die Eltern der Frau unterstützten das Paar dabei mit zusammengerechnet rund 100 000 Euro. Doch schon zwei Jahre später war die Beziehung zerbrochen. Die Eltern forderten deshalb die Hälfte der Summe, 50 000 Euro, vom früheren Lebensgefährten ihrer Tochter zurück. Die Tochter konnte ihren Teil behalten.

Ist das ein neues Rechtsproblem?

Bisher tauchte diese Frage vor allem bei Ehepaaren auf: Wenn Schwiegereltern den Ehegatten eine große Summe zukommen lassen und die Ehe dann geschieden wird, können sich die Schwiegereltern laut BGH auf einen „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ berufen. Denn sie hatten mit einer lang dauernden, vielleicht sogar lebenslangen Ehe gerechnet. Wenn für die Eltern der Fortbestand der Schenkung nach der Scheidung nicht zumutbar ist, können sie das geschenkte Geld vom Ex-Partner ihres Kindes zurückfordern. Der BGH muss nun aber erstmals entscheiden, ob diese Rechtsprechung auch auf Schenkungen an nichtverheiratete Paare übertragbar ist.

Wie argumentieren die Anwälte?

Wendt Nassall, der Anwalt des Ex-Freunds, sieht einen großen Unterschied zwischen Ehen und nicht-ehelichen Beziehungen. „Wenn ein Paar bewusst nicht heiratet, dann kann es jederzeit, ohne Formalitäten auseinander gehen. So ein Paar sucht nicht lebenslange Bindung, sondern lebenslange Freiheit“. Das hätten auch die Eltern gewusst. Sie seien daher mit der Schenkung an das Paar bewusst ein Risiko eingegangen. „Die Eltern hätten ja auch nur ihre Tochter beschenken können“, argumentiert Anwalt Nassall. Auf der anderen Seite wies Thomas Kofler, der Anwalt der Eltern, auf die lange Dauer der Beziehung hin. „Das war nach elf Jahren eine sehr verfestigte Partnerschaft. So lange halten viele Ehen nicht.“ Der gemeinsame Hauskauf zeige, dass das Paar mit einer dauerhaften Beziehung gerechnet habe.

Wie wird der BGH entscheiden?

Der Vorsitzende Richter Peter Meier-Beck deutete an, dass der Ex-Freund wohl das Geschenk zurückzahlen muss. Auch der Fortbestand einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft könne „Geschäftsgrundlage“ für eine Schenkung sein. „Es gibt da keinen abgeschlossenen Katalog“, betonte Meier-Beck. Zudem sei die Beziehung im Potsdamer Fall schon sehr bald nach der Schenkung auseinandergebrochen.

Warum gibt es noch kein Urteil?

Offen ist noch die Höhe des Ausgleichsanspruchs der Eltern. Die Vorinstanz, das Oberlandesgericht Brandenburg, hatte den Eltern 92 Prozent der verlangten 50 000 Euro zugesprochen und dies mit einer komplizierten Rechnung begründet: Weil die Tochter das Haus vier Jahre nutzen konnte und der Ex-Freund eine statistische Lebenserwartung von noch 47 Jahren habe, habe das Geschenk der Eltern zu acht Prozent seinen Zweck erfüllt. Meier-Beck fand die Rechnung jedoch abwegig. „Wenn die Eltern gewusst hätten, dass die Beziehung alsbald auseinander geht, hätten sie dem jungen Mann gar nichts geschenkt – und nicht acht Prozent weniger.“ Darüber will Meier-Beck aber noch mit einem anderen Senat beraten, der für Schenkungen an Ehepaare zuständig ist. Das Urteil soll am 4. Juni verkündet werden.