Das Amtsgericht verhandelt gegen ein mutmaßliches Mitglied einer Bande sowie zwei Helfer. Die Bande soll Autohäuser in der Region betrogen haben. Eine betrogene Geliebte hat die Ermittler auf die Spur gebracht.

Göppingen - Die Geschichte ist filmreif: Sie handelt von Armut, enttäuschter Liebe und Bandenkriminalität. Rund 380 000 Euro Schaden soll eine ungarische Betrügerbande bei Autohäusern in den Landkreisen Göppingen und Rems-Murr sowie in Stuttgart verursacht haben. Den Ermittlungen der Polizei zufolge haben die Täter in wechselnder Besetzung Autos geleast und sie dann, ohne jemals eine Rate bezahlt zu haben, nach Ungarn geschafft. Drei von ihnen müssen sich derzeit vor dem Göppinger Amtsgericht verantworten. Verhandelt werden dort allerdings nur vier Taten, an denen die Angeklagten direkt beteiligt gewesen sein sollen.

 

Die Bande bediente sich für ihre Betrügereien offenbar sozial Schwacher, die sie in Ungarn anwarb. Diese traten hier als Gewerbetreibende auf. Sie kauften auf Kredit Autos auf ihren Namen. Dazu meldeten sie in Deutschland Scheinwohnsitze und Scheingewerbe an. Der Schwindel flog erst auf, als eine Dolmetscherin, die mit einem mutmaßlichen Bandenmitglied liiert war, nach einem Seitensprung ihres Geliebten zur Polizei ging. Die Frau war selbst an den Betrügereien beteiligt gewesen. Im Gespräch mit den Ermittlern, in dem es zunächst um einen Übergriff des Mannes gegangen war, kamen nach und nach auch die Bandendelikte zur Sprache.

Bei Verkaufsgesprächen als Dolmetscherin geholfen

Die Frau hat ihren Geliebten offenbar über ein Zeitungsinserat in Budapest kennengelernt, in dem er eine Dolmetscherin gesucht hatte. Im Februar des Jahres 2011 begleitete sie ihn in den Kreis Göppingen, einige Zeit später wurden sie ein Paar. Die Frau arbeitete als Telefondame in einem Massagesalon, den der Mann betrieb und in dem er auch erotische Dienste anbot. Außerdem übersetzte sie für den 41-Jährigen die Verkaufsgespräche in den Autohäusern. Der Polizei berichtete sie, dass sie anfangs nicht begriffen habe, dass es um Betrug ging – sie sei verliebt gewesen und naiv.

Für die Ermittler bedeuteten die Aussagen der 34-Jährigen im Sommer des Jahres 2011 einen Durchbruch. Denn man habe zwar schon seit dem Jahr 2009 wegen Betrugsfällen in Autohäusern ermittelt, sei aber nicht recht voran gekommen, berichtete ein Kriminalpolizist vor Gericht. Die Masche sei immer dieselbe gewesen: Ungarn hätten Finanzierungsverträge abgeschlossen, aber die Raten nicht bezahlt. Die angegebenen Gewerbe und Adressen seien stets falsch gewesen. Doch was die Ermittler vor Rätsel stellte: Die Personen, die die Autos gekauft hatten, die gab es tatsächlich – allerdings lebten sie alle in Budapest und hatten augenscheinlich rein gar nichts mit Deutschland oder miteinander zu tun.

380 000 Euro Schaden bei 28 Betrugsfällen

Nach dem Bericht der Frau machten sich die Ermittler an die mühsame Detailarbeit, sammelten die Fälle in verschiedenen Autohäusern in der Region – bislang ist von 28 die Rede –, überprüften die verschiedenen Scheinwohnsitze, die die Autokäufer angegeben hatten, und werteten Handyverbindungen der Bandenmitglieder aus, deren Namen sie nun zumindest zum Teil kannten. Im vergangenen Herbst verhaftete die Polizei dann den 41-jährigen Geliebten, die Dolmetscherin und einen dritten Mann, einen Rentner aus Budapest. Seither sind die drei in Haft. Gegen eine Handvoll weiterer mutmaßlicher Bandenmitglieder wird weiter ermittelt. Sie haben sich wohl nach Ungarn abgesetzt.

Während der Rentner und die Dolmetscherin bereits bei der Polizei ihre Tatbeteiligung gestanden, leugnete der41-Jährige auch am Freitag noch, etwas mit der Bande zu tun zu haben. Der Rentner hatte der Polizei berichtet, er sei auf dem Ostbahnhof in Budapest angeworben worden, um in Deutschland ein Auto zu kaufen. Dafür sei ihm Geld versprochen worden. Der Mann bezieht eine Rente von 150 Euro monatlich und verdient sich mit Landwirtschaft etwas dazu. Die Frau und der alte Mann wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt. Die Verhandlung gegen den 41-Jährigen wird fortgesetzt.