Im Grunde kann jeder in Deutschland fast jedes Tier privat halten. Vorausgesetzt: Die Haltungsbedingungen sind artgerecht. Doch die Überprüfung ist lückenhaft. Und auf dem Schwarzmarkt kann man fast alle Tiere illegal kaufen.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Der Fall einer entlaufenen Löwin in Berlin dürfte die Debatte um die Haltung exotischer Wildtiere in Deutschland neu entfachen.

 

Der Trend, Exoten als Haustiere zu halten, ist nicht neu. Verlässliche und seriöse Zahlen, wie viele von ihnen und welche Arten unter deutschen Dächern leben gibt es nicht. Doch es stellen sich gleich mehrere Fragen: Wie ist die rechtliche Lage? Welche Anforderungen gelten? Wer darf Wildtiere halten? Ein Überblick:

Darf man in Deutschland Wildtiere halten?

Ja. In Deutschland darf im Prinzip jeder exotische Tiere in den eigenen vier Wänden halten.

Eine bundesweit einheitliche Regelung und Pflicht nachzuweisen, dass Exoten artgerecht gehalten werden, gibt es nicht. Es sei denn, es handelt sich um ein artgeschütztes Tier. Dann greift das Washingtoner Artenschutzabkommen, das den Export der Tiere reglementiert.

Welche Arten gelten gilt als „wilde Tiere“?

Was ein „wildes Tier“ ist, definiert das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in Paragraf 960, Absatz 1 wie folgt: „Wilde Tiere sind herrenlos, solange sie sich in der Freiheit befinden. Wilde Tiere in Tiergärten und Fische in Teichen oder anderen geschlossenen Privatgewässern sind nicht herrenlos.“

Welche Tiere dürfen in Deutschland gehalten werden?

Die Haltung exotischer Tiere ist gesetzlich nur unzureichend geregelt. Offiziell dürfen nur solche Wildtiere gehalten werden, die in der Liste der zulässigen Arten aufgeführt sind. Das gilt sowohl für in Deutschland und der Europäischen Union vorkommende als auch für „exotische“ Wildtiere.

Welche Tiere dürfen nicht gehalten werden?

Dazu gehören alle Walarten, alle Meeresschildkröten, einige Affenarten, einige Bären- und Katzenarten, bestimmte Papageien, Greifvögel, Eulen und Kraniche, verschiedene Landschildkrötenarten, Krokodile sowie mehrere Schlangenarten.

Was ist mit invasiven Arten?

Unter das Haltungsverbot fallen auch solche Arten, die in der EU-Liste invasiver gebietsfremder Tier- und Pflanzenarten aufgeführt sind. Dabei handelt es sich um Arten, die einheimische Arten verdrängen oder Krankheiten einschleppen könnten – wie beispielsweise der amerikanische Biber, der Waschbär und Rotwangen-Schmuckschildkröten.

In der sogenannten Unionsliste invasiver Arten benennt die Europäische Union Tier- und Pflanzenarten, die mit ihrer Ausbreitung Lebensräume, Arten oder Ökosysteme beeinträchtigen und daher der biologischen Vielfalt schaden können. Sie wurde zuletzt im Jahre 2022 von 66 auf 88 Arten erweitert. Darunter sind beispielsweise das Pallashörnchen/Rotbauchhörnchen, der Kleine Mungo, der amerikanische Ochsenfrosch, der Bisam, der Waschbär oder die Kettennatter.

Wann ist eine verbotene Haltung dennoch erlaubt?

Bei einigen dieser Tiere ist die Haltung aber dennoch möglich, wenn die Tiere aus einer Nachzucht stammen. Dann dürfen sie doch von Privatpersonen gehalten werden. Die Halter müssen lediglich einen Herkunftsnachweis vorlegen und jeden Kauf und Verkauf der Naturschutzbehörde melden.

Was gilt in den einzelnen Bundesländern?

Die gesetzlichen Mindestanforderungen für die Haltung von Tieren jedweder Art sind in Deutschland durch die Bundesartenschutzverordnung und das Tierschutzgesetz geregelt. Wie diese Verordnungen durch die zuständigen Behörden ausgelegt und kontrolliert werden, ist von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich.

In welchen Bundesländern ist die Tierhaltung „strenger“ geregelt?

Die Auslegung der Bundesartenschutzverordnung ist in Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen strenger als in anderen Bundesländern.

Die Haltung von Tieren, die aufgrund ihrer Größe, Kraft oder ihres Gifts für Menschen gefährlich sind, ist entweder verboten oder die Halter müssen nachweisen, dass sie wissen, wie mit den Tieren umzugehen ist. Außerdem müssen sie nachweisen, dass sie die Exoten artgerecht halten können.

Wo ist die Tierhaltung „lockerer“ geregelt?

Nicht ganz so streng ist man bezüglich des Tierschutzes und der Tierhaltung in Baden-Württemberg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Dort gibt es weniger weitreichende Regelungen als in den „strengeren“ Bundesländern.

Wie steht es um ein Verbot der Haltung von Exoten?

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und einige EU-Staaten fordern genauso wie Tierschutzorganisationen ein generelles Verbot der privaten Haltung exotischer Tieren. Sie wollen eine Positivliste mit geschützten Tieren einführen, die man im privaten Besitz nicht halten darf.

Nur Tiere, die auf dieser Liste zu finden sind, dürfen dann noch gehalten werden. Frankreich, Belgien oder die Niederlande besitzen eine solche Liste bereits.

Wie steht es um die Haftung?

Wer sich ein Wildtier anschaffen möchte, sollte die Haftung bedenken. Prinzipiell haften Tierbesitzer für ihre tierischen Schützlinge. Das gilt laut Paragraf 833 BGB für jedes Tier, egal ob Hund, Katze oder Exoten.

Nach Paragraf 833 BGB haften Tierhalter für alle Schäden, die durch ihre Tiere verursacht werden. Hält man das Tier illegal oder ohne behördliche Genehmigung, kann dies eine hohe Strafe nach sich ziehen. Wer zum Beispiel einen Igel ohne Grund der Natur entnimmt, muss ein Bußgeld bis zu 50 000 Euro zahlen.

Und: Wer zur Miete wohnt, ist grundsätzlich verpflichtet, den Vermieter vor der Anschaffung eines jeden Tieres um Erlaubnis zu fragen.

Was sind die Voraussetzungen für die Haltung eines Wildtieres?

Wer Wildtiere halten möchte, benötigt eine artenschutzrechtliche Erlaubnis, den Nachweis von Fachkenntnissen sowie ausreichend Platz für eine artgerechte Haltung. Ausgestellt wird diese Erlaubnis vom zuständigen Landesamt.

Damit ein geschütztes Tier gehalten werden kann, muss der Halter demnach . . .

• ausreichende Kenntnisse über Haltung und Pflege der Tiere haben

• über geeignete Gehege verfügen

• sicherstellen, dass die Tiere nicht entlaufen

• gewährleisten, dass die Haltung tierschutzrechtlichen Vorschriften entspricht

• den Artenschutz berücksichtigen.

Wie viele Wildtiere werden in Deutschland gehalten?

Noch immer gibt es Raubtiere wie Pumas, Löwen, Tiger oder Leoparden in privater Hand. Die genaue Zahl der Wildtiere ist jedoch kaum zu ermitteln, da sehr viele Tiere illegal importiert und auf dem Schwarzmarkt erworben werden. Ein effektive Kontrolle ist deshalb kaum möglich.