Das Mehrheitsbündnis aus Grünen, SPD und Puls hat eine Erhöhung des Zuschusses für die renommierte Einrichtung abgelehnt – auch aus Unkenntnis über die aktuellen Pläne.

Das Mehrheitsbündnis für die Stuttgarter Haushaltsberatungen aus Grünen, SPD und der Fraktionsgemeinschaft Puls sowie die FDP gefährdeten die Zukunft der Freien Kunstschule Stuttgart (FKS). So sieht es jedenfalls der CDU-Stadtrat Jürgen Sauer. Sein Antrag auf eine Erhöhung des bisherigen Zuschusses von 257 700 Euro jährlich um rund 200 000 Euro fand am Freitag bei den finalen Haushaltsberatungen keine Zustimmung. Sauer nannte das Verhalten „skandalös und unanständig“.

 

Rektor Handschuh enttäuscht

Das Kompromissangebot von Kulturbürgermeister Fabian Mayer (CDU), der der Beiratsvorsitzende der FKS ist, die noch vorhandenen 160 000 Euro Rücklagen für Sanierungen freizugeben, ist für Sauer nichts anderes, „als die Freie Kunstschule am ausgestreckten Arm verhungern zu lassen.“ Zumal für 2025 und die darauf folgenden Jahre keine Mittel mehr zur Verfügung stünden. „Zu wenig zum Leben, zu viel zum Sterben“, urteilte auch Rektor Martin Handschuh sichtlich enttäuscht kurz nach der Debatte. Die Frage blieb unbeantwortet, wie er den rund 50 Studierenden, 20 Dozenten und Verwaltungsmitarbeitern bei der Weihnachtsfeier am Nachmittag die Botschaft vom drohenden Aus verkünden sollte. Die im Jahr 1927 auch von Adolf Hölzel gegründete Freie Kunstschule Stuttgart e. V. ist eine Bildungsstätte in freier Trägerschaft mit berufsbezogenen Studiengängen für Malerei, freie Grafik und Grafik-Design, in der auch Vorbereitungskurse für die Aufnahme an Kunsthochschulen und Fachhochschulen angeboten würden. Der ehemalige Kulturstaatssekretär Jürgen Walter (Grüne), auch ein Beiratsmitglied, hatte sich in dieser Woche an den Gemeinderat gewendet und um Unterstützung gebeten.

Strukturelle Unterfinanzierung

Nötig war der Antrag, weil jener des Kunstschulrektors an die Kulturverwaltung– als einziger von 70 – nicht befürwortet, sondern „ohne abschließende Bewertung“ geblieben war. Der Rektor sah sich daher am Mittwoch veranlasst, in einem Brandbrief auf die Konsequenzen hinzuweisen: Ohne die beantragten Haushaltsmittel könne die „strukturelle Unterfinanzierung, die sich durch die gravierenden inflationsbedingten Kostensteigerungen erhöht hat, nicht ausgeglichen werden“.

Aber die strukturelle Unterdeckung der Freien Kunstschule, die vor allem aus Tariferhöhungen und gestiegenen Energiekosten resultiert, ist das eine. Handschuh sieht aber auch die Fortentwicklung der Kunstschule gefährdet, wenn die erbetenen Mittel etwa für ein Forschungsprojekt, den Ausbau digitaler Lehrangebote und den Ausbau des „Instituts für Ästhetik, Kunst und Religion – interkulturell“ versagt würden. Die vom Beirat befürwortete Zukunftskonzeption, insbesondere die bereits in einem Letter of Intent festgezurrte Kooperation mit der Freien Hochschule Stuttgart, könne nun nicht umgesetzt werden.

Beiräte stimmen gegen ihre Schule

Sauer und Handschuh waren auch deshalb konsterniert, weil Grüne und SPD mit Marina Silverii und Dejan Perc Stadträte in den Beirat entsandt haben, die dort die Zukunftskonzeption miterarbeitet haben und um die Vorzüge hätten wissen müssen. Umso unverständlicher erschien die Aussage von Perc, der auf erhebliche Folgewirkungen für die Stadt hinwies, wenn sie sich eine eigene Hochschule leisten würde. Tatsächlich ist aber dieser Vorschlag längst vom Tisch. Man hat sich auf eine Kooperation geeinigt, mit der die Studierendenzahlen deutlich erhöht werden könnten.

Das FDP-Beiratsmitglied Eric Neumann hat sich mit seiner Fraktion bei vielen Zuschusserhöhungen enthalten, so auch bei der FKS. Diese scheint ihm auch nicht besonders nahe zu sein. Handschuh kann sich an keine Beiratssitzung erinnern, an der Neumann teilgenommen hätte. Auf die Frage an Perc, ob er nach seiner Ablehnung weiter dem Beirat angehören wolle, antwortete er, es sei die Frage, ob man diesen noch brauche.

Rettet der Kämmerer die FKS?

Die Aufregung im Sitzungssaal nach der heftigen Replik von CDU-Stadtrat Sauer hatte auf der Bürgermeisterbank Betriebsamkeit ausgelöst. Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) kündigte an, im Januar ein Gespräch mit dem Rektor über die Verwendung der Sanierungsmittel zu sprechen. Es wäre denkbar, dass die Stadt künftig ihr Gebäude – für das sie immerhin auch jährlich 100 000 Euro Miete kassiert – auf eigene Kosten saniert, und dass im Gemeinderat erneut über die Zukunft der Freien Kunstschule Stuttgart und eine auskömmliche Finanzierung befunden werden könnte. Auch unterjährig können Zuschüsse verteilt werden.