Am 12. März beginnt die Aktion „Heimat – Internationale Wochen gegen Rassismus“ in Stuttgart. Workshops, Vorträge oder Theaterstücke – rund 65 Veranstaltungen finden in den knapp zwei Wochen zu den Themen Rassismus, Heimat oder Flucht an verschiedenen Orten in Stuttgart statt.
Stuttgart - Die Idee hatte Luigi Pantisano als er noch im Remstal gelebt hatte. Dort hatte der heute 38-Jährige eine Jugendkulturwoche gegen Rassismus und für Vielfalt initiiert. Als er später nach Stuttgart zog, lag es für ihn auf der Hand, sein Projekt dort fortzuführen. Gemeinsam mit dem Stadtjugendring, dem Forum der Kulturen, dem Jugend- und Kulturzentrum Forum 3 und dem Büro für Andidiskriminierungsarbeit Stuttgart veranstaltet er nun zum dritten Mal die Aktion „Heimat – Internationale Wochen gegen Rassismus“ von Montag bis Freitag, 12. bis 23. März, in Stuttgart. „Meine Aufgabe war es, die Initialzündung zu geben“, sagt Pantisano, der auch für die SÖS-Linke-Plus im Stuttgarter Stadtrat sitzt.
Ob Theaterstücke, Lesungen, Vorträge oder Workshops – rund 65 Veranstaltungen haben die zivilgesellschaftlichen Einrichtungen in diesem Jahr zusammengestellt, so viele wie noch nie. In den letzten beiden Jahren vielen die Projektwochen wesentlich kleiner aus, die Initiatoren hatten kaum finanzielle Mittel. Das ist in diesem Jahr anders. Die Heimat-Wochen werden erstmals von der neu ins Leben gerufenen Stuttgarter „Partnerschaft für Demokratie“ gefördert, die wiederum vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ unterstützt wird. Die Stuttgarter Aktion ist Teil der bundesweiten Aktionswochen, die rund um den 21. März veranstaltet werden. Dieser ist der internationale Gedenktag gegen Rassismus der Vereinten Nationen (UNO).
Gegen Alltagsrassismus in Stuttgart
Eine Hochburg für extreme Rechte ist Stuttgart eigentlich nicht. Da sind sich die Veranstalter der Aktion „Heimat – Internationale Woche gegen Rassismus“ einig. Aber: „Das heißt eben nicht, dass es hier keinen Rassismus gibt“, sagt die Bildungsreferentin beim Stadtjugendring, Friederike Hartl.
Der Fokus der Veranstalter, die als Initiative Heimat firmieren, liegt deshalb auf Alltagsrassismus. „Eine gebürtige, deutsche Frau, die keine weiße Hautfarbe hat, wird zum Beispiel immer gefragt, wo sie herkommt“, ergänzt Hartl. „Gegen solche alltagsrassistische Bilder wollen wir arbeiten.“
Was ist Herkunft? Was ist Heimat? Für viele sind das zwei paar Stiefel. Gerade bei Migranten sei Herkunft ja oft etwas anderes als Heimat, sagt Luigi Pantisano. „Dass Stuttgart zum Beispiel ihre Heimat ist – das kann ihnen keiner in Abrede stellen.“ Gerade deshalb sei es ihm auch so wichtig gewesen, das Wort Heimat im Titel der Aktionswochen zu haben – der im Übrigen schon lange vor den Debatten der letzten Monate feststand. „Heimat kann nur der einzelne Mensch für sich definieren“, sagt Markus Fricke vom Jugend- und Kulturzentrum Forum 3. „Das kann niemand aufoktroyieren.“
Diskussionen über Heimat
In den letzten Jahren ist die öffentliche Meinung wieder weiter nach rechts gerückt – davon sind die Veranstalter überzeugt. Dabei sei Rassismus unterschwellig schon immer da gewesen. „Nur jetzt ist es verschärfter“, sagt Fricke. „Gerade deshalb ist unser Projekt wichtiger denn je.“
In Stuttgart habe man eine erfolgreiche Integrationsarbeit. „Schaffen wir das? Die Frage war nie ein Thema“, sagt der städtische Integrationsbeauftragte Gari Pavkovic. Der Fokus der zwei Wochen liege auch darauf, junge Menschen zu erreichen. Allein für die Schulen gibt es vormittags mehr als ein Dutzend pädagogische Veranstaltungen, die auch längst alle ausgebucht sind. Die Schüler können über Heimat diskutieren, darüber, wie wir hier leben wollen oder an einer Toleranz-Rallye teilnehmen.
Durch die neuen finanziellen Mittel ist es nun auch gelungen, die ganze Aktion auf breitere Beine zu stellen. Es konnte eine Stelle beim Stadtjugendring geschaffen werden. Auch konnten dadurch rund 40 neue Kooperationspartner dazu geholt werden wie zum Beispiel das Theater Rampe oder das Laboratorium. Erstmals findet die Veranstaltungsreihe nun an verschiedenen Orten in der ganzen Stadt statt.
Höhepunkt ist ein öffentlicher Kreativtag gegen Rassismus
So findet die Eröffnungsfeier der internationalen Wochen gegen Rassismus mit Bürgermeister Werner Wölfle (Grüne) am Dienstag, 13. März, um 19 Uhr im Forum 3, Gymnasiumstraße 21, statt. Auch der Höhepunkt der Wochen, ein Kreativtag gegen Rassismus am Samstag, 17. März, von 11.30 bis 17 Uhr, wird dort abgehalten, im Forum 3. Mit Trickfilmen, zeichnen und sticken soll ein Zeichen gegen Ausgrenzung gesetzt werden. Der Abschluss, ein Konzert mit der Band Grup Huub, ist dann im Laboratorium am Freitag, 23. März, ab 20.15 Uhr (Wagenburgstraße 147, Stuttgart-Ost).
Dazwischen gibt es an den Nachmittagen insgesamt 16 kostenlose Workshops für Lehrer, Multiplikatoren oder andere Interessierte, wie zum Beispiel zum Thema „#fairspeech: gegen Hass im Internet“ (Donnerstag, 15. März, von 14 bis 18 Uhr). Und es geht um „Kritische Männlichkeit. Hegemoniale Männlichkeit benennen, dekonstruieren und kritisieren“. Es werden verschiedene Männlichkeitsbilder betrachtet, im Anschluss geht es um hegemoniale Männlichkeit im Kontext von Rassismus (Freitag, 16. März, von 14 bis 17 Uhr). Erstmals konnten übrigens fast alle Referenten aus der Region Stuttgart rekrutiert werden.
Wie setzt man sich emotional mit Rassismus auseinander?
An den Abenden gibt es kostenlose Vorträge, Theaterstücke und Lesungen an verschiedenen Orten zu Rassismus und Flucht. So ist die Afrikanistin, Rednerin und Autorin Tupoka Ogette aus Berlin zu Gast und spricht aus ihrem Buch „Exit Racism“. In diesem geht es um konkretes Wissen über Rassismus, aber auch darum, wie eine emotionale Auseinandersetzung mit dem Thema stattfinden kann. (Mittwoch, 21. März, um 19 Uhr im Hospitalhof, Büchsenstraße 33).
Alle Veranstaltungen und die Anmeldebedingungen stehen im Internet unter www.heimat-wochen.de. Die Programmhefte gibt es im Forum 3, Gymnasiumstraße 21.