Die Maultasche gehört für Schwaben als traditionelles Gericht zu den Osterfeiertagen wie der Osterhase oder das Osternest. Aber welchen Ursprung hat die gefüllte Teigtasche?

Digital Desk: Ann-Kathrin Schröppel (aks)

Dass gerade der Teil des Kühlregals, in dem die Maultaschen liegen, am Abend des Gründonnerstag komplett leergefegt ist - und sämtliche Maultaschen in den Supermärkten und Metzgergeschäften in Stuttgart und der Region Mangelware sind - soll schon vorgekommen sein. Der Ausverkauf des Teigtaschen-Klassikers hat einen Grund: Der Schwabe isst am Gründonnerstag und am darauffolgenden Karfreitag traditionell Maultaschen, in allen Variationen. Und das obwohl der Fleischkonsum an Karfreitag ja eigentlich fast schon einer Sünde gleichkommt.

 

Traditionsbewusste „Cleverle“ machen ihre Maultaschen natürlich selbst. Für dieses kulinarische Unterfangen kann dann aber schon mal der komplette Gründonnerstag draufgehen. Schließlich will der Teig zubereitet und Kräuter zerkleinert werden, genauso wie der Spinat und die Zwiebeln. Auch das Brät muss vorbereitet werden und die Brötchen eingeweicht. Andere Zutaten haben in traditionellen schwäbischen Maultaschen nichts zu suchen. Also wird Omas gutbehütetes Maultaschenrezept für kurze Zeit aus der Sicherheitsverwahrung genommen und die ganze Familie trifft sich zur traditionellen gemeinsamen Maultaschenherstellung.

Wie alle Schwaben und mittlerweile auch die „Neigschmeckte“ wissen, kann man Maultaschen auf drei unterschiedliche Arten servieren: In der Brühe, geschmelzt mit Zwiebeln und Kartoffelsalat oder geröstet in Scheiben und mit Ei in der Pfanne angebraten.

Ursprung der „Herrgottsbscheißerle“

Der Ausdruck „Herrgottsbscheißerle“, wie der Schwabe auch zu seinen geliebten Maultaschen sagt, kommt nicht von ungefähr. Da während der Fastenzeit bis zum Ostersonntag traditionell kein Fleisch gegessen werden darf, haben die findigen Schwaben das Fleisch einfach in den Maultaschen „versteckt“. Der Ausdruck „Gott sieht alles“ erreicht hier wohl eher keine Tragweite.

In der Vergangenheit galten Maultaschen als ein Gericht der armen Leute, da Fleisch-, Brot- und Gemüsereste in der Füllung verarbeitet werden konnten und so als eine zusätzliche Mahlzeit auf den Tisch kamen. Der Legende nach haben Zisterziensermönche des Klosters Maulbronn (deswegen auch der Name „Maul“-Tasche“) während der Fastenzeit als erstes die Fleischfüllung unter Teig verborgen, um den Herrgott nicht zu verärgern. Dabei handelt es sich allerdings nur um eine Legende, belegbar ist die Geschichte der kulinarisch begabten Mönche nämlich nicht - und Zweifel sind durchaus angebracht.

Eine weitere Variante zu Entstehung des "schwäbischen Nationalgerichts" spricht von Protestanten, genauer Waldensern. In der Maulbronner Region gab es einige Waldenserorte - und die dort lebenden Waldenser, als protestantische Glaubensflüchtlinge aus Norditalien, sollten die Maultaschen als schwäbische Variante italienischer Teigwaren wie Ravioli und Tortellini dort eingeführt haben. Damit wären die Maultaschen dann italienischen Ursprungs.

Spezialität genießt Schutz

Inzwischen sind Maultaschen weit über die schwäbischen Grenzen hinaus als Spezialität bekannt und seit dem Jahr 2009 auch von der EU in ihrer Herkunftsbezeichnung geschützt. Somit ist gesetzlich festgeschrieben, welche Zutaten bei der Herstellung einer original schwäbischen Maultasche verwendet werden dürfen. Auch muss mindestens eine der Produktionsstufen innerhalbe des dazugehörigen Herstellungsprozesses im Herkunftsland stattfinden. Das wären dann bei den Maultaschen entweder die Erzeugung, die Verarbeitung oder die Herstellung. Aber die wahren Schwaben vertrauen sowieso nur auf Omas Originalrezept - und das wird natürlich gehütet wie ein Goldschatz.