Der zweistellige Rückgang bei den Hochschulbewerbungen in Stuttgart kann mehrere Ursachen haben. Leere Hörsäle muss derzeit aber noch niemand befürchten, meint Redakteurin Inge Jacobs.

Stuttgart - Nach dem Bewerbungsboom der vergangenen Jahre erleben die Stuttgarter Hochschulen erstmals einen Einbruch – allen voran die Uni Stuttgart mit 16 Prozent. Hoppla, denkt man sich, was ist da los? Zunächst mal steht fest: Ja, es gibt für die Angebote der Stuttgarter Hochschulen weniger Interesse. Ob dies in gleichem Maß auch für die anderen Hochschulen im Land gilt, lässt sich derzeit noch nicht belegen. Der mit drei Prozent nur geringfügige Rückgang an Bewerbungen an der Stuttgarter Hochschule der Medien zeigt jedenfalls, dass sich die Entwicklung nicht generalisieren lässt. Und es könnte ja auch sein, dass die Zahl der Mehrfachbewerbungen zurückgegangen ist.

 

Belegbar ist jedenfalls, dass in den vergangenen Jahren immer mehr Abiturienten erst mal ein Soziales Jahr absolvieren, Praktika machen oder um die Welt reisen. Viele wollen – insbesondere nach G 8 – zunächst verschnaufen und Zeit gewinnen, um neue Erfahrungen zu sammeln und um sich zu orientieren. Das kann man ihnen nicht verdenken.

Trotz des Rückgangs gibt es noch immer einen großen Überhang an Studienbewerbern

Leere Hörsäle brauchen die Hochschulen derzeit allerdings nicht zu befürchten. Denn die Zahl der Bewerbungen sagt noch nichts über die Zahl der tatsächlichen Einschreibungen. Und noch immer gibt es einen großen Bewerberüberhang – und das bei einer Auslastung der Landesunis von durchschnittlich 120 Prozent. Auch über die Qualität der Studienanfänger lässt eine rückläufige Zahl an Bewerbungen keinen Schluss zu. Alles also prima?

Nicht ganz. Ein Schrumpfen der Bewerbungen im zweistelligen Bereich sollte als Signal durchaus ernst genommen werden. Denn durch den prognostizierten allmählichen Rückgang der Studienanfängerzahlen wird sich der Wettbewerb der Hochschulen um die besten Köpfe weiter verschärfen. Die Hochschulen in Stuttgart sollten also alles tun, um für Studierende attraktiv zu sein. Dazu gehört neben spannenden und zukunftsweisenden Studienangeboten und Exzellenz in der Lehre vor allem auch eine vernünftige Infrastruktur. Davon ist die Hochschulstadt Stuttgart aber noch weit entfernt. Bei der Ausstattung der Hochschulen, aber auch beim Wohnungsangebot und bei der Mobilität gibt es noch viel Luft nach oben. Hier sind auch das Land und die Stadt gefordert.

inge.jacobs@stzn.de