Jetzt ist es offiziell: Der Juli ist der bislang heißeste Monat seit Tausenden von Jahren. In mehreren Weltregionen werden Temperaturrekorde gebrochen. Die Folgen spüren die Menschen rund um den Globus. Und das dürfte nur der Anfang sein.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Was Wissenschaftler der US-Raumfahrtbehörde Nasa schon vor einigen Tagen gemutmaßt haben, ist am Donnerstag (27. Juli) in Genf von Klimawissenschaftlern der internationalen Wetterorganisation World Meteorological Organization (WMO) und des europäischen Klimawandeldienstes Copernicus offiziell bestätigt worden.

 

„Die Ära des globalen Kochens ist angebrochen“

„Die Welt sitzt auf einem heißen Stuhl“, warnt UN-Generalsekretär António Guterres. „Wir müssen nicht bis Ende des Monats warten, um das genau zu wissen. Wenn es in den nächsten Tagen keine Mini-Eiszeit gibt, wird der Juli alle Rekorde brechen.“

Es steht definitiv fest: Die ersten drei Juliwochen waren der wärmste jemals gemessene Dreiwochen-Block. Und 2023 könnte den bisherigen Rekord von 2016 als heißestes Jahr brechen, prophezeit Chris Hewitt, Direktor für Klimadienstleistungen bei der WMO.

Wann war der heißeste Juli-Tag?

Der heißeste einzelne Tag war demzufolge der 6. Juli, mit einer globalen Durchschnittstemperatur von 17,08 Grad – dicht gefolgt vom 5. und 7. Juli. Der vorherige Rekord stammte vom 13. August 2016 mit einem Wert von 16,8 Grad. Dieser Rekord wurde in diesem Jahr an mindestens 17 Juli-Tagen übertroffen.

„Die Ära der globalen Erwärmung ist vorüber. Die Ära des globalen Kochens ist angebrochen“, betont Guterres. Er rief Politiker auf, umgehend drastische Schritte zur Eindämmung des Klimawandels zu beschließen.

Wie war das Wetter in Europa im Juli?

Zwar war das Wetter in Deutschland und Nordeuropa in diesem Juli gefühlt weniger warm als in anderen Sommern, aber im globalen Durchschnitt waren Hitzewellen in Nordamerika, Asien und Südeuropa ausschlaggebend. Ebenso habe dazu die hohe Wassertemperatur der Ozeane zu dem besonders warmen Juli beigetragen, berichtet die WMO.

In den ersten 23 Juli-Tagen lag die globale Durchschnittstemperatur nach diesen Angaben bei 16,95 Grad. Bislang war nach den europäischen Berechnungen der Gesamt-Juli 2019 mit 16,63 Grad der heißeste.

Wird es in den nächsten Jahren noch heißer?

Die WMO geht mit „98-prozentiger Sicherheit“ davon aus, dass eines der nächsten fünf Jahre das heißeste je gemessene sein wird. Das bisherige Rekordjahr ist 2016 schlug mit einer globalen Durchschnittstemperatur von rund 1,3 Grad über dem vorindustriellen Niveau (1850-1900) zu Buche.

Und: Die WMO geht mit „66-prozentiger Wahrscheinlichkeit“ davon aus, dass in mindestens einem der nächsten fünf Jahre die globale Durchschnittstemperatur den Wert von 1,5 Grad überschreitet. „Dies bedeutet nicht, dass wir das im Pariser Abkommen festgelegte Niveau von 1,5 Grad dauerhaft überschreiten werden“, heißt es seitens der WMO.

Was ist die Hauptursache für die Rekord-Temperaturen?

Der Juli folgte auf einen Juni, der bereits so heiß war wie kein anderer Juni. „Menschengemachte Emissionen sind letztlich der Hauptgrund für die ansteigenden Temperaturen“, erläutert Copernicus-Direktor Carlo Buontempo. „Eine Reduzierung der Treibhausgase ist dringender als je zuvor“, ergänzt WMO-Chef Petteri Taalas. „Klimamaßnahmen sind kein Luxus, sondern ein Muss.“

Was macht der Klimawandel mit der Menschheit?

Der Klimawandel hat die Menschheit schon heute fest im Griff. Die extremen Temperaturen in diesem Sommer sind für jeden spürbar, doch die dramatischen Auswirkungen der von der Menschheit verursachten Erderwärmung gehen noch viel weiter.

„Wir sehen beispiellose Veränderungen überall auf der Welt, die Hitzewellen, die wir in den USA, in Europa und in China sehen, sprengen Rekorde“, sagt Gavin Schmidt, Chef-Klimatologe der US-Raumfahrtbehörde Nasa.

Welche Rolle spielt El Niño?

Für die Effekte könne zudem nicht nur das Wetterphänomen El Niño verantwortlich gemacht werden, das „gerade erst angefangen“ habe. Auch wenn El Niño eine kleine Rolle spiele, sei es „die globale Wärme, so ziemlich überall, vor allem in den Ozeanen“.

El Niño – und sein Gegenpart und La Niña – ist eine sogenannte Wetteranomalie, die Westküste von Südamerika, Südasien und Australien Extremwetter wie Hitze, Frost, Wirbelstürme und Starkregen verursacht. Die Folgen können Dürren, Riesenwellen, Überschwemmungen und Erdrutsche sein.

Bei El Niño kommt es zu einem Auftreten außergewöhnlicher, nicht zyklischer, veränderter Meeresströmungen im sogenannten ozeanografisch-meteorologischen System (englisch: El Niño-Southern Oscillation/Enso) des äquatorialen Pazifiks.

Info: Die Folgen des Klimawandels

Hunger
Nach einer Studie des Weltklimarates IPPC Durch die steigenden Temperaturen nimmt der Nährstoffgehalt der Nutzpflanzen dem Berichtsentwurf zufolge ab. Der Proteingehalt von Reis, Weizen, Gerste und Kartoffeln werde voraussichtlich um 6,4 bis 14,1 Prozent sinken, wodurch fast 150 Millionen Menschen zusätzlich unter Proteinmangel leiden könnten. Auch wichtige Mikronährstoffe, die vielen Menschen auf der Südhalbkugel ohnehin bereits fehlen, werden weniger. Da extreme Wetterereignisse durch den Klimawandel zunehmen, steigt laut IPCC die Gefahr, dass die Ernten in mehreren Kornkammern der Welt gleichzeitig ausfallen. Die Autoren rechnen mit einem Anstieg der Lebensmittelpreise bis zur Mitte des Jahrhunderts um fast ein Drittel, wodurch weiteren 183 Millionen ärmeren Menschen Hunger drohe.

Wasser
Etwas mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung leidet bereits jetzt unter einer unsicheren Wasserversorgung. Der IPCC legt dar, welche Auswirkungen der Wassermangel in Zukunft haben könnte. Die Berichtsautoren halten es für wahrscheinlich, dass deswegen zwischen 30 und 140 Millionen Menschen in Afrika, Südostasien und Lateinamerika bis 2050 zu Binnenvertriebenen werden könnten.

Krankheitenr
Mit der Erderwärmung breiten sich Mücken und andere Arten aus, die Krankheiten übertragen. Die Hälfte der Weltbevölkerung könnte bis Mitte des Jahrhunderts Krankheiten wie dem Dengue- und Gelbfieber sowie dem Zika-Virus ausgesetzt sein, warnt der IPPC-Bericht. Die Gefahr von Malaria und Borreliose werde zunehmen, außerdem würden klimabedingt mehr Kinder an Durchfallerkrankungen sterben. Auch Krankheiten, die mit schlechter Luftqualität und Ozonbelastung zusammenhängen, werden laut IPCC erheblich zunehmen. Sein Berichtsentwurf weist zudem auf „ein erhöhtes Risiko der Verunreinigung von Lebensmitteln und Wasser durch Gifte im Meer“ hin.