Kerstin Andreae, Bundestagsabgeordnete aus Freiburg, hat den Sprung an die Fraktionsspitze der Grünen verpasst. Aber als Verliererin sieht sie sich nicht. Nun will sie weiter für ihre Positionen streiten.

Im Bundestagswahlkampf war Kerstin Andreae, 44 Jahre alte Abgeordnete aus Freiburg, Spitzenkandidatin ihrer Partei in Baden-Württemberg. Lange vor der grünen Wahlschlappe am 22. September hatte sie ihre Partei gewarnt, nicht mit überhöhten Steuerforderungen um Wählerstimmen zu werben. Ihre Weitsicht hat Andreae nichts genutzt. Am Dienstag verlor sie die Kampfabstimmung um den Fraktionsvorsitz im Bundestag gegen Katrin Göring-Eckardt, die im Bundestagswahlkampf neben Jürgen Trittin als Spitzenkandidatin aufgetreten war. Co-Fraktionsvorsitzender wird der Münchner Anton Hofreiter.
Frau Andreae, Sie sind bei der Wahl der Fraktionsspitze unterlegen. Sind Sie sehr enttäuscht?
Ich wäre gerne Fraktionsvorsitzende geworden, keine Frage. Aber fairer Wettstreit zwischen verschiedenen Bewerbern oder Bewerberinnen gehört zu einer lebendigen Demokratie. Und dann ist es nun mal so, dass man gewinnen oder verlieren kann. Meine Gratulation gilt unserer neuen Fraktionsspitze, die ich tatkräftig unterstützen werde. Wir haben als gesamte Fraktion den Auftrag zu erfüllen, den knapp 3,7 Millionen Bürgerinnen und Bürger uns Grünen am 22. September erteilt haben.
Warum sind Sie unterlegen?
Das müssen Sie die Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion fragen, die mich gewählt haben. Ich habe klar gesagt, für was ich stehe.
Die Realos traten mit zwei Bewerberinnen an und haben sich damit geschwächt. Wie konnte das passieren?
Ich sehe das nicht als Schwäche an, wenn in einer Fraktion zwei starke Frauen um einen Spitzenposten antreten. Insofern sehe ich mich auch nicht als Verliererin. Ich werde mein Wissen und meine Fähigkeiten so oder so in der neuen Fraktion einbringen. Und das Wahlergebnis von heute ändert ja nichts an den Überzeugungen, die ich vertrete. Es ist keine zwei Wochen her, dass uns der Weltklimarat abermals deutlich gemacht hat, wie dringend der Kampf gegen die Erderwärmung ist. Den gewinnen wir nur, wenn wir ein breites Bündnis mit Unternehmern, Handwerkern und Investoren schmieden und so Klimaschutz und ökonomische Modernisierung verbinden. Es geht mir dabei nicht um Ökologie oder Wirtschaft, Ökologie oder Gerechtigkeit, Ökologie oder Wachstum. Es geht mir um das Sowohl-als-Auch, um das Verbindende. Ich möchte dabei eine Brücke zur Wirtschaft bauen.