Nach der Beobachtung durch den Verfassungsschutz will ein Teil des JA-Vorstands die Kontakte einiger Jungpolitiker zur Identitären Bewegung nicht mehr mittragen. Innenminister Strobl sagt: „Jetzt musste gehandelt werden.“

Stuttgart - „Es musste jetzt gehandelt werden“, kommentierte Innenminister Thomas Strobl (CDU) die Entscheidung des Landesamts für Verfassungsschutz, die Jugendorganisation der AfD im Südwesten zu beobachten. Damit werde der Verfassungsschutz seiner Funktion als Frühwarnsystem im demokratischen Rechtsstaat gerecht. Zustimmung äußerten auch die Grünen, die SPD und die Liberalen im Landtag. Der FDP-Abgeordnete Nico Weinmann forderte: „Angesichts der extremistischen Entwicklungen in der AfD und in ihrem Dunstkreis ist es richtig, auch dort genau hinzuschauen.“ Der Grünen-Abgeordnete Alexander Maier sagte: „Die AfD steht mit einem Bein im braunen Sumpf.“

 

Der Vorstand der Jugendorganisation der AfD im Südwesten hatte am Freitag schnelle und harte Konsequenzen angekündigt. Am Montag werden „fünf von zehn Mitgliedern des Landesvorstandes von ihren Ämtern zurück- und aus der Organisation austreten“, heißt es in einer Mitteilung des Landesvorsitzenden der Jungen Alternative (JA), Moritz Brodbeck. Weiter heißt es: „Die Beobachtung des Landesverbandes ist aus unserer Sicht die bedauerliche, aber letztlich nur logische Konsequenz fortgesetzten Fehlverhaltens eines nennenswerten Teils der baden-württembergischen JA-Mitglieder, welche sich in zahlreichen Fällen nicht zwischen der JA und der vom Verfassungsschutz beobachteten Identitären Bewegung (IB) entscheiden konnten oder wollten und damit sehenden Auges personelle Überschneidungen beider Organisationen geschaffen haben.“

Laut Verfassungverfassungsschutz liegen „tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vor“. Dies ergebe sich in der Gesamtschau aus den programmatischen Schriften sowie aus Äußerungen und Positionen von Funktionären und Gliederungen der JA, die nicht mit den wesentlichen Verfassungsgrundsätzen – insbesondere den Menschenrechten – vereinbar seien. Außerdem erkennen die Verfassungsschützer Bezüge zu Rechtsextremisten.

In der JA gab es seit Längerem Konflikte

Damit meint das Landesamt vor allem die sogenannte Identitäre Bewegung, eine Organisation, die Migranten ausgrenzt und für sich in Anspruch nimmt, nationale und europäische „Identitäten“ zu bewahren. Der Verfassungsschutz hat diese bereits seit zwei Jahren bundesweit im Visier. In den sozialen Netzwerken lassen sich zahlreiche Überschneidungen zwischen den Positionen von Identitären und einigen JA-Aktivisten feststellen – etwa in Freiburg.

Deutlich wird, dass es in der JA seit Längerem Konflikte gegeben haben muss. Brodbeck: „Wir sind nicht länger bereit, mit unserem Namen und unserem Gesicht für die Verfehlungen von Personen einzustehen, die die gezielte Radikalisierung der JA oft genug aus dem Schutz der zweiten und dritten Reihe betrieben haben und für keinerlei mahnende Worte zugänglich waren.“ Der nächste Schritt der scheidenden JA-Mitglieder ist allerdings schon ins Auge gefasst. Gegründet werden soll eine „neue AfD-nahe Jugendorganisation“. Darin sollen sich all jene sammeln, die „diese fatale Entwicklung nicht zu verantworten haben und für einen unzweifelhaft demokratischen Kurs einstehen“.

Auch in Bremen und Niedersachsen wird schon beobachtet

Markus Frohnmaier, Gründer der JA Baden-Württemberg und heute Bundestagsabgeordneter, sagte unserer Zeitung, er sei „völlig überrascht“ worden von der Nachricht, dass die JA nun beobachtet wird. Er sieht nun die Landtagsfraktion und den Landesverband am Zug. Er sagt: „Man muss sehen, wie die Begründungen für die Beobachtung lauten, und vielleicht müssen wir uns dann auch von dem einen oder anderen Mitglied der Jungen Alternative trennen.“

Mit der JA in Baden-Württemberg ist bereits der dritte Landesverband des AfD-Nachwuchses ins Visier des Verfassungsschutzes geraten. Im vergangenen September hatten die Verfassungsschutzämter von Bremen und Niedersachsen angekündigt, die Junge Alternative in ihren Ländern zu beobachten. In Niedersachsen habe sich die Jugendorganisation infolgedessen aufgelöst.

Die JA steht jungen Menschen im Alter von 14 bis 35 Jahren offen. In der JA sammelten sich „sowohl Mitglieder der AfD als auch junge Leute, die nicht oder noch nicht Mitglied der AfD sind“, heißt es im Internetauftritt der Organisation. Schätzungen zufolge besitzen zwei Drittel der nach eigener Auskunft 620 JA-Mitglieder im Land die AfD-Mitgliedschaft.