Die zwölfjährige Luise aus Freudenberg wurde getötet – die mutmaßlichen Täterinnen sind gleich alt und damit nicht strafmündig. Doch das deutsche Rechtssystem kenne andere Möglichkeiten, sagt Justizminister Marco Buschmann.

Die zwölfjährige Luise aus dem nordrhein-westfälischen Freudenberg wurde erstochen. Die Täterinnen sind mutmaßlich Gleichaltrige – die noch nicht strafmündig sind. Der Fall bewegt ganz Deutschland. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln indes weiter zu den Hintergründen. Noch offen war zunächst, ob die Polizei bereits eine Tatwaffe gefunden hat.

 

Zum Motiv machten die Ermittler mit Verweis auf die noch strafunmündigen Kinder keine Angaben. Zwei Mädchen im Alter von 12 und 13 Jahren haben gestanden, die Zwölfjährige erstochen zu haben. Die mutmaßlichen Täterinnen und das Opfer sollen sich gekannt haben.

Justizminister Buschmann zutiefst bestürzt

Bundesjustizminister Marco Buschmann reagierte am Dienstagabend tief entsetzt. Kinder unter 14 Jahren würden zwar strafrechtlich nicht belangt, „aber unsere Rechtsordnung kennt andere Wege, um darauf zu reagieren, etwa das Kinder- und Jugendhilferecht sowie das Familienrecht“, sagte der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.

Die Zwölfjährige war seit Samstag vermisst worden und am Sonntag tot in der Nähe eines Radweges auf rheinland-pfälzischem Gebiet unmittelbar an der Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen gefunden worden. Bei der Obduktion wurden zahlreiche Messerstiche festgestellt. Das Mädchen sei verblutet.

Mädchen haben Tat gestanden

Die tatverdächtigen Mädchen gerieten ins Visier der Ermittler, weil ihre Aussagen aus einer ersten Anhörung im Widerspruch zu den Aussagen anderer Zeugen standen. Bei einer nochmaligen Anhörung im Beisein von Erziehungsberechtigten und Psychologen seien sie am Montag mit den Widersprüchen konfrontiert worden und hätten die Tat schließlich gestanden, hieß es von den Ermittlern. Beide Mädchen seien der Polizei zuvor nicht aufgefallen.

Die mutmaßlichen Täterinnen sind laut dem Leiter der Staatsanwaltschaft Koblenz, Mario Mannweiler, „in einem geschützten Raum in der Obhut des Jugendamtes“.

Kinder, die noch keine 14 Jahre alt sind, wenn sie ein Verbrechen begehen, gelten nach dem Gesetz als schuldunfähig. Denn es wird davon ausgegangen, dass sie die Folgen ihres Handelns noch nicht ausreichend überblicken. Sie können nicht vor Gericht gestellt und nicht verurteilt werden. Nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft gibt es aktuell keinen Hinweis auf die Beteiligung sonstiger Personen, insbesondere auch nicht von Erwachsenen.

Der Konfliktforscher Andreas Zick hält die Tat von Freudenberg für einen extremen Einzelfall. Schwere Gewalttaten durch Kinder gebe es eher in anderen Ländern, etwa in den USA oder in Kriegsgebieten, sagte der Wissenschaftler dem Evangelischen Pressedienst (epd).

„Kinder, die getötet haben, brauchen eine intensive und lange psychologische Betreuung“

Oft würden traumatisierte Kinder zu Tätern, die Gewalt oder Missbrauch erfahren haben. Auch Kinder mit Entwicklungsdefiziten, die sich massiv missachtet und ausgegrenzt fühlten, hätten eine höhere Wahrscheinlichkeit, Gewaltfantasien auszuleben. Jeder dieser Fälle müsse jedoch für sich betrachtet werden, sie ließen sich nicht auf andere übertragen. Bei dem getöteten Mädchen aus Freudenberg könnte der anscheinend gemeinsame Plan der mutmaßlichen Täterinnen ein wichtiger Faktor gewesen sein.

Neben einer systematischen Untersuchung über die Hintergründe der Tat sei ein umfassendes Beratungs- und Therapieangebot für die Angehörigen und Betroffenen wichtig, sagte der Leiter des Instituts für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld. „Kinder, die getötet haben, brauchen eine intensive und lange psychologische Betreuung und ein Therapieangebot, ebenso wie die Angehörigen der Opfer dies auch brauchen“, sagte der Wissenschaftler.