Der Vorschlag der EU-Kommission zur grünen Gentechnik ist richtig. Jetzt kommt es auf die Details an.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Eine große Mehrheit der Menschen in Deutschland und der EU lehnt Gentechnik in der Nahrungsproduktion ab. Die europäische Gesetzgebung spiegelt diese Skepsis wider. Lebensmittel, in denen gentechnisch veränderte Pflanzen verarbeitet wurden, müssen gekennzeichnet werden und sind damit praktisch unverkäuflich. Doch diese Hinweispflicht soll nach den Plänen der EU-Kommission wegfallen, wenn neue und präzisere Methoden wie die Genschere Crispr zum Einsatz kommen.

 

Nicht unterscheidbar

Damit solle der grünen Gentechnik durch die Hintertür der Weg geebnet werden, befürchten Kritiker. Doch der Vorschlag aus Brüssel ist wissenschaftlich gut begründet. Die Lockerung soll ausdrücklich nur Genveränderungen betreffen, die auch auf natürlichem Weg oder durch Kreuzungen im Rahmen der klassischen Züchtung entstehen können. Daraus folgt, dass mithilfe des sogenannten Genome Editing entwickelte Sorten im Labor in der Regel nicht von konventionellen unterschieden werden können.

Man kann zudem davon ausgehen, dass solche Pflanzen keine besonderen Risiken für Verbraucher bergen. Mit Crispr & Co. werden weit weniger Erbanlagen verändert als in der klassischen Züchtung oder bei der Mutationszüchtung, die einem genetischen Roulette gleicht. Auch konventionell gezüchtete Pflanzensorten können ein erhöhtes Allergiepotenzial aufweisen. Die neue Gentechnik macht es sogar einfacher, Pflanzen mit weniger Allergenen zu züchten. Vor allem aber kann sie dabei helfen, Nutzpflanzen schneller an den Klimawandel anzupassen und widerstandsfähiger gegen Schädlinge und Krankheiten zu machen. Die Erreger können Resistenzen zwar mit der Zeit überwinden, aber mit Genome Editing haben Züchter auch die Möglichkeit, schneller nachzusteuern.

Lehren aus bisherigen Erfahrungen

Angesichts der Möglichkeiten der neuen Gentechnik ist es überfällig, dass Europa seine mehr als 20 Jahre alten Regeln anpasst, zumal Gentechnikpflanzen in anderen Ländern schon seit Jahrzehnten großflächig angebaut werden. Die Kommission geht dabei maßvoll vor und zieht zudem wichtige Lehren aus den bisherigen, nicht nur positiven Erfahrungen mit der ersten Generation gentechnisch veränderter Pflanzen. So sollen etwa Herbizidresistenzen bei der geplanten Lockerung außen vor bleiben. Diese Eigenschaft hat in vielen Ländern dazu geführt, dass noch mehr Unkrautvertilger eingesetzt werden. Auch artfremde Gene dürfen nicht ohne Kennzeichnung auf Nutzpflanzen übertragen werden. Wichtig ist, dass die EU bei ihren Reformplänen auch die strukturellen Risiken im Auge behält. Wenn am Ende alle Patente bei großen Konzernen lägen, hätten kleinere Züchter das Nachsehen.