Bis zum Jahr 2040 soll Wärme in Leinfelden-Echterdingen ausschließlich klimaneutral produziert werden. Wie das gelingen kann, wird derzeit vom Stuttgarter Büro EGS Plan erarbeitet.
Es ist noch viel zu tun. Derzeit ist Leinfelden-Echterdingen weit davon entfernt, seine Wärmeenergie klimaneutral herzustellen. Doch genau das fordert das Klimaschutzgesetz bis zum Jahr 2040. Mehr als 90 Prozent der momentan benötigten 420 Gigawattstunden werden noch durch Öl und Gas erzeugt. Rund 103 000 Tonnen CO2 werden dadurch verursacht. „Das ist das Ergebnis der Bestandsanalyse“, erklärt der Projektleiter Tobias Nusser vom Stuttgarter Büro EGS-plan. Das Büro arbeitet derzeit an der kommunalen Wärmeplanung für Leinfelden-Echterdingen. Etwa 42 Millionen Euro würden derzeit pro Jahr für die Wärmeenergie in Leinfelden-Echterdingen ausgegeben, meinte Nusser.
Im Grundsatz ist die Lösung für das beschriebene Problem ganz einfach: „Wir müssen weg von fossiler Energie, hin zu erneuerbarer Energie“, sagt der Fachmann. So einfach, wie es sich zunächst anhört, ist das aber nicht. Es sind gewaltige Anstrengungen notwendig. Es geht um nicht weniger als um den kompletten Umbau der Wärmeversorgungssysteme für 15 000 Gebäude in der Stadt, von denen 64 Prozent Wohngebäude sind. „Die privaten Haushalte machen den größten Anteil aus“, hebt Nusser hervor. Industrie und Gewerbe machen 31 Prozent der Gebäude aus.
Großes Potenzial bei Geothermie
Technische Möglichkeiten für eine klimaneutrale Wärmeversorgung gibt es. So kann die natürliche Erdwärme zum Heizen genutzt werden. Rund 36 Prozent des Wärmebedarfs könnte bis zum Jahr 2040 durch dezentrale Wärmesonden im Boden gedeckt werden, meint der Fachmann. Zentrale Geothermiesonden könnten noch einmal 23 Prozent des Wärmebedarfs decken. Solarthermie, zentral und dezentral, könnten zusammen 32 Prozent der Wärmeenergie erzeugen. Wenig Potenzial sieht Nusser dagegen bei der Nutzung von Abwasserwärme. Gleichzeitig müsse der Wärmebedarf durch energetische Sanierungen gesenkt werden. Bis zum Jahr 2040 könnte der Bedarf um 41 Prozent auf rund 250 Gigawattstunden pro Jahr gesenkt werden.
Doch allein die Benennung der unterschiedlichen technischen Möglichkeiten wird aus Sicht des Fachmanns nicht reichen, das ambitionierte Ziel einer klimaneutralen Wärmeversorgung zu erreichen. Vielmehr müssten die privaten Immobilienbesitzer stärker ins Boot geholt werden. Die öffentlichen Gebäude, auf welche die Stadt einen unmittelbaren Einfluss hat, machen lediglich vier Prozent aller Gebäude aus. Am Donnerstag, 2. Februar, gibt es deshalb um 18.30 Uhr eine Informationsveranstaltung in der Filderhalle. Dort wird der kommunale Wärmeplan vorgestellt. Außerdem gibt es unterschiedliche Kurzvorträge. Am Ende ist noch eine Diskussionsrunde geplant.
Preise für fossile Energieträger bleiben wohl hoch
Dass viele Immobilienbesitzer momentan noch den Austausch des Heizungssystems scheuen, ist Tobias Nusser bekannt. Deshalb sei es besonders wichtig, auch auf die vorhandenen Fördermöglichkeiten hinzuweisen. Für den Wechsel einer Ölheizung zu einer Wärmepumpe gebe es beispielsweise 10 000 bis 15 000 Euro Förderung, bei Gesamtkosten von 40 000 Euro. Hinzu komme, dass die Preise für die fossilen Energieträger aus Sicht des Fachmanns hoch bleiben werden, womöglich sogar weiter steigen. „Wir werden bei den fossilen Energieträgern nicht mehr auf das Preisniveau kommen, das wir einmal hatten“, prognostiziert Nusser.
Die seit Beginn des Ukrainekrieges zu beobachtenden hohen Preise für Öl und Gas sorgen wiederum dafür, dass sich Investitionen in klimaneutrale Wärmetechnologie schneller amortisieren, als dies vielleicht in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Doch beim Beratungsbedarf geht es nicht allein um die staatlichen Fördermöglichkeiten.
Auch in puncto Technik kann aufgeklärt werden. Es stimme beispielsweise nicht, dass alte Gebäude so hohe Vorlauftemperaturen benötigten, die von Wärmepumpen nicht zu erreichen seien. „Wärmepumpen sind auch für den Bestand geeignet“, betont Nusser. Und mit dem Blick auf die Lebensdauer einer gewöhnlichen Heizungsanlage könnte in den kommenden 17 Jahren ohnehin ein großer Teil der momentan genutzten Technik ausgetauscht werden müssen.
Vorgaben des Klimaschutzgesetzes
Vorgabe
Das baden-württembergische Klimaschutzgesetz schreibt vor, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren. Der Treibhausgasausstoß des Landes soll im Vergleich zu den Gesamtemissionen des Jahres 1990 bis 2030 um mindestens 65 Prozent sinken, und bis 2040 soll über eine schrittweise Minderung Netto-Treibhausgasneutralität („Klimaneutralität“) erreicht sein.
Pflicht
Das Klimaschutzgesetz schreibt den Kommunen vor, einen kommunalen Wärmeplan aufzustellen. Stadtkreise und Große Kreisstädte sind verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2023 einen kommunalen Wärmeplan zu erstellen und beim zuständigen Regierungspräsidium einzureichen.
Felder
Neben der klimaneutralen Wärmeerzeugung spielt der stärkere Ausbau von Fotovoltaik eine wichtige Rolle im Klimaschutzgesetz. Das Land möchte dabei mit gutem Beispiel vorangehen und auf landeseigenen Dächern Fotovoltaikanlagen installieren. pib