Die isländische Songwriterin Sóley hat im Innenhof des Alten Schlosses eines der schönsten, aber auch eines der kürzesten Konzerte der Open-Air-Saison gegeben. Leider kündete ihr Auftritt ganz leise davon, dass es mit diesem Sommer bald vorbei ist.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Ein bisschen haben Konzerte wie das von Sóley am Mittwochabend immer das Problem, dass das Publikum mit voller Aufmerksamkeit zuhören muss. Was, zugegebenermaßen, nicht so einfach ist, wenn der Mischer sich mit der Lautstärke sehr zurückhält und die Atmosphäre so fantastisch ist, dass man sich darüber nur allzu gerne austauscht. Zumal wenn man zu den Anhängern des Stuttgarter Clubs KimTimJim gehört, der jenes schöne, junge, coole Publikum versammelt, das manche gern leicht abfällig als Hipster bezeichnen.

 

Beim Auftritt von Dillon, der vergangenen Herbst das letzte Konzert im mittlerweile umgezogenen Rocker33 markierte, ging das gehörig schief. Am Mittwochabend im Alten Schloss – ursprünglich sollte das Konzert im Hinterhof des KimTimJim steigen – gelingt es rundum. Neben dem Reiterstandbild von Graf Eberhard im Barte steht Sóley Stefánsdóttir mit zwei Co-Musikern auf einer improvisierten Bühne und spielt verträumte Songs, die aber so abrupt enden, dass kaum jemand mit seinen Gedanken in den wolkenlosen Spätsommerhimmel abheben kann.

Ein bisschen wie Schumann, der alte Romantiker

Sóley steht an ihrem Keyboard und wenn sie darauf klimpert, dann hört es sich an wie wenn Robert Schumann, der alte Romantiker, an einem Sonntagmorgen mit dahingeworfenen Klavierfiguren den Herbst begrüßt. Die Isländerin, die Folk-Kennern als Mitglied der Band Seabear ein Begriff ist, hat dieses unglaublich weiche, skandinavische Timbre, das Tontechniker Nicht-Skandinaviern immer in die Aufnahme mischen wollen.

Mit ihrer Musik malt Sóley trotz minimalistischer Arrangements Bilder in warmen Farben. Ihre Band unterstützt sie dabei überaus zurückhaltend, bereichert die Klangfarbe aber um jene Gitarrensprenkel und die nötige Rhythmik, damit der Auftritt nicht zu einem arg reduzierten Pop-Liederabend gerät. Dass sogar die Glocke im Turm des Alten Schlosses passend schlägt, macht den Abend nur noch besser.

Dafür wäre der Innenhof auf Dauer ein bisschen eng

Ein kurzer Abend übrigens. Denn besagte Glocke, die ja viertelstündlich schlägt, kann gerade dreimal zu ihrem Spiel anheben, da ist das Konzert auch schon wieder vorbei. Ihr bisher einziges Album, „We sink“, ist komplett gespielt. Luftige, leichte Songs hat Sóley präsentiert, die noch reduzierter daherkommen als das, was man bisher von ihr kennt. Höchstens bei „Pretty Face“ geht der Beat nach vorne, dann klingt – Achtung! – Sóley ein bisschen wie U2 kurz vor der „Joshua Tree“-Phase.

Dafür wäre der Innenhof des Alten Schlosses auf Dauer aber doch ein bisschen eng. So findet hier eines der schönsten und ruhigsten, leider auch eines der kürzesten Konzerte dieses Sommers statt. Dies auch deshalb, weil das Publikum dieser ausgetüftelten, subtil verdichteten Popmusik tatsächlich mit voller Aufmerksamkeit zuhört.

Sóleys Musik klingt ein bisschen wie Filmmusik. Als Soundtrack würde sie Bilder von fallenden bunten Blättern, einen melancholischen Blick aus dem Fenster oder eine allein in ihrem spärlich beleuchteten Saal probende Balletttänzerin untermalen. An diesem bereits leicht kühlen Abend ist ihr Konzert die erste zarte Andeutung, dass es mit diesem Sommer bald schon wieder vorbei sein wird.