Der Korruptionsskandal in der Regierung Erdogan hat die Türkei erschüttert. Jetzt stellt die Justiz aller Ermittlungen ein – angeblich wegen mangel an beweisen. Die Oppositions schäumt.

Ankara – Schuhkartons voller Dollar-Millionen, dicke Banknotenbündel und eine Geldzählmaschine im Haus eines Politikersohns: Ende 2013 wurde die Türkei von einer aufsehenerregenden Korruptionsaffäre erschüttert. Für den damaligen Premierminister Recep Tayyip Erdogan war es die größte Herausforderung seiner Amtszeit, denn auch sein Sohn Bilal geriet ins Visier der Ermittler.

 

In einer landesweiten Aktion hatten türkische Ermittler Dutzende Verdächtige festgenommen, darunter zwei Söhne von Ministern aus Erdogans Kabinett, einen iranischen Geschäftsmann mit engen Verbindungen zur Regierung und den Vorstandschef der größten staatlichen Bank. Es ging um Geldwäsche, Schmiergelder bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sowie illegale Geldtransfers und Goldschmuggel, mit denen angeblich die Iran-Sanktionen unterlaufen wurden. Premierminister Erdogan sah in den Korruptionsermittlungen eine „schmutzige Operation internationaler Gruppen und finsterer Allianzen“ gegen seine Regierung. Hunderte Polizisten sowie mehrere Staatsanwälte, die mit den Ermittlungen befasst waren, wurden strafversetzt. Nachdem im Internet immer neue Bestechungsvorwürfe verbreitet wurden, ließ Erdogan die Dienste Twitter und YouTube in der Türkei verbieten.

Bereits im Mai hatte die Justiz ein Ermittlungsverfahren eingestellt, jetzt wurde auch das Hauptverfahren, das sich gegen 53 Beschuldigte richtete, aus Mangel an Beweisen beendet. Für den früheren Chef der staatlichen Halkbank, Süleyman Arslan, ist die Affäre allerdings noch nicht ausgestanden. In seiner Wohnung hatten die Fahnder in mehreren Schuhkartons 4,5 Millionen Dollar gefunden. Er habe das Geld „für wohltätige Zwecke gesammelt“, erklärte der Banker. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun weiter gegen Arslan – allerdings nur wegen nicht genehmigten Sammelns von Spenden. Das Geld wird zunächst einbehalten.

Türkische Oppositionspolitiker sind empört. Kemal Kilicdaroglu, der Vorsitzende der Republikanischen Volkspartei, empfahl der Regierungspartei, die Woche vom 17. bis 25. Dezember, in der die Bestechungsaffäre ihren Höhepunkt erreichte, künftig als „Woche der Diebe“ zu feiern.