Was können Städte und Gemeinden für die Natur tun? Eine Möglichkeit ist, kommunale Wiesen mit insektenfreundlichen Blumen zu bepflanzen. Aktion auch in Renningen

Weissach/Renningen - Die Wiese zwischen Bauhof und Edeka in Flacht war einmal schön grün. Jetzt ist da ein brauner Acker – und schöner wird es erst mal nicht. Bürgermeister Daniel Töpfer (CDU) ahnt, dass der ein oder andere Bürger die Stirn runzeln wird. Auch die Biologin Barbara Truckses kennt die Vorbehalte. „Hier wird jetzt nicht mehr so oft gemäht“, sagt sie. Auch im Winter lasse man die Pflanzen bewusst stehen. „Das schaut weder schön noch ordentlich aus, ist aber so gewollt“, erklärt Truckses.

 

Weissach ist eine von fünf Gemeinden im Kreis Böblingen, die beim Projekt „insektenfreundliche Kommune“ mitmachen. Eine der Maßnahmen wird es sein, dass die Bauhof-Mitarbeiter künftig gemeindeeigene Beete, Flächen und Wiesen mit regionalen Samen bepflanzen und somit Lebensraum für Insekten schaffen. „Bei Blütenmischungen gibt es Unterschiede wie Tag und Nacht“, berichtet Töpfer, der sich ebenfalls schon ins Thema eingearbeitet hat. „Es ist richtig spannend, was wir da gelernt haben.“

Privaten Gärten und Balkone bieten viel Potenzial

Koordinatorin ist Barbara Truckses, die Geschäftsführerin des Landschaftserhaltungsverbands (LEV), ein Verein, bei dem alle Kommunen im Kreis Böblingen Mitglied sind. „Am wichtigsten ist die Information der Bevölkerung“, sagt sie. Die Leute müssten wissen, dass die insektenfreundlichen Beete nicht ungepflegt sind, auch wenn sie so aussehen. Aber auch die privaten Gärten und Balkone würden viel Potenzial bieten, selbst solche Samenmischungen auszubringen. „Es wird dabei nicht sofort eine üppige Blumenpracht geben“, erklärt sie und nennt wilde Möhren, Malven, Kornblumen und die Königskerze. „Die heimischen Pflanzenarten brauchen Zeit.“

1,5 Hektar Blühflächen sind bereits in den fünf Pilot-Kommunen Weissach, Bondorf, Mötzingen, Jettingen und Deckenpfronn ausgebracht. Martin Wuttke, der stellvertretende Landrat, unterstützt die Artenvielfalt. „Wenn das Projekt erfolgreich ist, wollen wir werben, dass es auch die anderen Kommunen im Kreis umsetzen“, kündigt er an. Wichtig sei es, innerörtliche Flächen aufzuwerten, ohne dass es sofort zum Biotop wird, was die innerörtliche Entwicklung dann verkompliziert. „Das massive Artensterben ist eines der großen Probleme unserer Zeit und besonders betroffen sind dabei die Insekten“, sagt Wuttke.

„Wir übernehmen gern die Vorbildfunktion für andere Kommunen“, sagt Weissachs Bürgermeister. Begonnen habe man mit dem Insektenschutz schon vor einiger Zeit. Zum Beispiel, indem man regionales Saatgut einsetzt, weniger oft mäht und Altgrasstreifen stehen lässt, um Lebensraum für Insekten zu schaffen.

Renningen macht bei einem Nabu-Projekt mit

Renningen will ebenfalls für mehr Blumenvielfalt und Insektennahrung tun, kooperiert dabei aber mit dem Nabu. Mit sieben städtischen Flächen macht Renningen bei dem Nabu-Förderprojekt „Natur nah dran“ mit. „Die Bevölkerung darf sich auf mehr lebendige Natur mitten in ihrer Stadt freuen“, sagt Nabu-Projektleiter Martin Klatt, als er am Mittwoch mit Bürgermeister Wolfgang Faißt den Startschuss gibt. „Schließlich profitieren nicht nur Bienen und Schmetterlinge – die naturnahen Flächen laden auch Kinder, Erwachsene und Senioren zum Verweilen, Staunen und Erleben ein.“

Renningen ist eine von 15 Kommunen in Baden-Württemberg bei dem Projekt, das das Umweltministerium mit bis zu 15 000 Euro fördert. Darin enthalten sind Workshops für die Stadt-Angestellten. „Der Untergrund sollte für das Gedeihen der Wildpflanzen möglichst mager sein und keine Samen oder Wurzelstücke weniger erwünschter Pflanzen enthalten“, nennt der Naturgartenplaner Reinhard Witt ein Beispiel, was die Bauhof-Mitarbeiter künftig beachten müssen.