Die IG Metall kritisiert die Pläne von Finanzinvestor KKR, den Küchenausstatter WMF von der Börse zu nehmen. Dadurch verschafft sich der Mehrheitseigentümer mehr Freiheiten. Die WMF-Hauptversammlung vom Mai könnte die letzte gewesen sein.

Stuttgart - Kleinaktionäre der WMF sind in den vergangenen Jahren immer weiter ausgeschlossen worden – nun werden sie komplett ausgebootet“, sagt Bernd Rattay, der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Göppingen-Geislingen. Dabei sei die WMF-Aktie in den vergangenen Jahren eine sehr solide Geldanlage gewesen, der Kurs entwickelte sich positiv, nur die Dividenden waren zuletzt immer magerer ausgefallen. Rattay sieht nach dem angekündigten Rückzug der WMF von der Börse (wir berichteten) aber auch die Verunsicherung in der Belegschaft am Stammsitz in Geislingen wachsen. Dieser Schritt verstärke die Sorge vielen Mitarbeiter, beim bereits eingeleiteten Stellenabbau könnte alles noch viel schlimmer kommen. „Die Befürchtungen, alles Gewohnte und Traditionelle löst sich auf, werden lauter“, beschreibt Rattay die Stimmung vor Ort.

 

Der Gewerkschafter will zwar nicht als Sprecher der Anteilseigner auftreten, dennoch wurde er in den vergangenen Tagen genau von vielen dieser Kleinaktionäre in Geislingen angesprochen. „Egal wo ich hinkomme, ob zum Friseur oder in die Bäckerei, die Leute fragen mich, was es für sie bedeutet, dass KKR die WMF von der Börse nehmen will.“ Der US-Finanzinvestor Kohlberg Kravis Roberts & Co hatte dies am Mittwoch angekündigt.

Der Unternehmenswert soll in fünf Jahren verdoppelt werden

Rattay antwortet den verunsicherten Besitzern von Vorzugsaktien – oftmals ehemalige oder aktuelle WMF-Beschäftigte – dass sie zwar einmalig Geld bekommen, aber nicht mehr am Erfolg beteiligt sein werden, sollte die Strategie des Mehrheitseigentümers aufgehen. Dieser habe dem Vorstand um WMF-Chef Peter Feld das Ziel vorgegeben, den Unternehmenswert innerhalb von fünf Jahren zu verdoppeln. Eine Strategie, die mit einem umfangreichen Sparprogramm, der Verschlankung des Sortiments sowie der Schließung zahlreicher Filialen und Logistikstandorte einhergeht. Die Maßnahmen werden zahlreichen Beschäftigten ihren Job kosten, die Gewerkschaft spricht von mehr als 400 bedrohten Arbeitsplätzen allein in Geislingen und mindestens 600 Stellen insgesamt.

KKR hatte im Juli 2012 die Mehrheit der Anteile von der Schweizer Beteiligungsgesellschaft Capvis übernommen und hält heute 71,6 Prozent der WMF-Stammaktien. Der Einstieg der Amerikaner erfolgte damals allerdings gegen den Willen des zweiten Großaktionärs, der Fiba Beteiligungs- und Anlage GmbH des österreichischen Unternehmers Andreas Weißenbacher. Nach zwei Jahren hat dieser nun seinen Widerstand aufgegeben und einem Tausch seiner Sperrminorität von 25,1 Prozent der WMF-Stammaktien gegen eine Beteiligung an der Holding zugestimmt, über die KKR das Unternehmen steuert.

Für einen Rückzug von der Börse, an der das Unternehmen seit 1887 notiert ist, braucht KKR allerdings auch noch mehr als 75 Prozent der Vorzugsaktien, die bis auf einen kleinen Teil im Streubesitz sind, und hat allen Aktionären daher ein Angebot von 53 Euro je Aktie gemacht. Sollte dieser Schritt gelingen, gehe ein weiteres Stück regionale Anbindung verloren, kritisiert der IG-Metall-Bevollmächtigte.

KKR will einen dreistelligen Millionenbetrag investieren

Kurzfristig würde ein Börsenausstieg und der damit verbundene Wegfall rechtlicher Pflichten bedeuten, dass der Finanzinvestor sich „leichter Rendite aus dem Unternehmen holen könnte“, sagt Rattay. Dazu sei KKR auch gewissermaßen gezwungen, schließlich kostet der Aufkauf der Vorzüge die Amerikaner einen dreistelligen Millionenbetrag. Die langfristigen Konsequenzen für die Beschäftigten seien dagegen noch nicht absehbar. Denkbar wäre etwa der Verkauf von Unternehmensteilen bei einem möglichen Ausstieg von KKR, mit dem Beobachter in vier bis fünf Jahren rechnen. „Die Verwertungsmöglichkeiten werden sich verbessern“, glaubt Rattay.

Die WMF soll internationaler werden. Das ist eine der Kernbotschaften von Peter Feld, der seit August 2013 Vorstandsvorsitzender des Küchenausstatters mit den 160-jährigen schwäbischen Wurzeln ist. Feld wird seither nicht müde zu betonen, dass es höchste Zeit sei, „die Internationalisierung des Unternehmens endlich zu beschleunigen“ und die WMF „fit für den Weltmarkt“ zu machen, um in ein paar Jahren „ein erfolgreicher Global Player und die Nummer eins in den Märkten für Tisch und Küche sowie für professionelle Kaffeemaschinen“ zu sein. Zuletzt vor großem Publikum gesagt hat der 49-jährige Nordrhein-Westfale diese Sätze am 22. Mai 2014 auf seiner ersten Hauptversammlung als Vorstandschef der WMF. Es war die 131. ordentliche Hauptversammlung des Unternehmens – und es könnte auch die letzte gewesen sein.