Zwei Wochen vor der Volksabstimmung zu Stuttgart 21 hat die SPD die Kritik an der Fragestellung zurückgewiesen. Die Bürger hätten schon schwierigere Fragen verstanden.

Stuttgart - Knapp zwei Wochen vor dem Volksentscheid zu Stuttgart 21 sind im baden-württembergischen Landtag erneut die unterschiedlichen Positionen bei dem Thema aufeinandergeprallt. Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) verteidigte am Donnerstag das Vorgehen der grün-roten Landesregierung bei dem umstrittenen Milliardenprojekt. Er wies Kritik an der Fragestellung zu dem Volksentscheid am 27. November zurück. Bei kommunalen Bürgerentscheiden seien schon wesentlich schwierigere Fragestellungen verwendet worden. Und diese hätten die Bürger auch verstanden.

 

Die Unterstützer des Projekts von CDU und FDP monieren vor allem, dass Befürworter des Tiefbahnhofs bei dem Referendum wegen der komplizierten Fragestellung mit „Nein“ statt mit „Ja“ stimmen müssten. „Die Fragestellung ist unverständlich“, sagte der CDU-Politiker und frühere Verkehrsminister Ulrich Müller. Drei Viertel der Mitglieder des Landtags sowie eine Mehrheit der Bevölkerung wollten die entsprechenden Verträge nicht kündigen. Ein Ausstieg würde einen gewaltigen politischen und wirtschaftlichen Schaden für das Land bedeuten. Die Höhe möglicher Schadensersatzansprüche bei einer Beendigung der Verträge mit der Bahn sind in der grün-roten Landesregierung selber umstritten.

Ausstiegskosten etwa bei 350 Millionen Euro

Ministerpräsident Winfried Kretschmann geht wie Verkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne) davon aus, dass die Ausstiegskosten etwa bei 350 Millionen Euro liegen und nicht, wie von Bahn und SPD behauptet, bei 1,5 Milliarden Euro. Teile der SPD und auch Wirtschaftsminister Nils Schmid sind für den geplanten Tiefbahnhof. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Andreas Schwarz warnte erneut vor ausufernden Kosten bei dem Vorhaben. Ein Kündigungsgrund seien die steigenden Baukosten, wenn der Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro gesprengt werde.

Der CDU-Politiker Müller wies darauf hin, dass die mit der Bahn geschlossenen Verträge gar keine Möglichkeit zur Kündigung enthielten. „Die Bahn hält den Kostenrahmen ein.“ Justizminister Stickelberger sagte, der Staat habe die Möglichkeit, den Vertrag zu lösen. Zu der Kostendiskussion sagte er, Kalkulationen seien aber nicht die Primäraufgabe im Bereich des Justizministers. „Wir setzen auf die Entscheidungskraft der Bürger.“

Geänderte Willensbildung als Kündigungsgrund

Ein Kündigungsgrund sei das Ergebnis der Volksabstimmung, wenn sich die Bürger für einen Ausstieg aussprechen würden. „Eine geänderte Willensbildung des Volkes kann einen Kündigungsgrund darstellen.“ Ein Erfolg der Gegner des Milliarden-Bahnprojekts gilt aus formalen Gründen als unwahrscheinlich. Die Volksabstimmung könnte eine Kündigung der Finanzierungsvereinbarung des Landes zu Stuttgart 21 zur Folge haben, wenn mindestens 33,33 Prozent der Wahlberechtigten dafür votieren. Das wären 2,5 Millionen Baden-Württemberger. Zum Vergleich: Die Grünen kamen bei der Landtagswahl im März auf 1,2 Millionen Stimmen.

Der frühere Justizminister Ulrich Goll (FDP) erklärte, die Kostensteigerungen seien reine Spekulation. Es gebe im Moment keinen Kündigungsgrund und es sei äußerst unwahrscheinlich, dass jemals einer entstehen werde.