Würde die Auslichtung im Schlossgarten die Schadstoffwerte senken? Der Standort der Messstation erfüllt die gesetzlichen Vorgaben.

Stuttgart - In der Debatte über den Standort der Feinstaub- und Stickstoffdioxid-Messstelle am Neckartor gibt es seit Donnerstag einen bemerkenswerten Vorschlag zur Reduzierung der überhöhten Schadstoffwerte. Bei einem Workshop des Verkehrsministeriums regte der parlamentarische Berater der CDU-Landtagsfraktion, Manuel Zipperer, an, die „Auslichtung des Baumbestandes im Schlossgarten“ zu prüfen. Das sei „im Sinne des Gesundheitsschutzes“, so der CDU-Mann aus Backnang.

 

Bei dem Workshop erläuterten Vertreter des Ministeriums und Eva Bell, Präsidentin der mit der Messung beauftragten Landesanstalt für Umwelt und Messungen (LUBW), die Standortwahl. Die Messstelle am Neckartor war 2001 bis 2004 schrittweise auf Vorschlag der damals von CDU und FDP geführten Landesregierung und des Regierungspräsidiums aufgebaut worden. Es gebe „ein Bürgerrecht auf reine Luft“, so Bell. Die Messstelle könne nicht nur, sie müsse sogar an dieser Stelle stehen, nur dann genüge sie der Bundesimmissionsschutzverordnung, also den gesetzlichen Vorgaben. Alle vorgeschriebenen Abstände würden eingehalten, die Entfernung zur Kreuzung von mindestens 25 Meter mit rund 40 Meter sogar deutlich übererfüllt. Die Einrichtung zählt zu den 32 Spotmessstellen im Land, die alle an innerörtlichen Straßen mit viel Verkehr und schlechter Durchlüftung liegen.

Behördenleiterin: Bäume wirken wie Wand

Bell sagte auch, dass die Bäume im Schlossgarten auf die Luftsituation „wie eine Wand“ wirkten. Ob das Abholzen der Bäume eine Maßnahme zur Luftreinhaltung sein könne „wissen wir nicht“, so Bell. Ihre Behörde habe keine Entscheidungsgewalt über den Schlossgarten.

Um zu zeigen, dass der gewählte Ort für die Messstation repräsentativ ist, hatte die LUBW schon 2005/2006 und 2015 umfangreiche Profilmessungen veranlasst. Sie bestätigen die Überschreitung des Stickstoffdioxid-Grenzwertes von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel entlang der Cannstatter Straße. 2017 wurden an der Station 73 Mikrogramm erreicht. Seit dem Beginn der Messungen gibt es einen deutlichen Rückgang, „die Tendenz ist positiv, wir sind aber nicht am Ziel“, so Bell. Durch die schnelle Flottenmodernisierung sinke der Stickstoffdioxidwert, sagte Christoph Erdmenger, Leiter der Abteilung Nachhaltige Mobilität im Ministerium.

Fahrverbot droht

Wegen der dauerhaften Überschreitung hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart 2016 auf Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ein schnellstmögliches stadtweites und ganzjähriges Fahrverbot für Diesel unterhalb Euro 6 und Benziner unter Euro 3 ausgesprochen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies im Grundsatz im Februar bestätigt, das ausführliche Revisionsurteil soll Mitte Mai veröffentlicht werden.

In der Folge des Fahrverbots-Urteils waren Messpunkt und der politisch zuständige Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) von CDU, FDP und AfD im Gemeinderat, Land- und Bundestag diskreditiert worden. Die Grünen seien „bemüht, Höchstergebnisse zu messen“, sagte die FDP-Bundestagsabgeordnete Judith Skudelny, vielleicht in Unkenntnis der Vorschriften.

Messstation wurde überprüft

Die Junge Union forderte indirekt den Rücktritt von Hermann, weil dieser im Bundesrat gegen die Überprüfung der Messstellen gestimmt hatte. Er nehme damit „rechtswidrige Fahrverbote in Kauf“, so JU-Vorsitzender Maximilian Mörseburg. „Wir überprüfen die Messstellen kontinuierlich und brauchen dazu keine Initiative des Bundesrates“, sagte Erdmenger,

Die LUBW hatte ihre 40-seitge Dokumentation zu den gesetzlichen Anforderungen und der Repräsentativität der Messstelle Ende 2017 öffentlich zugänglich ins Internet gestellt (https://bit.ly/2HOpO0E). Die „Faktenleugnung“ müsse ein Ende haben, „es muss in die Lande getragen werden, dass die Messstellen richtig stehen“, sagte Stefan Frey, Vorstandsmitglied des Landesnaturschutzverbandes, beim Workshop.