Die Initiative „BildungAberSicher“ fordert in einem Schreiben an das Land eine Umkehr des Prinzips an Schulen. Coronamasken sollen grundsätzlich erlaubt sein, nicht nur im Einzelfall. Wie das Land auf die Forderung reagiert.

Digital Desk: Philip Kearney (kea)

Der Maskenstreit an Schulen in Baden-Württemberg geht weiter. Nachdem das Regierungspräsidium Karlsruhe erklärt hatte, dass Schüler im Regierungsbezirk Karlsruhe nur in Einzelfällen und nach voriger Genehmigung der Schulleitung eine Maske im Unterricht tragen dürfen, woraufhin das Kultusministerium mahnte, dass das Thema Masken „großzügig“ und „pragmatisch“ zu handhaben sei, hat sich die Initiative „BildungAberSicher“ zu Wort gemeldet.

 

Die Elterninitiative, die sich für mehr Infektionsschutz in Kindergärten und Schulen einsetzt, forderte am Donnerstag in einem Schreiben an den Landtag und die Landesregierung: „Das Tragen eines medizinischen Mund-Nasen-Schutzes (MNS) aus Gründen der Infektionsprävention an den Schulen Baden-Württembergs muss auch ohne vorherige Antragstellung für alle Kinder und Jugendliche sowie alle Lehrkräfte möglich bleiben!“

Elterninitiative fordert Änderung des Schulgesetzes

Die Initiative fordert, dass der Paragraf 72 Abs. 3a des Schulgesetzes Baden-Württemberg, auf den sich das Regierungspräsidium Karlsruhe in seiner Rechtsauffassung bezieht, „nachgebessert“ wird. Das Gesetz besagt, dass Schülern öffentlicher Schulen die Verhüllung des Gesichts untersagt ist, es sei denn, dies ist zur Erfüllung einer Rechtspflicht erforderlich.

Im Gesetzestext heißt es weiter: „Die Schulleiterin oder der Schulleiter kann Ausnahmen im Einzelfall aus schulischen oder gesundheitlichen Gründen zulassen.“

Unverständnis über aktuelle Maskenregel an Schulen

Die Elterninitiative weist darauf hin, dass das Gesetz beschlossen wurde, um das Tragen von religiösen Verschleierungen – wie etwa die Burka – zu verhindern. Sie wirft dem Regierungspräsidium Karlsruhe vor, den Paragrafen neu auszulegen.

„Dass ausgerechnet diejenigen Menschen, die sich und andere schützen wollen, einen formalen Antrag bei der Schulleitung stellen müssen“, kann die Elterninitiative nicht nachvollziehen.

Maske als einzige Schutzmöglichkeit im Unterricht

Die Initiative betont, dass es besonders für Angehörige von sogenannten Schattenfamilien, also Menschen, in deren Familie mindestens eine Person mit gesundheitlichen Einschränkungen lebt, „essenziell“ ist, Infektionen vorzubeugen.

Durch den Wegfall der Möglichkeit, die Schüler von der Präsenzpflicht zu befreien, sei das Maskentragen aktuell die einzige Möglichkeit, sich im Unterricht zu schützen.

Land sieht keinen Grund zur Gesetzänderung

Das Land teilte auf der Plattform X mit, dass der Paragraf 72 Abs. 3a des Schulgesetzes Baden-Württemberg aus Sicht des Kultusministeriums nicht verfassungswidrig sei und daher keine Veranlassung für eine Anpassung des Schulgesetzes bestehe.

Es betonte erneut, dass Schüler aus gesundheitlichen Gründen Maske tragen dürfen. „Das Schulgesetz deckt dieses pragmatische Vorgehen.“

Land spricht sich pragmatische Handhabung aus

Das Kultusministerium teilte auf seiner Webseite mit, dass die Schulleitung das Maskentragen in ihrer Schule einfach durch Duldung zulassen könne. Der Sprecher für Bildung der Fraktion Die Grünen, Thomas Poreski, bekräftigte dies gegenüber unserer Zeitung: „Es braucht keine förmliche ‚Antragstellung‘, denn das Schulgesetz fordert keine bestimmte Form für die Zulassung der Masken.“

Der CDU-Fraktionsvorsitzende des Arbeitskreises für Kultus, Jugend und Sport, Alexander Becker, erklärte: „Es steht für mich außer Frage, dass in Zeiten von Atemwegserkrankungen und einer hohen Anzahl von Covid-Infektionen der individuelle Gesundheitsschutz wichtig und das Tragen einer Atemschutzmaske möglich ist, auch in der Schule.“ Die Schulleitungen bräuchten dafür den notwendigen Ermessensspielraum. „Ob dazu eine Änderung des §72 Abs. 3a erforderlich ist, ist rechtlich zu prüfen.“

Weniger Schüler leiden unter akuten Atemwegserkrankungen als im Vorjahr

Die Zahl der akuten Atemwegserkrankungen in Baden-Württemberg und Bayern ist mit 6460 Fällen je 100 000 Einwohner aktuell auf einem ähnlichen Stand wie im vergangenen Jahr.

Nicht jedoch bundesweit bei den Schülern. Hier ist die Zahl der akuten Atemwegserkrankungen dieses Jahr deutlich niedriger als 2022. Gab es in der vergangenen Woche 17 385 Fälle je 100 000 Einwohner zwischen 5 und 14 Jahren, wurden in der gleichen Kalenderwoche im Vorjahr noch 31 079 Fälle registriert.

Strafanzeige gegen Regierungspräsidium Karlsruhe

Nicht nur die Initiative „BildungAberSicher“ ist mit der aktuellen Maskenregelung an Schulen nicht einverstanden. Wie die Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegenüber unserer Zeitung bestätigte, ist bei ihr in diesem Zusammenhang eine Strafanzeige gegen „unbekannte Verantwortliche des Regierungspräsidiums Karlsruhe“ eingegangen.

In der Anzeige geht es unter anderem um den Vorwurf der Körperverletzung im Amt sowie des Verdachts der Rechtsbeugung. Ob es sich beim Anzeigenerstatter um einen Schüler, Elternteil oder Lehrer handelt, ist unklar. Bekannt ist lediglich, dass die Person nicht im Regierungsbezirk Karlsruhe wohnt.