Mit viel bürgerschaftlichem Engagement wurde unter der neuen Vorsitzenden Luisa Händle der MGV und sein Vereinsheim Berger Plätzle wieder zur guten Stube des Stadtteils

Lokales: Armin Friedl (dl)

Stuttgart - Authentisch ist ein Gütesiegel, das heute bei vielen mehr Glaubwürdigkeit hat als Superlative wie „das Beste“, „das Tollste“ oder „das schönste“. Und als „authentisch“ beschreiben heute vor allem jüngere Menschen das Berger Plätzle, das Vereinsheim vom MGV Stuttgart-Berg am Rande des Parks der Villa Berg. Das berichten Luisa Händle und Norbert Nörpel einstimmig. Letzterer ist ein Vereinsurgestein, der dem Verein und seinem Vereinsheim seit dessen Erbauung anfang der 1970er Jahre treu geblieben ist in den verschiedensten Funktionen.

 

Auch nach 50 Jahren noch gut erhalten

Luisa Händle ist seit Oktober 2020 die Vorsitzende des MGV und hat als Innenarchitektin im Hauptberuf auch die professionelle Einschätzung dazu, was sich dem Auge des Betrachters bietet beim Betreten des Berger Plätzle: Ein Mobiliar, das ziemlich so beibehalten wurde aus den Anfangsjahren mit linsengrünen Stoffbezügen, viel dunklem Holz und Bodenfliesen in gebranntem Ton. Das hat also nun schon 50 Jahre auf dem Buckel und sieht immer noch sehr gut erhalten aus. Da haben die MGVler ihr Heim über die Jahrzehnte hinweg sehr gut gehegt und gepflegt.

Vom Wandel der Zeit ist der MGV samt Heim damit aber nicht verschont geblieben: Beide standen Anfang 2020 kurz vor der Auflösung. Denn der MGV, also ausformuliert der Männergesangsverein – war zu diesem Zeitpunkt längst kein Männergesangsverein mehr. Dazu kamen noch interne Querelen, ein erheblicher Renovierungsbedarf des Vereinsheim – und schon standen beide Einrichtungen vor der Auflösung.

Hochbeete, Leuchtsterne und Quartiersquartette

Das konnte dann doch noch verhindert werden, Luisa Händle und andere haben den Verein im Stadtteil und das dazugehörige Vereinsheim neu entdeckt. Sie haben ein Füllhorn an Ideen ausgeschüttet. Die Hochbeete mit Gemüse passend zu den Jahreszeiten gehören schon zum Erscheinungsbild. Jetzt, in der dunklen Jahreszeit, prangten viele Leuchtsterne an den Sträuchern und Bäumen. Bewährt haben sich die so genannten Quartiersquartetten, in denen jeweils vier Menschen aus dem Verein oder überhaupt aus dem Stadtteil je drei Monate lang jeweils vier Leute mit sehr unterschiedlichem Alter Themen wie Singen, Kochen, Gärtnern oder Schaffen gemeinsam erarbeitet haben. Für die Hochbeete gibt es inzwischen Patenschaften. Und für das Vereinsheim wurde eine Spendenaktion ins Leben gerufen. So wird der Verein wie sein Vereinsheim zur guten Stube dieses Stadtteils, der vor allem an den Wochenenden gerne überrannt wird von den Besuchern der Mineralbäder, der Volks- und Frühlingsfeste oder von den Spaziergängern der Anlageseen.

Lieder oberhalb des 50. Breitengrads

Aber auch Gesanglich tut sich Einiges. Ein großer Chor, selbstverständlich gemischt, wurde gegründet. Der ist in seiner Stimmenzahl noch überschaubar, ambitioniert ist aber das anstehende Projekt mit dem Titel „Norden – Lieder oberhalb der 50. Breitengrads“. Unter der Leitung von Anna-Maria Wilke sollen da Lieder und Lyrik aus Skandinavien, England, Irland oder Schottland erklingen. Da dürfen gerne noch Teilnehmer dazukommen. Der Kinderchor trifft sich schon einmal wöchentlich im Vereinsheim. Unter der Leitung von Julia Kammerlander stehen Proben mit Spaß und Bewegung im Mittelpunkt, die künftige Sangesgeneration im Alter zwischen fünf und sieben Jahren soll Stimm- und Atemtraining mit viel Freude an der Sache verbinden. Und es gibt den Plätzle-Chor, den Chor für die Junggebliebenen im MGV. Das Repertoire umspannt Volkslieder, klassische Musik, Operetten und vieles mehr. Geleitet wird der von Alevtina Prokhorenko, auch sie seit vielen Jahren dem MGV verbunden.

Viel Eigenleistung gehört dazu

Die Stühle für den Kinderchor wurden selbst renoviert, die neue Küche hat eine Stiftung finanziert, jetzt wird das Retro-Mobiliar in Eigenregie erneuert mit viel Sorgfalt, damit der Charme erhalten bleibt. Jetzt geht es an die Wiedereröffnung der Gastronomie. Auch da hat eines der Anwohnerquartette an einer neuen Speisekarte gearbeitet, auch da werden Ehrenamtliche benötigt. Als nächstes stehen die Sanierungen von Kühl- und Belüftungsanlagen auf dem Programm. Da gibt es mal einen Zuschuss vom Bezirksbeirat, da müssen aber auch Eigenmittel und Spenden greifen. Ein richtiges Großprojekt sind die anstehende Sanierung von Dach und Heizung, da muss aber erst mal der Finanzierungsbedarf ermittelt werden. „Die meisten Reparaturarbeiten werden von unserem Schaffens-Quartett in Eigenleistung in Angriff genommen. Dieses besteht aus einem pensionierten Elektriker, einem pensionierten Installateur und zwei Allroundern. Die leisten Großartiges“, lobt Händle. Bei den anstehenden Großprojekten werden aber auch wieder Zuschüsse und Spenden notwendig sein. Denn die derzeit etwa 140 Vereinsmitglieder können die laufenden Kosten von etwa 24 000 Euro finanzieren, mehr aber nicht.