Hunderttausende Wohnungen werden gebraucht, aber zu wenige gebaut. Wie kommt die Baubranche wieder in Schwung? Beim Treffen im Kanzleramt hat die Regierung konkrete Pläne vorgelegt. Doch wie realistisch sind diese? Und was sagt die Statistik?
26.09.2023 - 13:21 Uhr
Mehr Unterstützung für Familien beim Kauf oder Bau der eigenen vier Wände, neue Steuervorteile bei Bauprojekten und die Abkehr von geplanten Energiestandards: Mit 14 Vorhaben will die Ampelkoalition erreichen, dass mehr gebaut wird.
„In Deutschland müssen mehr bezahlbare Wohnungen gebaut werden“, betonte Kanzler Olaf Scholz (SPD) zum Krisentreffen der Regierung mit der Baubranche.
Das Paket werde „viel verändern und viel möglich machen“, versprach auch Bauministerin Klara Geywitz.
Das Wohnungsbau-Paket der Ampelkoalition enthält folgende Maßnahmen
- Verzicht auf den im Koalitionsvertrag für 2025 vereinbarten Energiesparstandard EH40 für Neubauten: Ein Bedarf von 40 Prozent der Energie eines Vergleichsneubaus. Derzeit gilt der Standard EH55 für Neubauten. EH40 sollte den Energiebedarf für Heizen weiter senken und damit auch den Ausstoß von Klimagasen. Doch wird das Bauen damit aufwendiger und teurer.
- Reform der Eigentumsförderung für Familien: Die Einkommensgrenze einer Familie mit einem Kind soll von 60 000 auf 90 000 Euro erhöht werden, je weiterem Kind können 10 000 Euro hinzuverdient werden.
- Programm für den Kauf sanierungsbedürftiger Häuser
- Umbau leer stehender Büros und Läden zu neuen Wohnungen
- Steuervorteile durch besondere Abschreibungsregeln: Der Klimabonus, der Hauseigentümer beim Tausch alter, fossiler gegen neue, klimafreundliche Heizungen fördert, soll erhöht und auch auf Wohnungsunternehmen und Vermieter ausgeweitet werden.
- Flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer durch die Länder
- Start der Wohngemeinnützigkeit 2024: Dabei sollen Vermieter, die dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen, steuerlich begünstigt und gefördert werden.
- Serielles Bauen als Schlüsselinstrument: Damit sollen ohne aufwendige neue Verfahren einmal genehmigte Häuser auch in anderen Landkreisen gebaut werden.
Statistik zum Wohnen in Deutschland
Neubau
- Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, jährlich 400 000 neue Wohnungen zu schaffen.
Wohngebäude
- Zum Jahresende 2022 gab es in Deutschland 19,5 Millionen Wohngebäude mit rund 43,4 Millionen Wohnungen. Das waren 0,7 Prozent oder 282 800 Wohnungen mehr als Ende 2021.
- Diese Veränderung ergibt sich aus 295 300 im Jahr 2022 neu gebauten Wohnungen abzüglich 12 500 Wohnungen, die beispielsweise durch den Abriss von Gebäuden oder die Umwidmung von Wohn- zu Gewerbeflächen aus dem Wohnungsbestand fielen.
Wohnungsbestand
- Im Vergleich zum Jahresende 2012 erhöhte sich der Wohnungsbestand um 6,3 Prozent oder 2,6 Millionen Wohnungen.
- Die Wohnfläche vergrößerte sich um 7,4 Prozent auf vier Milliarden Quadratmeter.
- Damit wuchsen der Wohnungsbestand und die Wohnfläche in den vergangenen zehn Jahren stärker als die Bevölkerung in Deutschland, die in diesem Zeitraum um 4,8 Prozent beziehungsweise 3,8 Millionen auf 84,4 Millionen Menschen zunahm.
Eigentum/Miete
- Gemäß der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistikamtes leben derzeit 42,1 Prozent der deutschen Haushalte in den eigenen vier Wänden, 57,9 Prozent sind Mieterhaushalte.
- Deutschland ist damit das Mieterland Nummer eins in der EU. Deutlich niedriger lagen die Anteile unter anderem Frankreich (35,3 Prozent), Spanien (24,2 Prozent) oder Polen (13,2 Prozent).
Mietbelastung
- Die durchschnittliche Mietbelastungsquote vom zur Verfügung stehenden Monatseinkommen beträgt 27,8 Prozent.
Wohnfläche
- Die durchschnittliche Wohnfläche pro Person beträgt 55,5 Quadratmeter.
Alter der Bewohner
- Haushalte, in denen die Haupteinkommensbezieher mindestens 65 Jahre alt sind, nutzten im Jahr 2022 pro Person durchschnittlich 68,5 Quadratmeter Wohnfläche.
- 27 Prozent der alleinlebenden über 65-Jährigen wohnten 2022 auf je mindestens 100 Quadratmetern.
- Bei der nächstjüngeren Altersgruppe, den 45- bis 64-Jährigen, sind 54,8 Quadratmeter Wohnfläche.
Eigentumsfläche
- Wer im Eigentum lebt, hatte 2022 im Durchschnitt 65,1 Quadratmeter zur Verfügung, in einer Mietwohnung waren es mit 48,5 Quadratmetern deutlich weniger.
Wohnungsalter
- Je länger es zurückliegt, desto mehr Wohnfläche haben Haushalte durchschnittlich zur Verfügung. So hatten Haushalte, die vor 1999 in ihre Wohnung gezogen waren, 2022 im Schnitt 69,2 Quadratmeter pro Kopf zur Verfügung.
- Bei Haushalten, die erst seit frühestens 2019 in ihrer Wohnung lebten, waren es 47,5 Quadratmeter.
- 29 Prozent aller Haushalte in Deutschland hatten ein Einzugsjahr vor 1999 – das waren 11,4 Millionen Haushalte.
Stadt-Land-Mietgefälle
- Haushalte in Städten mit mehr als 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern hatten nach eigenen Angaben im ersten Halbjahr 2022 eine durchschnittliche Nettokaltmiete von 8,30 Euro pro Quadratmeter.
- Das waren 30 Prozent mehr als in Kleinstädten und ländlichen Gemeinden, wo die durchschnittliche Nettokaltmiete bei 6,40 Euro lag.
- In mittelgroßen Städten mit 20 000 bis 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern mussten private Haushalte im Schnitt 6,90 Euro pro Quadratmeter zahlen.
Zimmeranzahl
- Rund 8,6 Millionen Menschen in Deutschland lebten 2021 in überbelegten Wohnungen. Das waren 10,5 Prozent Bevölkerung.
- Als überbelegt gilt eine Wohnung, wenn sie über zu wenige Zimmer im Verhältnis zur Personenzahl verfügt.
- Bei der Bevölkerung in Haushalten mit Kindern lag die Überbelegungsquote 2021 bei 15,9 Prozent.
- Besonders betroffen waren Menschen in Haushalten, in denen zwei Erwachsene mit mindestens drei Kindern zusammenwohnten (30,7 Prozent), gefolgt von Alleinerziehenden und deren Kindern (28,4 Prozent).