Mobbing-Vorwürfe an Stuttgarter Gymnasium Schülerin verliert im Notenprozess

Am Schickhardt-Gymnasium ist noch kein Schulfrieden in Sicht. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Versuch einer Zwölftklässlerin, über eine Eilbeschwerde beim VGH Mannheim bessere Zensuren in mehreren Fächern zu erwirken, ist fehlgeschlagen. Der VGH wies die Beschwerde ab. Am Stuttgarter Schickhardt-Gymnasium eskaliert die Situation weiter. Und niemand greift ein.

Stuttgart - Am Schickhardt-Gymnasium im Stuttgarter Süden nehmen die Streitigkeiten um die Belange einer Zwölftklässlerin kein Ende. Die 18-Jährige, unterstützt von ihrer Mutter, versucht seit Jahren, durch Beschwerden bessere Konditionen für sich zu erwirken – auch auf dem Rechtsweg. Ihr Versuch, über eine Eilbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim bessere oder überhaupt Zensuren in mehreren Fächern samt entsprechendem Zeugnis zu erwirken, ist nun allerdings fehlgeschlagen.

 

Gericht: Versäumte Klausuren können nicht durch eine Hausarbeit ersetzt werden

Der VGH hat die Beschwerde in allen Punkten abgewiesen, der Beschluss sei unanfechtbar, heißt es in der Begründung. Damit wurde auch in zweiter Instanz die pädagogische Bewertung der Schule gestützt.

Es ging unter anderem um die Fächer Deutsch, Bildende Kunst, den Seminarkurs, Sport und Physik. Im Verlauf des Beschwerdeverfahrens hatte die Schülerin bei ihren Forderungen mehrfach nachgelegt. Zuletzt hatte sie im November 2020 beantragt, die Schule zu verpflichten, ihr für das Fach Deutsch zehn Punkte einzutragen, für das Fach Bildende Kunst „eine leistungsgerechte Note, mindestens aber acht Punkte“, gleiches für die Dokumentation des Seminarkurses; in Sport sollten statt der acht Punkte neun eingetragen werden, in Physik statt der elf Punkte zwölf. Zudem hatte sie verlangt, die Benotung des Kolloquiums mit null Punkten aus dem Zeugnis zu entfernen, ihr ein neues Kolloquium samt Vorbereitung zu ermöglichen und die Gesamtnote für den Seminarkurs dann neu zu berechnen.

Zudem hatte die Schülerin gefordert, versäumte Klausuren durch eine Hausarbeit zu ersetzen. Doch eine unterbliebene Leistungserbringung könne „nicht Gegenstand einer (Neu-) Bewertung sein“, befanden die Mannheimer Richter. Die Kosten für die gerichtliche Auseinandersetzung – Streitwert 5000 Euro – müsse die Schülerin tragen. Die von ihr beantragte Prozesskostenhilfe ist laut VGH abgelehnt worden, auch weil sie ihre persönlichen Verhältnisse nicht offengelegt habe.

Auch im Online-Unterricht kommt es zu Auseinandersetzungen mit der Zwölftklässlerin

Ungeachtet des erneut verlorenen Prozesses gehen die Konflikte im und rund um den Unterricht an der Kursstufe des Gymnasiums offenbar weiter und nehmen an Schärfe zu. Den Kunstunterricht hat aufgrund der gerichtlichen Auseinandersetzungen um öffentliche Aussagen der Zwölftklässlerin über ihre Kunstlehrerin bereits eine Kollegin übernommen. Doch selbst im coronabedingten Online-Unterricht kommt es offenbar auch mit anderen Lehrern immer wieder zu Auseinandersetzungen. Auch die Stuttgarter Justiz muss sich in mehreren Verfahren mit den Auswüchsen dieser Zerwürfnisse beschäftigen. Unter anderem damit, dass ein Mitschüler im Zeugenstand einer Verhandlung vor dem Landgericht erwähnt hatte, dass die Mutter der Zwölftklässlerin ihn im Gerichtsfoyer bedroht habe. In diesem Zusammenhang ist laut Staatsanwaltschaft Stuttgart eine Anzeige wegen Falschaussage eingegangen.

Manche Mitschüler erwägen einen Kurswechsel, um den Querelen zu entgehen

Nun fragt man sich nicht nur in der Elternschaft, wie lange eine solche Gesamtsituation noch tragbar ist. Viele Schüler seien stark belastet. „Manche überlegen, ob sie nicht von sich aus die Kurse wechseln sollen“, wird berichtet – nur um der 18-Jährigen auszuweichen und dadurch möglichen weiteren Auseinandersetzungen und Nachteilen für den ganzen Kurs aus dem Weg zu gehen. Schließlich stehen sie kurz vor dem Abitur. Auch die Pädagogen seien angespannt. In der Elternschaft heißt es: „Da werden Lehrer verbrannt.“ Gesprächsangebote von Rektor Ralph Nigl hatte die Mutter der 18-Jährigen abgelehnt, wie sie unserer Zeitung erklärt hatte. Dem Schulleiter hatte die Zwölftklässlerin öffentlich vorgeworfen, er hetze die anderen Lehrer gegen sie auf, und ihn wegen „psychischer Körperverletzung“ angezeigt. Doch die Staatsanwaltschaft sah keine Anhaltspunkte für strafbares Verhalten und verfolgte die Anzeige nicht. Die Elternschaft der Schule teilt die Vorbehalte der 18-Jährigen gegen den Rektor nicht. Im Gegenteil: „Wir stehen zu 100 Prozent hinter Herrn Nigl“, heißt es in der Elternschaft.

Regierungspräsidium sucht „im Rahmen des Möglichen“ nach Lösungen

Diese und der Schulleiter drängen seit geraumer Zeit darauf, dass das Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde eingreift und eine Lösung findet. Das Kollegium hatte schon vor gut drei Jahren einen Brandbrief ans RP geschrieben. Eine Sprecherin des RP erklärte auf Anfrage, seit Anfang an begleite die Behörde die Schulleitung und das Kollegium. Und: „Wir wissen um die belastende Situation für die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrerinnen und Lehrer. Daher sind alle Beteiligten im Rahmen des Möglichen in Gesprächen, um Lösungen zu finden. So stehen wir nicht nur in Kontakt mit der Schulgemeinschaft, sondern auch mit der Schülerin beziehungsweise ihrer Familie.“

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