Ein großes Werk vor der Brust, und dann fällt der Dirigent aus: So ging es der Sinfonia Marbach. Doch die Rettung nahte in Person von Lukas Bauer und Veronika Stoertzenbach. Und davon hat nicht nur das Orchester etwas.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Gerade 24 Jahre jung ist Lukas Bauer, aber wenn er vor der Sinfonia Marbach steht und das Orchester schwungvoll durch Mendelssohns vierte Sinfonie, die „Italienische“, lotst, macht er das eigentlich wie ein alter Hase. „Ich durfte schon als Gymnasiast in der Schule sinfonisch dirigieren“, erzählt Bauer. Das habe ihn so inspiriert, dass er bereits damals auch Chöre außerhalb der Schule übernommen habe. Danach begann er ein Kirchenmusikstudium in Tübingen. Dort wurde er Assistent der Dirigentin und Dozentin Veronika Stoertzenbach. „Sie hat mich sehr geprägt“, sagt er. Auch nach ihrem Abschied arbeitete er weiter für die emeritierte Koryphäe, etwa als Assistent bei Oratorienkursen.

 

Mission: Potenziale fördern

Veronika Stoertzenbach wiederum ist mit Cäcilie Ißler, der Vorsitzenden des Marbacher Orchesters, befreundet. Und das hatte ein Problem: Weil sein Leiter krankheitshalber länger ausfiel, stand es für sein Sommerkonzert mit dem anspruchsvollen Mendelssohn-Werk plötzlich führungslos da. Stoertzenbach sprang in die Bresche. Und sie brachte Lukas Bauer für das Projekt mit. „Die beiden begleiten uns so positiv, auch durch die schwierigen Stellen“, schwärmt Ißler, „dass wir nach den Proben immer das Gefühl haben, Mensch, wir sind ganz schön gut!“ Der Mendelssohn hat es für ein Amateur-Orchester in sich – unter anderem wegen des vertrackt schnellen letzten Satzes.

Lukas Bauer studiert noch, sowohl „klassische“ Kirchenmusik als auch Kirchliche Popularmusik. In beiden Studiengängen macht er den Master. Nebenher ist er schon fester künstlerischer Leiter des Fellbacher Kammerorchesters. Zu tun hat er also genug. Warum er sich trotzdem für das Marbacher Projekt einspannen ließ? Einerseits reizte ihn die Sinfonie, da sie instrumental vielfältiger besetzt ist als sein Fellbacher Orchester – auch mit Holz- und Blechbläsern.

„Außerdem mag ich die Arbeit mit Laien total“, sagt er, „mir gefällt die Lust und die Begeisterungsfähigkeit von Menschen, die sich in ihrer Freizeit so ein Werk erarbeiten wollen“. Das ist übrigens auch einer der Beweggründe für seine Orientierung Richtung Kirchenmusik: „Für mich ist Kirchenmusik nicht in erster Linie die Erfüllung künstlerischer Träume an der Orgel, sondern die Möglichkeit, Potenziale und Menschen in den Gemeinden zu fördern. Es ist mir wichtig, die Chance zu haben, möglichst viele Leute abzuholen“, erzählt Bauer. Und auf kirchliche Popularmusik legt er nicht zuletzt deshalb einen Fokus, „weil ich es wichtig finde, auch die Kirchenmusik unserer Generation auf ein qualitätsvolles Level zu bringen“.

Steile Lernkurve

Das Marbacher Orchester beeindrucke ihn mit Disziplin und Ehrgeiz, erklärt der Interims-Dirigent: „Das ist kein ,Wir spielen mal vor uns hin’, sondern eine Herangehensweise mit viel Wissbegierde und Einsatzbereitschaft.“ Er attestiert dem Orchester, in dem etwas mehr als 40 Frauen und Männer aus der ganzen Region spielen, eine „steile Lernkurve in kurzer Zeit“. Das sei auch deshalb nicht selbstverständlich, weil seit Probenbeginn im Februar Ferien und Feiertage die Kontinuität unterbrochen hätten.

Die Erfahrung in Marbach kann Lukas Bauer aber auch für sein Studium nutzen: Er wird für seinen Master eine Arbeit darüber schreiben, wie er sich das Werk mit dem Orchester erarbeitet hat – von der Schreibtischarbeit mit der Partitur über Überlegungen zur Interpretation bis hin zur konkreten Umsetzung. „Ich schreibe das bewusst aus der Perspektive des Musikstudenten, der sich einem Stück annähert“, berichtet Bauer. „Es ist keine Werkanalyse. Dazu gibt es schon genügend hervorragende Arbeiten.“

Spielvergnügen und Sprungbrett

Das Orchester
Die Sinfonia Marbach ist ein Laienorchester, das sich in Projektform trifft, um zwei Konzerte pro Jahr vorzubereiten. Das Augenmerk liegt unter anderem darauf, jungen Künstlerinnen und Künstlern aus der Region ein Forum zu bieten, um erste Erfahrungen als Solist machen zu können. Geprobt wird montags um 19.30 Uhr. Infos unter www.sinfonia-marbach.de.

Das Konzert
Das Matinée-Konzert erklingt am Sonntag, 18. Juni, um 11 Uhr in der Stadthalle Marbach. Neben der vierten Sinfonie von Mendelssohn Bartholdy stehen die „Italienische Ouvertüre“ und drei Sätze aus der Bühnenmusik zum Schauspiel „ Rosamunde“ von Franz Schubert auf dem Programm. Karten gibt es online über die Sinfonia-Website oder an der Tageskasse