Die türkische Regierung will den nach dem Putschversuch verhängten Ausnahmezustand mindestens bis ins Frühjahr hinein verlängern. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, das Parlament in Ankara solle darüber noch am Dienstag abstimmen.

Istanbul - Ministerpräsident Binali Yildirim hatte vor Beginn der Plenarsitzung in einer Ansprache vor seiner AKP-Fraktion angekündigt, die Regierung werde eine Verlängerung des Ausnahmezustands um weitere drei Monate noch in dieser Woche ins Parlament einbringen.

 

Notstand seit Juli 2016

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte den Notstand kurz nach dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 ausgerufen. Nach der ersten Verlängerung um drei Monate im Oktober wäre er in der Nacht zum 19. Januar ausgelaufen. Erdogan macht die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich.

Nach den Worten Erdogans ermöglicht der Ausnahmezustand eine effektivere Bekämpfung des Terrorismus. In der Silvesternacht hatte ein Terrorist einen Club in Istanbul angegriffen und 39 Menschen getötet. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat die Verantwortung übernommen. Am Montag hatte Vize-Ministerpräsident Numan Kurtulmus bereits gesagt: „Der Ausnahmezustand wird so lange dauern wie nötig.“

Per Dekret durchregieren

Während des Ausnahmezustands kann der Staatspräsident weitgehend per Dekret durchregieren. Die Dekrete haben Gesetzeskraft und müssen vom Parlament nur im Nachhinein abgenickt werden.

Von kommendem Montag an sich das Parlament nach Angaben Yildirims mit der geplanten Verfassungsreform zur Einführung eines Präsidialsystems beschäftigen. Wenn - wie von der Regierung angestrebt - mindestens 330 der 550 Abgeordneten für die Reform stimmen, kommt es vermutlich im Frühjahr zu einem Referendum. Yildirim hat angekündigt, dass ein solches Referendum nicht im Ausnahmezustand stattfinden solle. Die Reform würde Erdogan deutlich stärken und das Parlament schwächen.