Unsere Zeitung und die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen vergeben alle zwei Jahre einen Ehrenamtspreis – diesmal zum Thema Nachhaltigkeit. Hier verraten wir, wer welchen Platz belegt.

Filder/Esslingen - Zehn Projekte von der Filderebene haben es in die Endrunde des Ehrenamtspreises „Starke Helfer“ unserer Zeitung und der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen geschafft. Die Jury hat nun die Preise verteilt. Wir geben noch einmal einen Überblick über die Teilnehmer.

 

Platz 1: Zwei Foodsharing-Projekte

Es wirkt, als ob sich alte Freunde treffen. Alle duzen sich, es wird gelacht. Obwohl sich Annette Jickeli auf der einen Seite und Pia Hyvärinen, Marion Würth und Soufiane Raounane auf der anderen eigentlich nicht kennen, haben sie viel zu besprechen. Sie haben dieselbe Mission: Sie retten Lebensmittel vor der Mülltonne.

Annette Jickeli (56) aus Riedenberg holt für die Organisation Foodsharing regelmäßig in Läden in Sillenbuch Waren ab, die genießbar sind, sich aber wegen Schönheitsfehlern nicht mehr verkaufen lassen, zudem richtet sie als Foodsharing-Botschafterin Veranstaltungen aus, macht Bildungsarbeit oder instruiert Neulinge.

Auch Pia Hyvärinen (50) aus Degerloch, Marion Würth (62) aus Riedenberg und der Birkacher Soufiane Raounane (42) haben sich der Rettung von Essen verschrieben – im großen Stil. Das Trio bildet einen Arbeitszweig des Degerlocher Vereins El Palito und kooperiert mit dem Bio-Großhändler Ecofit. Die drei holen wechselnd einmal wöchentlich Obst und Gemüse ab. Zentnerweise. Eine Knochenarbeit, die jede Menge Organisation und Sortierarbeit vor Ort erfordert. Ob Foodsharing oder El Palito: Was die Mitglieder tun, tun sie freiwillig, unentgeltlich und schon seit Jahren. Für ihr Engagement sind beide Gruppen mit dem ersten Platz beim Ehrenamtspreis der Filder-Zeitung und der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen belohnt worden. Sie bekommen jeweils 1000 Euro.

Der gemeinsame Nenner der Aktivisten ist der Fair-Teiler in Stuttgart-Sillenbuch. Den Aufbau der öffentlich zugänglichen Hütte, in der Lebensmittel abgelegt werden können, hat die Foodsharing-Gruppe vorangetrieben, und auch für das El-Palito-Team ist das Häuschen eine der Haupt-Anlaufstellen, wenn das Auto mal wieder bis unters Dach voll ist mit Gurken oder Salatköpfen. „Seit der Fair-Teiler da ist, funktioniert es super“, findet Marion Würth.

Das Besondere: Nachhaltig ist hier nicht nur die Weiterverwendung von Essbarem, sondern auch der Effekt. „Es wird angenommen“, sagt Annette Jickeli und lehnt sich an die Holzhütte. „Hier trifft man Leute“, bestätigt Marion Würth. Tatsächlich herrscht ein Kommen und Gehen. Eine Mutter radelt mit zwei Kindern vorbei, die dann sofort ins Häuschen lugen, eine Frau nimmt Mayonnaise mit, eine andere fragt die Runde nach Kürbisrezepten. Der Einsatz inspiriert. Annette Jickeli berät Gruppen, die sich für die Lebensmittelrettung und einen eigenen Fair-Teiler interessieren, etwa in Birkach, Dürrlewang und Rohr. In Sillenbuch haben sich die Kirche und der Bezirksbeirat am Fair-Teiler beteiligt. Pia Hyvärinen nennt das ein beispielhaftes Modell.

Doch ohne Freiwillige geht es nicht. Pia Hyvärinen etwa erfährt oft erst kurzfristig, wie viel abzuholen ist. Ist es übermäßig viel, kommt ihr Netzwerk ins Spiel. „Ich habe einige Leute, die ich anrufen kann“, sagt sie. „Was für den einen ist zu viel, ist für drei ein Kinderspiel“, betont Annette Jickeli. Hilfreich seien digitale Medien wie Whatsapp-Gruppen oder Facebook. „Wenn ich fünf Kisten Bananen habe, kann ich nicht erst zwei Stunden telefonieren.“ Vielleicht ist das Engagement nachhaltiger, gerade weil es ehrenamtlich ist. „Man hat eine andere Motivation, wenn man es freiwillig macht“, findet Annette Jickeli.

Die Freude über den ersten Platz nun ist bei allen groß. Marion Würth will vom Preisgeld Klappboxen anschaffen. Zudem soll bei El Palito Geld in die Finanzierung des Warentransports an sich fließen. Das Trio benutzt Privatautos, zahlt das Benzin selbst. Annette Jickeli hat in einen Fahrradanhänger. „Damit brauche ich kein Auto mehr“, sagt sie.

Der wahre Antrieb ist und bleibt für die Lebensmittelretter jedoch ihr Idealismus. „Ich habe das Bedürfnis, etwas für die Gesellschaft zu tun. Das kann man nicht bezahlen“, sagt Soufiane Raounane. Marion Würth sagt, dass sie gelernt habe, „dass es nicht selbstverständlich ist, was zu essen zu haben“. Sie blickt auf den Fair-Teiler. „Man sieht hier viele Leute, die es brauchen.“

Platz 2: Repaircafé und Verschenkmarkt

Die Leute vom Verschenkmarkt in Waldenbuch und vom Repaircafé Leinfelden-Echterdingen schenken Gebrauchsgegenständen ein zweites Leben. Beim Verschenkmarkt findet einmal im Jahr Aussortiertes ein neues Zuhause; im Repaircafé wird Kaputtes einmal im Monat repariert. Mit diesem Engagement haben es die Initiativen auf den zweiten Platz des Ehrenamtspreises geschafft. Sie erhalten je 750 Euro.

Platz 3: Eine Einzelkämpferin und zwei Jungs

Sabine Koch wird in Filderstadt auch die „Mülltante“ genannt. Weil sie sich nicht zu schade ist, den Unrat anderer wegzuräumen. Das ist bei Eric Schüle  und Linus Dressel genauso; die Jungs aus Filderstadt sind mit der Müllzange unterwegs. Sowohl Sabine Koch als auch die Schüler versuchen auch sonst, nachhaltig zu leben und andere zu inspirieren. Für den Einsatz haben die Initiativen den dritten Platz gemacht beim Ehrenamtspreis, sie bekommen jeweils 500 Euro.

Weitere Projekte in den Top-10

Der Verein Integra Filder hat mit Flüchtlingen einen Garten in Filderstadt angelegt. Er ist ein Treffpunkt. Als Anerkennung erhalten die Macher 250 Euro aus dem Budget des Ehrenamtspreises.

Damit viele verstehen, wie Umweltschutz geht, hat Integration LE das Papier „Umweltschutz in leichter Sprache“ formuliert. Dafür gibt’s 250 Euro.

Birgit Metallo und Dagmar Kleeb engagieren sich für Schwalben und Mauersegler in Leinfelden-Echterdingen, zum Beispiel mit Nisthilfen und Schulprojekten. Dafür bekommen sie nun 250 Euro als Anerkennung.

Der Arbeitskreis Nachhaltigkeit an der Uni Hohenheim macht die Menschen mit ganz unterschiedlichen Aktionen auf eine umweltfreundlichere Lebensweise aufmerksam. Dieses Jahr leider nur virtuell. Als Anerkennung bekommt die Gruppe nun 250 Euro.