Der Journalist Willi Germund, viele Jahre Auslandskorrespondent dieser Zeitung in Südamerika, Afrika und Asien, ist im Alter von 68 Jahren verstorben.
Als die Talibanmilizen im Herbst 2001 aus Kabul vertrieben waren, machte sich der Reporter Willi Germund auf, die Lage in der afghanischen Hauptstadt zu beschreiben. Journalisten gelangten damals auf dem Landweg von der pakistanischen Stadt Peshawar nach Kabul.
Germund wagte die Fahrt alleine und in afghanischen Kleidern mit einem der weißgelben Taxis, die selbst zu schlimmsten Kriegszeiten das Land durchkreuzten. Nur eine Stunde nach ihm machte sich ein Konvoi aus mehreren als Pressefahrzeuge gekennzeichneten Fahrzeugen mit Journalisten auf den Weg. Das erste Fahrzeug wurde gestoppt, eine italienische Journalistin vergewaltigt und mit drei anderen Reportern und einem afghanischen Übersetzer ermordet.
Germund hatte Glück gehabt – wie so oft vorher und nachher bei seinen Einsätzen als Reporter in Kriegs- und Krisengebieten. Aber er hatte auch sein besonderes Gespür bewiesen für solche Situationen und Eigensinn gezeigt. Dieser Eigensinn half ihm oft, an außergewöhnliche Geschichten zu kommen, aber er machte ihn nicht immer einfach für seine Mitmenschen.
Von Bergheim nach Managua
Germund, in Bergheim nahe Köln geboren, war 1980 als junger Journalist nach Managua gegangen, in das damals revolutionäre Nicaragua. Es war der Einstieg in ein Leben als Auslandskorrespondent, das ihn um die ganze Welt führte. Viele Jahre berichtete er für die Stuttgarter Zeitung und viele andere Medien aus Lateinamerika. Dann zog er ins südafrikanische Johannesburg, später nach Indien und schließlich 2001 ins thailändische Bangkok.
Germund war ein Weltenbummler und -kenner der alten Schule. Immer neugierig, aber mit einem eigenen Kopf. Ein knorriger, kundiger und mutiger Mann, der keine Scheu hatte, mit südamerikanischen Revolutionsführern, islamistischen Fanatikern und afrikanischen Warlords zu sprechen.
Kauf einer Spenderniere auf dem afrikanischen Schwarzmarkt
Im Jahr 2015 sorgte Germund für Aufsehen, als er sich auf dem Schwarzmarkt in Afrika eine Spenderniere kaufte und sich diese in Mexiko einpflanzen ließ. Um sein Leben zu retten, setzte er sich über moralische und juristische Einwände hinweg. Aber er tat dies nicht heimlich, sondern schilderte die Hintergründe und seine Beweggründe in einem Buch und einem langen Beitrag in der Stuttgarter Zeitung. Diese lösten bei nicht wenigen Befremden aus, aber er fand auch viel Zustimmung. Und er hatte Einblick ermöglicht in eine Facette des Organtransfers, die sonst im Verborgenen bleibt.
Jetzt ist Willi Germund überraschend verstorben. Mit 68 Jahren – in einem Krankenhaus im lettischen Riga. Er war gerade unterwegs als Reisender, wie fast sein ganzes Leben lang.