Die Linie 579 von Oberriexingen über Vaihingen an der Enz bis nach Ensingen (Landkreis Ludwigsburg) wiederum hat es der Busfahrerin besonders im Herbst angetan: „Am schönsten ist es, wenn der Nebel in den Weinbergen wabert und nur noch die Baumwipfel von der Sonne angestrahlt werden. Das ist dann auch ein bisschen gruselig.“ Was folgt ist wieder dieses herzliche, ansteckende Lachen.
Lesen Sie aus unserem Angebot: Mona Schneider ist Busfahrerin des Jahres
Mona Schneider liebt ihren Beruf. Seit 2008 fährt die 49-Jährige im Auftrag des Omnibusverkehrs Ruoff (OVR) Fahrgäste im Öffentlichen Personennahverkehr durch den Kreis Ludwigsburg. Auf insgesamt acht Linien ist sie unterwegs. Dabei hat sie schon eine ganze Fangemeinde gesammelt: Drei Mal – das ist Rekord im Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) – ist sie in ihrem Kreis zur Busfahrerin des Jahres gewählt worden. Ein bisschen stolz ist sie schon darauf. Aber sie hat es auch verdient: Wer einmal ein paar Minuten mit ihr redet, weiß sofort warum.
Viele ihrer Fahrgäste kennt Mona Schneider persönlich
„Ich liebe den Kontakt zu und die Gespräche mit meinen Fahrgästen“, sagt sie und erzählt von vielen Geschichten, die manch älterer Fahrgast gerne mit ihr teilt. Rund 20 Prozent der Fahrgäste kenne sie mittlerweile persönlich. Und das Hallo, wenn sie nach mehreren Wochen wieder zu einer Linie zurückkehre, sei jedes Mal groß.
Im Lauf der Jahre sind sogar so etwas wie Freundschaften entstanden. Mit einer 92-jährigen Frau etwa treffe sie sich ein, zwei Mal im Monat auch privat, erzählt Mona Schneider: „Wir sind damals ins Gespräch gekommen, weil sie am gleichen Tag Geburtstag hat wie meine Mutter.“
Schon der Vater war Busfahrer
Die Corona-Zeit habe natürlich auf den persönlichen Umgang miteinander Einfluss gehabt und die Kontakte verändert. „Die Leute sind nicht mehr so einfach nach vorne gekommen zum Plaudern“, erzählt sie – und hofft, dass sich das bald ändern möge. „Aber natürlich ist es richtig und gut gewesen, dass man Abstand gehalten hat“, fügt sie gleich hinzu.
Schon früh habe für sie festgestanden, dass sie Busfahrerin werden wollte, erzählt Mona Schneider. Ihr Vater, der ebenfalls als Busfahrer im Kreis Ludwigsburg tätig gewesen sei, habe ihr das quasi in die Wiege gelegt. Schon von jungen Jahren an, habe sie alles fasziniert, was groß ist und ein Steuerrad hat – von der landwirtschaftlichen Maschine über einen Lastwagen bis zu Bussen jeglicher Art. Diese Leidenschaft mit der Möglichkeit zu verbinden, ganz viele ganz unterschiedliche Menschen kennenlernen zu können, sei für sie die perfekte Mischung, die sie nicht missen möchte.
S-Bahn-Fahrer Yusuf Sevimli hat seinen Traumberuf gefunden
In der Spitze kann sie nicht mithalten, bei der Beschleunigung hängt die S-Bahn mit 2350 Kilowatt Nennleistung bei nur 118 Tonnen Gewicht aber jeden ICE locker ab. „Und Komfort und Cockpit sind ein Traum vom Fahren“, sagt Yusuf Sevimli, „das ist schon ein Unterschied zu früher.“
Der 42-Jährige hat 1997 bei der DB Regio die Ausbildung zum Lokführer abgeschlossen, er kennt noch die alten Züge, die Fahrer und Fahrgäste unmittelbarer an der Arbeit der Maschine und manch Makel des Schienenwegs teilhaben ließen. Nach einigen Jahren im Führerstand machte sich Sevimli mit einer Lotto-Annahmestelle in der Nähe des Marienplatzes selbstständig, nach 17 Jahren als Filialleiter kam er vor vier Jahren zur S-Bahn Stuttgart. „Ich bin wieder in meinen Kindheitstraum eingestiegen“, sagt er.
Triebfahrzeugführer sind gesucht
Den Wechsel zurück hat der Familienvater auch in der Coronapandemie seit 2020 nicht bereut. „Ich bin dankbar für meine Arbeitsstelle, ich muss mir um die Zukunft keine Gedanken machen“, sagt er. Triebfahrzeugführer, auch Quereinsteiger mit abgeschlossener Berufsausbildung, sind gesucht, der Wirtschaftsboom der vergangenen Jahre hat das Bewerberfeld ausgedünnt, mancher scheut die Wechselschichten und Dienstantritte zu nachtschlafender Zeit. Sevimli nicht. Wie viele seiner Kollegen ist er stolz auf seine Aufgabe. Er weiß, dass die Region Stuttgart ohne die roten Züge ein dickes Problem hätte. „Wir dürfen nicht stillstehen, wir sind das Verkehrsmittel mit dem größten Volumen, wir können in einer S-Bahn 1000 Menschen bewegen“, sagt er. Von der Ärztin bis zum Kassierer seien da viele systemrelevante Menschen dabei. In der Pandemie sind die Züge verlängert worden, um maximalen Platz und Abstand zu bieten. Der stabile Grundfahrplan habe allen eine Struktur gegeben. „Wenn sich alle an die Regeln halten, können wir nur stärker werden“, sagt Sevimli, der die Unterstützung aus der Politik, zum Beispiel die Ansage des Ministerpräsidenten in den Zügen zum Mund-Nasen-Schutz und nun die Kampagne zum Wiedereinstieg in den ÖPNV schätzt. „Wir freuen uns darauf, wenn sich die Züge wieder füllen“, sagt er.
Seine Familie und er sind bisher sicher durch die Pandemie gekommen. „Man hat gelernt, wie wertvoll die Familie ist. Es war für die Schule wichtig, das man auf Digitales ausweichen konnte, was uns aber fehlte, war der Sport“, bedauert er die Einschränkungen. Die beiden Töchter flitzen beim TEC auf der Waldau über das Eis. Die Pandemie hinterließ da deutliche Bremsspuren. Jetzt ist Beschleunigung angesagt.
Stadtbahnfahrer Madrit Dauti gibt immer gern Auskunft
Manche Fahrgäste sind genervt. Die Maske sitzt wie angegossen, dennoch schallt aus den Lautsprechern wieder die Bandansage, den Virenschutz-Überzieher bitte korrekt über Mund und Nase zu tragen. Die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) nehmen es genau in diesen Coronazeiten, aber manch Pendler ist der Hinweise und Einschränkungen inzwischen überdrüssig.
Madrit Dauti, der seit 2012 bei dem Unternehmen mit den großen gelben Wagen arbeitet, hält die gebotene Vorsicht für durchaus angebracht und hat als Stadtbahnfahrer ein waches Auge auf die Gesichtskleidung der Reisenden. „Die Fahrgäste halten sich ja weit überwiegend an die Regeln“, sagt der Lehrfahrer, wenn nicht, müsse er auch mal die direkte Ansprache per Mikro wählen. Was selten geschehe, eine aggressive Situation habe sich noch nie ergeben. Viel lieber als ins Mikro spricht Dauti mit den Menschen, gibt Auskunft zur Frage, wohin die Bahn fährt, erklärt den Gebrauch der neuen Fahrkartenautomaten. Auch Stadtbahnfahrer werden öfter von Fahrgästen angesprochen. Manche wundern sich, warum in der gläsern abgegrenzten Kabine keine Maske getragen werden muss. „Wir haben unsere eigene Klimaanlage“, klärt Dauti auf. In allen Bussen sind Abtrennungen inzwischen Standard, in den Fahrgasträumen werden Haltestangen und Drücker penibel desinfiziert, an den Haltepunkten öffnen die Fahrer alle Türen zentral.
Corona mit tagelang 40 Grad Fieber
Mit dem Aufkommen von Corona stellte sich bei dem Familienvater, der in Esslingen wohnt, eine gewisse Sorge ein. Die SSB hätten schnell reagiert, für Abstand am Arbeitsplatz und Essen to go gesorgt. An Masken und Desinfektionsmittel herrsche kein Mangel. Dennoch erwischte es Dauti, der als Ein- und Ausrücker im Dienstzimmer darüber wacht, dass die Bahnen rechtzeitig auf die Strecke kommen und der als Lehrfahrer Fahrschüler in deren ersten zehn Tagen auf der Strecke über die Schulter schaut. „Es war über die Osterfeiertage, ich hatte erst leichte Symptome, dann kam das Fieber“, sagt der 33-Jährige. Neun Tage pendelte das Thermometer um die 40 Grad, schmecken und riechen konnte er vergessen, seine Sorge galt seiner Frau, dem sechsjährigen Nachwuchs und den Schwiegereltern.
Die tauschten ihre Einliegerwohnung mit ihm, so war die Quarantäne leichter zu ertragen. „Ich habe keinen angesteckt, weder zu Hause noch im Betrieb, und habe keine Schäden davongetragen“, sagt Dauti erleichtert. Jetzt wünscht er sich, dass „der Alltag zurückkehrt und mehr Fahrgäste kommen, denn ich habe gern Kontakt und tausche mich aus“. Irgendwann könnte dann auch wieder Freikörperkultur für das Gesicht gelten, und dann könnten sich auch die Durchsagen erübrigen.