Die Buslösung zwischen Bad Cannstatt und Innenstadt kaschiert das Versäumnis beim Ausbau des Stadtbahnsystems, kommentiert StZ-Titelautor Christian Milankovic.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Wenn auf dem Cannstatter Wasen in den Attraktionen nicht ganz das geboten wird, was draußen lautstark angepriesen worden ist, kann man das getrost unter Rummelplatzfolklore verbuchen. Etwas anderes ist es, wenn in der staugeplagten Stadt Stuttgart nur einen Steinwurf vom Wasen entfernt ein Schnellbus X 1 auf die Reise geschickt wird, dessen Fahrzeiten doch deutliche Zweifel am Expresscharakter des Angebots aufkommen lassen. Auf dem Weg in die Stadt ist der Bus gerade einmal eine Minute früher an der Haltestelle Rathaus, als es die parallel fahrende Stadtbahnlinie U 1 ist. Nur dass die in der Zwischenzeit auch noch an sieben Stationen haltmacht, während der X 1 nur einmal unterwegs hält. Im Klartext: Die Stadtbahn kommt unterwegs deutlich mehr potenziellen Passagieren zugute, als es der von Anfang kommender Woche an verkehrende X 1 tut.

 

Aufwendige Umbauarbeiten

Um es klar zu sagen: Die Einrichtung der neuen Buslinie kann ein Schritt in die richtige Richtung sein. Aber nur, wenn die aufwendigen und für viel Geld eingebauten Beschleunigungsmaßnahmen greifen, die auch noch den Nebeneffekt haben, dem Individualverkehr Flächen zu nehmen. Vielleicht erwägt der eine oder andere im Stau Stehende ja dann den Umstieg in den X 1.

Die Stadtbahn hat unterdessen jetzt schon, was für den X 1 erst hat entstehen müssen: einen vom übrigen Verkehr getrennten Fahrweg und eine Bevorrechtigung an den Signalen. Was die Stadtbahn allerdings nicht mehr hat: viel Luft nach oben bei gewünschtermaßen steigenden Fahrgastzahlen.

Auf der U 1 wartet man noch fünf Jahre auf 80-Meter-Züge

Die Linie 1 kann auch mehr als 30 Jahre nach ihrer Umstellung von Straßenbahn- auf Stadtbahnwagen nur mit 40 Meter langen Zügen fahren. Es fehlen noch 13 Haltestellen auf ihrem Linienverlauf, die den Einsatz von 80 Meter langen Zügen erlauben würden. Der Ausbau soll sich bis ins Jahr 2023 hinziehen. Erst in fünf Jahren also kann die Kapazität verdoppelt werden – angesichts der stetig steigenden Fahrgastzahlen und der Bemühungen im Rathaus, die Zahl der Autos im Kessel spürbar zu reduzieren, eine lange Wartezeit.

Der Ausbau des Stadtbahnnetzes, wozu auch die Ertüchtigung für den Einsatz der Langzüge zählt, muss mit mehr Engagement vorangetrieben werden.