Schlagabtausch zur Halbzeit der Anhörung zum Nationalpark Nordschwarzwald: Die Kommunalpolitiker haben lange Wunschlisten, die Gegner des Projekts kämpfen mit Anzeigen gegen das Naturschutzprojekt. Unterdessen werden im Ortenaukreis die Bürger befragt.

Freudenstadt - Halbzeit in der von sechs auf acht Wochen verlängerten Anhörungsphase zum Entwurf des Nationalparkgesetzes: Über das Beteiligungsportal Baden-Württemberg können sich die Bürger via Internet äußern. Gleichzeitig befassen sich Kommunen und Kreistage mit dem Entwurf, zumeist begleitet von heftigem politischem Schlagabtausch zwischen Gegnern und Befürwortern und einem langen Forderungskatalog. Gerungen wird um politische Signale an den Landtag, gleichzeitig will man sich die Chancen nicht verbauen, etwa Infozentren oder andere Einrichtungen des Nationalparks zu erhalten. Der Baiersbronner Bürgermeister Michael Ruf hat sich sogar schon als Vorsitzender des Nationalparkrats ins Spiel gebracht – obwohl das Projekt in seiner Gemeinde massiv abgelehnt wird.

 

Hoch her geht es zur Zeit auch in der Stadt Oppenau (Ortenaukreis), wo das Meinungsbild der Bürger zum geplanten Nationalpark im Nordschwarzwald eingeholt wird. Am Sonntagabend werden die Briefwahl-Stimmzettel ausgezählt. Die CDU hatte die Bürgerbeteiligung beantragt und dafür gegen den Wunsch des Bürgermeisters eine knappe Mehrheit im Gemeinderat gefunden. Auch hier wird mit einem ablehnenden Votum gerechnet, wie schon bei den – rechtlich unverbindlichen – Befragungen in sieben anderen Gemeinden.

Die CDU in Oppenau macht nun kräftig Stimmung gegen den Nationalpark, unter anderem mit einer Anzeige im „Amtlichen Verkündblatt“. Über dieses Verhalten seiner Parteifreunde ist wiederum Dieter Klotz erbost, der frühere Bürgermeister der Nachbargemeinde Ottenhöfen und Unterstützer der Initiative „Christdemokraten Pro Nationalpark“ um den früheren Umweltminister Erwin Vetter. „Unsere Freiheit ist in Gefahr“ hieß es beispielsweise in der Anzeige.

CDU-Mitglied Goll ist enttäuscht von den Agitatoren

Auch Gerhard Goll, CDU-Mitglied und Staatsrat a.D., zeigte sich „maßlos empört über diese Agitation“. Ängste zu erzeugen sei kein verantwortungsvolles Handeln, sagte Goll mit Blick auf den Landtagsabgeordneten Volker Schebesta, der zugleich stellvertretender Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion ist. Dieser hat laut Goll auf einer Veranstaltung den Bürgern versichert, wenn sie den Nationalpark ablehnten, werde die CDU im Landtag dem Gesetz nicht zustimmen. „Ich erwarte mir in der Gesetzgebung mehr von einem Abgeordneten als eine emotionale Reaktion“, erklärte Goll dazu. Jörg Peter hingegen, der stellvertretende Bürgermeister in Oppenau und als Vorsitzender des CDU-Ortsverbands verantwortlich für die Anzeige, hält solche „plakativen Aussagen“ im politischen Diskurs für zulässig. „Das gehört dazu“, sagte Peter, auch wenn etwa die in der Anzeige verbreitete Aussage „Das Sammeln von Pilzen, Heidelbeeren und Brennholz im Wald ist grundsätzlich verboten“ so nicht im Gesetzentwurf stehe.

Während Peter in seiner Heimatstadt politisch Stimmung gegen den Nationalpark macht, ist er im Nachbarkreis Raststatt als Erster Landesbeamter beruflich mit dem Nationalpark befasst. Der Landrat Jürgen Bäuerle steht dem Nationalpark „aufgeschlossen“ gegenüber. Peter, zugleich Stellvertreter des Landrats, sieht darin keine Interessenskollision. Der Nationalpark sei Chefsache, lässt Landrat Bäuerle auf StZ-Anfrage mitteilen. Befangenheit sei nicht gegeben, da das Landratsamt nicht Genehmigungsbehörde sei. Zudem gebe es bisher keinerlei Zweifel an der Integrität seines Stellvertreters. Am Montag berät der Kreistag in Rastatt über die Stellungnahmen zum Nationalpark. Die Sitzungsvorlage enthält eine ganze Reihe von Forderungen – etwa eine Verdoppelung der Sicherheitszone wegen der Borkenkäfergefahr auf 1000 Meter, eine deutliche Verkleinerung der vom Menschen unbeeinflussten Kernzone von 75 auf 50 Prozent der Nationalparkfläche. Von der Vorlage, die nur Hürden aufbaue, ist der SPD-Kreisrat Gunter Kaufmann enttäuscht. Er wünsche sich, dass der Kreistag ein „positives Signal“ zum Nationalpark an den Landtag sendet.

Der Regionalverband votiert für eine ablehnende Präambel

Ebenfalls am Montag diskutiert der Regionalverband Nordschwarzwald über den Gesetzentwurf. Hier hat die CDU bereits angekündigt, dem Forderungskatalog eine ablehnende Präambel voranstellen zu wollen. Am Dienstag steht die Debatte in Baiersbronn an. Bürgermeister Ruf möchte lediglich die Stellungnahmen beraten. Schließlich habe der Gemeinderat bereits Ende Juni nach dem eindeutigen Ergebnis der Bürgerbefragung der Landesregierung empfohlen, „von der Einrichtung eines Nationalparks auf Gemarkung Baiersbronn abzusehen“. Positive Signale gibt es bisher aus dem Kreis Calw, obwohl dieser inzwischen keine Flächen mehr im Nationalpark hat, und dem Ortenaukreis. Auch der Gemeinderat der Stadt Freudenstadt hat dem Land bereits eine „offene Zusammenarbeit“ zugesichert – zur großen Erleichterung von OB Julian Osswald (CDU), einem Befürworter des Nationalparks.

Der Kreistag Freudenstadt jedoch hält auf CDU-Antrag das „Festhalten der Landesregierung am Nationalpark nicht für richtig“. Entgegen seiner Überzeugung hatte auch Osswald sich für diesen „kleinsten Nenner“ entschieden. Nur so habe der Antrag der Freien Wähler verhindert werden können, die eine Ablehnung des Nationalparks beantragt hatten, begründet er sein taktisches Verhalten. In der turbulenten Sitzung war zudem auf Antrag eines CDU-Rats namentlich abgestimmt worden – das erste Mal seit seinem Einzug in den Kreistag 1978, sagte der von dem Vorstoß überraschte CDU-Fraktionsvorsitzende Heinz Hornberger. Der Landrat Klaus Michael Rückert (CDU) ist enttäuscht, dass sein Vorschlag nicht zum Zuge kam. „Ich hatte gehofft, mit dem Vorschlag, den Nationalpark konstruktiv-kritisch zum Wohle der ganzen Region zu begleiten, eine Brücke zu bauen“, sagte Rückert.

Im Oktober berät das Kabinett über die Ergebnisse der Anhörung

Die Anhörung zum Entwurf des Nationalparkgesetzes von Bürgern über das Beteiligungsportal, von Kommunen, Landkreisen und Verbänden läuft noch bis zum 14. August. Die Vorschläge werden überprüft und gegebenenfalls in den Entwurf eingearbeitet. Vermutlich Anfang Oktober wird das Kabinett darüber beraten. Anschließend steht das Gesetz im Landtag zur Debatte. Die Finanzmittel für den Nationalpark werden ebenfalls im Herbst im Rahmen des Nachtragsaushalts beschlossen.
Erst nach Inkrafttreten des Gesetzes geht es konkret weiter. Etwa mit der Besetzung des Nationalparkrats, in dem Land und Region mit gleichem Stimmenanteil vertreten sein werden. Grundsätzliches wie das Verkehrskonzept, die Besucherlenkung oder den Managementplan entscheidet der Nationalparkrat. Die Mitbestimmung der Region ist auf diese Weise gesichert