Nach der Debatte um den Nationalpark Nordschwarzwald will das Gastgewerbe in der Region nach vorne blicken und die Chance zu einer breiten Vermarktung nutzen. Dafür ist aber auch eine bessere Akzeptanz des Tourismus in der Region notwendig.

Baiersbronn - Hoteliers und Gastronomen im Nordschwarzwald wollen den Nationalpark nutzen, um „zu einer Aufbruchstimmung im Tourismus zu kommen“ und das Gebiet bei den Menschen „als moderne, lebens- und liebenswerte Region“ zu verankern, sagt Martin Keppler, der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Nordschwarzwald. Sie ist bei den IHK im Land in Fragen des Tourismus federführend. „Wir müssen vorausschauen und sollten uns freuen,“ sagt Keppler. Es gelte, „die gesamte Region als ,Nationalparkregion’ zu vermarkten“.

 

Das erfordere den Schulterschluss „von allen“. Beteiligt werden sollen auch die Kommunen im Landkreis Calw – dort waren die Proteste gegen das Projekt so groß, dass die Landesregierung die dort ins Auge gefassten Zonen wieder aus dem Parkgebiet gestrichen hat. Mit von der Partie sein sollen aber auch Baden-Baden und die Teile des Kreises Rastatt, die jetzt am Nationalpark teilhaben. „Ein Tourist aus USA fragt nicht nach Kreisgrenzen,“ erklärte Keppler. Es gebe an den anderen Orten im Nordschwarzwald weitere Attraktionen, die sich gut in ein gemeinsames Marketingkonzept einfügten.

Willkommenskultur gefragt

Eine „positive und aufgeschlossene Vermarktung“ scheint aber kein Selbstläufer zu sein. Denn Keppler mahnte auch, bei der Bevölkerung für die Akzeptanz des Tourismus zu werben. „Die Gäste sollen spüren, dass sie willkommen sind, diese Willkommenskultur müssen wir gemeinsam entwickeln,“ sagte er; an der Tankstelle, in der Bäckerei, beim Friseur. „Wir waren überrascht, wie negativ der Tourismus in der Region gesehen wird“, erinnert sich der Baiersbronner Hotelier Jörg Möhrle an die Debatten um den Nationalpark. „Die Leute haben gepfiffen, wann immer das Stichwort ,Tourismus’ fiel.“ „Unsere Branche verdient mehr Anerkennung“, ergänzt Rolf Berlin, Hotelbetreiber in Bad Teinach-Zavelstein (Landkreis Calw). Denn der Fremdenverkehr sei ein „wertvoller und wichtiger“ Faktor im ländlichen Raum.

Im Nordschwarzwald wurden vergangenes Jahr 3,4 Millionen Übernachtungen verbucht, davon alleine in Baiersbronn mehr als 700 000. Zahlen der IHK zufolge kommen auf einen Baiersbronner fast 47 Übernachtungsgäste. „Das kann mit den großen Orten im Südschwarzwald konkurrieren“, sagt Elke Schönborn, die Leiterin der Tourismus Akademie Baden-Württemberg bei der IHK. Insgesamt lassen die Übernachtungsgäste laut Schönborn pro Jahr 630 Millionen Euro in den Städten und Gemeinden im Nordschwarzwald liegen. Die fast 30 Millionen Tagesausflügler brächten darüber hinaus 750 Millionen Euro Wertschöpfung.

Für die ermäßigte Mehrwertsteuer

Die Zahl der gastgewerblichen Betriebe sei seit 2004 auf jetzt 575 zurück gegangen. Das gilt auch für die Zahl der Betten, die um fast 13 Prozent abgenommen habe. Dafür wurden die verbliebenen qualitativ aufgewertet. „Es braucht professionelle Strukturen“, sagt der Baiersbronner Tourismusdirektor Patrick Scheib. Denn es kämen immer mehr ausländische Gäste.

Höhere Übernachtungszahlen könnten nur Betriebe vorweisen, die in die Modernisierung investiert haben, erklärt Rolf Berlin. „Unsere Konkurrenz ist nicht der Kollege nebenan, sondern der Hotelier in Österreich oder Südtirol.“ Deshalb sei es wichtig, dass die 2010 geschaffenen Erleichterungen bei der Mehrwertsteuer beibehalten würden. Die Hoteliers hätten die dadurch gewonnenen Mittel investiert. „Das muss man vor einer Bundestagswahl sagen dürfen“, so Keppler. Und, dass das Gastgewerbe von Plänen für Steuererhöhungen nichts hält.

Fachkräfte sind Mangelware

Doch der Tourismus ist nur ein Teil der nordschwarzwälder Ökonomie. Anders als im Bayerischen Wald, wo der Tourismus der einzige Wirtschaftsfaktor sei, müssten im Nordschwarzwald Industrie und Fremdenverkehr gemeinsame Sache machen, fordert der IHK-Manager Keppler. Etwa im Kampf gegen die Folgen der demografischen Entwicklung und des Bevölkerungsverlustes. Wenn Grundstückspreise fallen und Firmen keine Ingenieure mehr in die Region locken können, hätten alle ein Problem. Darum müsse man auch gemeinsam arbeiten, um die Infrastruktur und die Schulen halten zu können.

Für die Gastronomen ist es jetzt schon schwierig, Fachkräfte zu finden. Sie betreten bei der Anwerbung Neuland wie Jörg Möhrle, der schon „Miniköche“ im Teeniealter in seiner Küche oder in den Gasträumen Hotelluft schnuppern lässt. „Die jungen Menschen haben ein Riesenleben vor sich“, weiß Rolf Berlin. „Wer das gelernt hat, dem steht die Welt offen.“ Die „Berufung zur Dienstleistung“ müsse man aber schon haben. Die Berufsfelder seien jedenfalls hochinteressant. Ein Kontrolleur zum Beispiel plage die Menschen nur, „wir verbreiten Freude.“