Die Heininger „Fröschlessammler“ kümmern sich um Amphibien, die zum Laichen die Kreisstraße nach Eschenbach überqueren. Doch die Helfer finden immer weniger Tiere.

Da sitzt sie. Regungslos verharrt die Kröte in einem Eimer. Dieser ist in den Boden neben der Verbindungsstraße zwischen Heiningen und Eschenbach eingelassen. Gleich daneben ein grüner Zaun, der sie und ihre Artgenossen davon abhalten soll, auf die Straße zu hüpfen. Die Kröten, Frösche und Molche brechen aus den Winterquartieren auf und wandern zu ihren Laichgewässern im Feuchtgebiet Rohrwasen, um sich dort zu paaren.

 

Für die wandernden Tiere ist es zu trocken

Es ist 6.30 Uhr. Der Himmel wolkenverhangen. Über dem Feld kreist ein Milan. All das interessiert die Kröte wenig, als plötzlich fünf Finger in einem weißen Einmalhandschuh zu ihr in den orangefarbenen Eimer fassen. Wie lange sie da ausgeharrt hat? „Die Tiere wandern so, dass sie abends reinfallen“, erzählt Regina Passauer, die Frau mit dem Handschuh. Seit 6 Uhr schaut die Eschenbacherin in die Löcher an der Straße.

„Es war in den vergangenen Tagen einfach zu trocken“, sagt Passauer. Und wie aufs Stichwort fängt es an zu tröpfeln. Zuerst ganz leicht, dann geht es in Regen über. Passauer zieht sich die Kapuze der wasserabweisenden Jacke über die Haare. Ihr Wecker klingelte um 5 Uhr. Nach zwei Tassen Kaffee machte sich die 59-Jährige auf den Weg zum Krötenfangzaun. Sie schaut in jedes der 24 Löcher und trägt die Tiere zum Biotop.

Manche Autofahrer geben extra noch Gas

An dieser Stelle teilen sich neun ehrenamtliche Helfer die Arbeit. Abends und morgens wird kontrolliert und bei Bedarf in dem weißen „Fröschleseimer“ über die Straße getragen. „Wir sind die Fröschlessammler“, erzählt die Eschenbacherin. Dafür gibt es auch eine Whatsapp-Gruppe. Die Mitglieder informieren sich, wer wie viele Exemplare gefunden hat. „Heute abend wird viel los sein“, mutmaßt Passauer. Erst letztens habe ein Helfer morgens 46 Amphibien gefunden.

In den Eimern im Boden steckt jeweils ein Ast. Passauer nimmt den nächsten heraus, schiebt damit vorsichtig Blätter beiseite, die der Wind hineingeweht hat. Fehlanzeige. Kein Frosch, keine Kröte. Manche graben sich sogar ein, sagt die Eschenbacherin. Den Stock stellt sie zurück: „Damit Mäuse und Laufkäfer wieder herausfinden.“ Die Autofahrer nehmen unterdessen keine Rücksicht, mehrere rasen am Fangzaun vorbei. „Das ist denen egal“, sagt Regina Passauer. Von 19 bis 7 Uhr dürfen die Verkehrsteilnehmer nur mit Tempo 50 vorbeifahren. „Manche geben teils noch extra Gas“, erzählt Passauer. Sie ärgert sich über dieses Verhalten.

Das Tier sollte an diesem Tag das einzige bleiben. Und auch in den folgenden Tagen bleiben die Eimer leer. Grund zur Sorge? „Ja. Es werden weniger.“ Passauer kennt ein paar Gründe, warum die Tiere nicht wandern wollen. An manchen Tagen ist es noch zu kalt oder schon zu warm. Dann zu trocken. Doch auch der Klimawandel macht den Tieren zu schaffen. Am Elektrozaun zum Biotop lässt die Eschenbacherin die Kröte frei. Sie ist ganz allein auf weiter Flur. Inzwischen ist Leben in den kleinen Beinchen. Passauer freut sich: „Ein ganz fittes Exemplar.“ Kaum ausgesetzt, gräbt sich die Kröte unterm Gras ein. Sie wartet auf die Dämmerung.

Zahl der Kröten und Frösche schwindet

Bestandsaufnahme
 Wolfgang Lissak, Vorsitzender der Nabu-Ortsgruppe Mittleres Filstal und Lautertal, wertet die Zahlen der Fröschlesgruppe aus. Die Helfer dokumentieren ihre Funde, Lissak erstellt eine Tabelle. „Wir sehen insgesamt bei den Amphibien einen dramatischen Bestandsrückgang. Weltweit, aber auch bei uns hier. Es gibt kaum noch Regionen, die nicht betroffen sind.“ Als verantwortlich für diese Entwicklung sieht der Heininger Naturschutzexperte unter anderem die in der Landwirtschaft eingesetzten Biozide und den Klimawandel.

Zahlen
 Zum Vergleich nennt Wolfgang Lissak Zahlen: Als die Heininger Fröschlessammler 2016 erstmals aktiv waren, fanden sie etwa 900 Grasfrösche und grob 400 Erdkröten bis zum Ende der Saison. Im Jahr 2022 fanden die Ehrenamtlichen nur noch 87 Frösche und 86 Kröten zwischen Heiningen und Eschenbach. Lissak: „Es sieht nicht gut aus.“ Natürlich gebe es auch welche, die es alleine über die Straße schafften und die nicht gezählt würden. Doch die Entwicklung sei Grund zur Sorge.