Die Ausstellung von Xianwei Zhu in der Nürtinger Kreuzkirche ist eine Hommage an Friedrich Hölderlin. Wie der Dichter ist auch der Maler ein Suchender.

Nürtingen - Geografisch liegen Welten zwischen China und Deutschland. Doch in der Literatur und der Kunst der deutschen Romantik finden sich Parallelen zur alten traditionellen chinesischen Kunst. Der seit 15 Jahren in Stuttgart lebende Maler Xianwei Zhu schlägt diese Brücke zwischen Ost und West. Kaum etwas könnte spannender sein, als sich Friedrich Hölderlin zu öffnen – dem faszinierenden Poeten, der an der Schnittstelle der Klassik zur Romantik einen ganz eigenen Weg und unverwechselbaren Stil gefunden hat. Die aktuelle Ausstellung in der Nürtinger Kreuzkirche zeugt denn auch von der Spurensuche nach Friedrich Hölderlin, auf die sich Zhu begeben hat.

 

Orte in und um Nürtingen inspirieren den Künstler

Der Ulrichstein, die Oberensinger Höhe, die Altstadt und das Nürtinger Neckarufer – Xianwei Zhu hat all die Orte ausgesucht, die schon den in Nürtingen aufgewachsenen Friedrich Hölderlin inspiriert haben und großen Einfluss auf seine Lyrik hatten. „Heimkunft“ ist der Titel eines Hölderlin-Gedichts, und mit Heimkunft ist auch ein Bild Xianwei Zhus überschrieben, das er ausdrücklich als Hommage an den Poeten versteht und das neben weiteren 30 Werken in der Kreuzkirche zu sehen ist.

Friedrich Hölderlin ist immer ein Wanderer gewesen, ein Mensch auf innerer Entdeckungsreise. Das verbindet den Dichter mit einem Bildenden Künstler wie Xianwei Zhu. „Ich bin selbst ein Wanderer, ein Fremder in Deutschland“, sagt der chinesische Maler, den der Südwestrundfunk in seiner Reihe „Kunscht!“ erst vor wenigen Tagen in einem TV-Beitrag den Fernsehzuschauern im Land vorgestellt hat.

Heimat und Landschaften sind wichtige Kategorien

Im Spannungsfeld von Fremde und Heimat bewegt sich Xianwei Zhu ebenso wie Friedrich Hölderlin. Heimat – das sind für den Maler weniger konkrete Orte, als vielmehr Erinnerungen und Eindrücke. Um die Emotionen auszudrücken, wählt Xianwei Zhu Landschaften. Dabei sucht der Maler laut Tobias Wall, der die Ausstellung in der Kreuzkirche mit einem Künstlergespräch eröffnet hat, den Ursprung der Kunst auf: Das Befragen der Welt nach ihrer Form und nach ihrem Sinn und damit nach dem Sinn des menschlichen Daseins.

„Im Medium der traditionellen chinesischen Tuschezeichnung befragt Xianwei Zhu die Natur, fragt nach ihren Formen und Kräften, führt den Blick über Felsen und Wälder zum Horizont. Er befragt den Körper und den Menschen, fragt nach seiner Schönheit, seiner Verletzlichkeit, seiner Wärme und Einsamkeit. Er ist ein Wandler zwischen den Welten, ein Poet, der viele Sprachen spricht“, so Tobias Wall.