Ann-Kathrin Eisenbarth hat in Ludwigsburg einen einzigartigen Anlaufpunkt für Kreative geschaffen. Die Kunst, die dort zu sehen ist, finde man sonst in der Region eher nicht. Aber: Das Interesse könnte größer sein, sagt die Unternehmerin.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Ann-Kathrin Eisenbarth hat ihre Handynummer an die Glastür ihrer Galerie „Perg“ in Ludwigsburg geschrieben. 0151 und so weiter. „Wer reinkommen möchte, kann mich anrufen“, sagt sie, „jederzeit“. In Zeiten, in denen manche penibel auf den Datenschutz achten, ein durchaus radikaler Schritt. Aber als kleine Galerie muss man eben andere Wege gehen.

 

Die 35-Jährige kommt aus der Autobranche, hat Automobildesign studiert und sieben Jahre lang als „Head of Automotive Design“ für das führende Unternehmen im Bereich Sitzbezüge aus Österreich gearbeitet. Die Position hat sie immer noch inne, allerdings auf selbstständiger Basis. 2020 wagte sie den Sprung. Mit ihrem Start-up Æ Studios zog sie gut zwei Jahre später in eine ehemalige Metzgerei in der Asperger Straße. Gleich neben dem Restaurant Gaunerei, das ihr Lebensgefährte Luca Sprotte betreibt.

Einst Wurstküche, nun Büro

Im hinteren Teil des Gebäudes hat Eisenbarth ihr Büro eingerichtet, das einmal eine Wurstküche war. Eigentlich ist der Raum als Co-Working-Space gedacht, „Platz hätte es noch, ich würde mich über Bewerbungen freuen“, sagt die gebürtige Mannheimerin. Ihr hätte eigentlich ein Raum gereicht, das Gebäude ist aber wesentlich größer. Was also anfangen damit?

Aus ihrer Erfahrung in der Autowelt weiß Ann-Kathrin Eisenbarth, dass Designer und Kreativteams ständig auf der Suche nach Input sind. Sie auch: Farben, Formen, Materialien. „Kunst und Design, das ist oft sehr nah beieinander“, sagt Eisenbarth. Deshalb schuf sie im vorderen Teil des Gebäudes eine kleine Galerie. Ein Jahr hat die Renovierung gedauert. „Wir haben versucht vieles von dem zu erhalten, was da war“, sagt Eisenbarth. Das ist gelungen: Die Rampe zur Anlieferung ist unschwer zu erkennen, wo sich einmal der Kühlraum mit seiner großen metallenen Tür befand auch.

Das Perg mit seiner schlichten Rohheit schreit förmlich: Ich bin etwas besonderes. Zumindest in Ludwigsburg. Wer zu Besuch ist, fühlt sich fast zwangsläufig an Locations in Berlin erinnert. Überzeugt hat das auch die Jury des German Design Award, die das Perg mit einer „Special Mention“ in der Kategorie „Interior Architecture“ würdigte.

Kreative aus der Autoindustrie sollen von Kunst profitieren

Und warum hat sich Eisenbarth ausgerechnet für Ludwigsburg entschieden? Dass sie nicht mehr so weit von Mannheim nach Österreich pendeln wollte war ein Grund, die Nähe zu den großen Automobilherstellern in der Region Stuttgart – aber auch in Ingolstadt und München – ein weiterer. Mit ihrer Galerie wollte sie „etwas Ganzheitliches schaffen“, sagt Eisenbarth. Die Räume sollen auf der einen Seite Künstlern, die man sonst eher nicht in Ludwigsburg sehen würde, die Möglichkeit geben, ihr Werk zu präsentieren. Von dem – auf der anderen Seite – dann auch die Kreativen profitieren. Eisenbarth spricht von einer „inspirativen Anlaufstelle“. Ein Team von Skoda hat beispielsweise schon einen Workshop im Perg abgehalten.

Ihr eigenes Business laufe gut, sagt Eisenbarth. Nachhaltigkeit ist zentral bei ihren Projekten. So hat sie beispielsweise ein Verfahren (mit)entwickelt, mit dem man Garn recyceln kann. Mit einem ihrer Produkte ist sie derzeit auf der Mailänder Möbelmesse vertreten. Für die Galerie indes wünscht sie sich mehr Zulauf – auch von außerhalb der Autobranche. Noch bis Ende des Monats stellt die britische Künstlerin Ranny Cooper im Perg aus, im Mai folgt Charlie Edmiston aus L.A. „Ich würde gerne auch weiterhin internationalen Künstlern die Möglichkeit geben hier auszustellen und gesehen zu werden“, sagt Eisenbarth. „Aber am Ende muss es sich für sie auch lohnen.“ Dass Ludwigsburg und die Region Stuttgart kein gutes Pflaster für Kunst sind, glaubt die 35-Jährige im übrigen nicht. Ein kunstaffines Publikum gebe es durchaus. Das mache ihr auch Hoffnung, dass ihre Galerie auch über die Grenzen der Barockstadt an Bekanntheit gewinnt.