Schüler der Pestalozzischule in Gerlingen haben mit Filz und Papier kleine Kunstwerke geschaffen. Auch ein Ballett ist so entstanden.

Manch einer sei wohl davon ausgegangen, dass da Kritzeleien gezeigt werden, sagt Mirjam Beck, Rektorin der Pestalozzischule. Doch was die kleinen Künstlerinnen und Künstler ihrer Grundschule vor Kurzem bei der Ausstellung „Felt and Paper“ (Filz und Papier) im Gerlinger Rathaus präsentierten, war alles andere als das. Viele Monate hatten die Schüler zuvor gewerkelt, geschnitten, gefaltet und gefilzt.

 

Mirjam Beck war überzeugt gewesen, dass man nach Corona etwas Schönes, etwas Außergewöhnliches mit den Kindern machen müsse. Und etwas Ähnliches habe sie schon einmal mit einer Kollegin der Pestalozzischule gemacht, als sie noch an der Breitwiesenschule tätig war, sagt sie. Dieses Mal gewann Beck ihre Kollegin Yvonne Warta für ihre Idee. Zunächst haben sie sich die Materialien überlegt. „Mein Steckenpferd ist das Filzen, außerdem habe ich schon viel gemalt,“ so Beck. Warta sagt: „Mein Herz schlägt schon immer für Papier.“

Das Papierschöpfen kostet viel Mühe

Die Schüler haben in den AGs bei Yvonne Warta auch gelernt, wie Papier entsteht. Sie hätten selbst Papier geschöpft, bemalt und gestaltet, erzählt die Lehrerin. Es ging bis zum Recycling. Das Schöpfen sei mit sehr viel Mühe verbunden. Da hätten die Kinder schon mal gestöhnt. Mit Toilettenpapier haben sie ebenfalls gearbeitet. Und die Papprollen im Innern dienten beispielsweise als Material für Blumen, die die Kinder auf einem großen Papier geformt haben.

Und woher kommt der Filz? Dass es Wolle von Schafen ist, darauf kamen die Kinder nicht. Die Antwort, die der Wahrheit noch am nächsten kam, war „von Pflanzen“, erzählt Mirjam Beck. Als die Schüler bei der Vernissage gefragt wurden, was beim Filzen nötig sei, kam sofort die Antwort „Geduld“, erzählt Beck. Dass man für ein Kunstwerk Ausdauer braucht, haben die Schüler lernen müssen. Die künstlerische Arbeit habe eben auch Nebeneffekte, sagt die Schulleiterin.

„Das Herantasten ist mir wichtig“

Bevor sie daran gingen, Kugelfische zu filzen, sprach Mirjam Beck mit den Kindern darüber, wie der Fisch zu der aufgeblähten Form kommt. „Das Herantasten ist mir wichtig“, betont sie. Mit den Künstlern, die bei einigen Werken Pate standen, haben sich die Lehrerinnen mit ihren Schülern ebenfalls auseinandergesetzt. Sie haben deren Techniken untersucht und aufgegriffen.

Der Wunsch, sich mit Hundertwasser zu befassen, sei von einer Schülerin gekommen, berichtet Beck. Das Mädchen habe das entsprechende Bild gemalt. Anschließend sei eine Radierung gemacht worden. Ausgeschnitten habe sie es dann und die Ausführung mit dem Filz übernommen. Jetzt gibt es unter anderem zwei größere Bilder, aus Filz hergestellt, die den Werken von Matisse und Hundertwasser nachempfunden sind.

Die Ausstellungsstücke sind inzwischen in der Pestalozzischule ausgestellt. Im Zimmer der Rektorin steht eine wunderschöne Schale, die außen wie Gold glänzt. Für die kleinen runden Teile, aus denen sie zusammengesetzt ist, wurde Zeitungspapier gefaltet und gerollt. Auch dabei galt es, Geduld zu haben. „Bis alle fertig waren, das dauerte“, weiß Yvonne Warta.

Die Kostüme erinnern an Schlemmers „Triadisches Ballett“

Die Grundschüler haben sich zudem mit dem Bauhauskünstler Oskar Schlemmer und seinem „Triadischen Ballett“ beschäftigt. „Wir haben viel mit Schlemmer gemacht“, erzählt Mirjam Beck. Bei der Vernissage hat es dann eine Ballett-Aufführung gegeben, die die Tänzerin Angela Haug mit den Schülerinnen und Schülern einstudiert hatte.

Einige Kostüme erinnerten an die von Schlemmers „Triadischem Ballett“: Da waren Röcke mit großen, farbigen Pompons sowie ein Röckchen wie bei der Drahtfigur zu sehen, einige Kinder trugen Filzhüte, bei mehreren Kostümen dominierte die Farbe Gelb. Mirjam Beck hatte übrigens ein überzeugendes Argument, um selbst Jungen dazu zu bringen, beim Filzen der Hüte mitzuarbeiten: Sie erzählte ihnen, dass beispielsweise in Kirgisistan Männer die Kopfbedeckungen filzen.

Die Schulleiterin sagt, sie habe schon an der Pädagogischen Hochschule gelernt, wie man künstlerisch mit Kindern arbeiten und dabei viel ausprobieren kann. Sie habe erkannt, dass es da kaum Grenzen gebe. Yvonne Warta hebt die positiven Wirkungen der AGs hervor, wenn sie sagt: „Sonst kriegen die Schüler ja gesagt, was sie tun müssen.“ Und: „Sie erfahren dabei, dass sie etwas können.“ Beck fügt hinzu: „Bei AGs stehen nicht die Noten im Vordergrund, sondern das Schöne.“